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böse. »Du bildest dir doch nicht etwa ein, daß ich auch nur die Möglichkeit zugebe, daß sie meinen Plänen irgendwie im Wege steht? Sie ist ein Eindringling – in gewisser Weise verachte ich sie. Manchmal ist sie mir direkt verhaßt. Willst du mir nun helfen oder nicht?«

      Dieses Ultimatum schleuderte er seinem Bruder über den Tisch entgegen. Aber Bobby war friedlich gestimmt, er wollte keinen Krieg.

      »Ich nehme an, daß ich dir nicht zu viel zu telegrafieren habe. Es wird sich ja wohl nichts in deiner Abwesenheit ereignen. Aber welchen Bären willst du denn nun Diana aufbinden?«

      Mr. Gordon Selsbury schloß müde die Augen.

      »Ist es denn nicht gleichgültig, was ich ihr erzähle?«

      Das war eine tapfere Antwort, aber er wußte ganz genau, daß er doch eine Geschichte erfinden mußte, und zwar eine glaubwürdige.

      »Ich bin nicht zum Lügen geboren – kannst du nicht etwas ausdenken?«

      Bobby nahm das Taschentuch, um sein Lachen zu verbergen.

      »Ich danke dir auf den Knien für das Kompliment, daß ich ein so geschickter Lügner bin.« Aber die Ironie verfing bei Gordon nicht. »Vielleicht erzählst du ihr, daß du nach Schottland auf die Jagd gehst?«

      »Es widerstrebt mir, unwahre Behauptungen aufzustellen«, sagte Gordon und verzog das Gesicht. »Warum muß ich ihr denn überhaupt etwas sagen? Wann fängt denn eigentlich die Jagd in Schottland an?«

      »Sie hat bereits begonnen. Du gehst schon am besten nach Schottland, das liegt weit weg. Dort triffst du wahrscheinlich auch keine Bekannten, denn du bist ja überhaupt nicht da.«

      Gordon war eigentlich die ganze Unterhaltung zuwider.

      »Es ist mir widerwärtig, daß ich unwahre Geschichten erzählen soll. Warum soll ich mich wegen meines Kommens und Gehens verantworten? Das ist einfach abgeschmackt! Aber es ist wohl besser, wenn ich Aberdeen als das Ziel meiner Reise angebe!«

      Diana! Von allen Gründen, die gegen die Ostender Reise sprachen, war die Rücksicht auf sie die geringfügigste.

      Gordon ging jetzt schon bei der Erwähnung ihres Namens hoch. Als er seine Wohnung in Cheynel Gardens erreicht hatte, war die Reise nach Ostende eine festbeschlossene Sache, die unwiderruflich war.

      Zu Hause fand er ein Telegramm seines Agenten in New York vor, der ihn benachrichtigte, daß Mr. Tilmet ihn am nächsten Freitag persönlich in London besuchen werde. Zu seinem größten Schrecken entdeckte Gordon, daß er über den Überlegungen und Vorbereitungen für die Ostender Reise ein wichtiges Geschäft vollständig vergessen hatte. Sein Agent hatte in seinem Auftrag die Firma Tilmet & Voight gekauft, und Mr. Tilmet hatte den Wunsch geäußert, die Kaufsumme, fünfzigtausend Dollar, bar in London ausgezahlt zu erhalten, das er im Laufe einer Europareise besuchen werde. Die Kaufverträge waren schon mit einer früheren Post angekommen, und Gordon war davon verständigt worden, daß die Ankunftszeit Tilmets noch nicht genau festliege, daß er wahrscheinlich erst einige andere Länder aufsuchen, aber bestimmt seinen Besuch in Cheynel Gardens machen werde, um dieses Geschäft endgültig abzuschließen.

      Gordon sah sofort die Schiffsliste der »Times« durch und stellte fest, daß die »Mauretania« um zwölf Uhr des gestrigen Tages fünfhundert Meilen westlich von Kap Lizard gemeldet worden war. Er überlegte schnell, er mußte also morgen die Summe im Hause haben, obgleich er gewöhnlich aus Prinzip keine geschäftlichen Handlungen außerhalb seines Büros vornahm. Aber diesmal waren ungewöhnliche Umstände im Spiel, und das Geschäft war außerordentlich vorteilhaft für ihn. Er notierte sich die Sache in sein Taschenbuch, machte eine zweite Eintragung auf den Umschlag seines Scheckbuches und ging dann nach oben, um sich umzuziehen. Er wollte heute mit Heloise zu Abend speisen und ihr persönlich die Nachricht überbringen, daß er sich entschlossen habe, den Plan auszuführen, den sie doch eigentlich ersonnen hatte. Sie hatte nach seinen letzten Mitteilungen ja schon ein Recht zu der Annahme, daß nicht mehr die geringsten Zweifel darüber bestanden.

      Als er die Treppe wieder herunterkam, sah er Diana unten stehen. Sie trug ein elegantes Abendkleid aus elfenbeinfarbener Seide. Zwei Perlenketten waren um ihren Hals geschlungen. Er folgte ihr in das Studierzimmer und schaute sie erstaunt an, als sie sich jetzt umwandte. Das war eine ganz andere Diana. Es lag etwas Ätherisches, fast Überirdisches in ihrer Lieblichkeit.

      »Diana, du siehst heute abend wundervoll aus«, sagte er.

      Da er jetzt nach Ostende fuhr, war er großzügig.

      »Danke«, sagte sie gleichgültig. »Mich kleidet diese Farbe immer sehr gut. Du wirst auch auswärts speisen, wie ich sehe? Wo gehst du denn hin?«

      »Ich werde im Ritz-Carlton-Hotel essen. Und du?«

      »Ich gehe zur australischen Gesandtschaft. Mr. Collings ist in geschäftlichen Angelegenheiten gekommen. Er hat heute nachmittag hier seinen Besuch gemacht. Er ist mein Rechtsanwalt und ein netter Mensch.«

      Gordon murmelte irgend etwas, das eine Liebenswürdigkeit sein sollte. Er war froh, denn Diana beschwerte nun auf keinen Fall heute abend sein Gewissen, und diese Sicherheit war wohltuend.

      Sie sonnte sich in seiner unausgesprochenen Bewunderung und freute sich über den glänzenden Eindruck, den sie auf ihn gemacht hatte. Aber sie verwischte ihn zu seinem großen Ärger sofort wieder, indem sie eine Schublade seines heiligen Schreibtisches aufschloß.

      »Wer hat dir denn den Schlüssel dazu gegeben?« fragte er entrüstet.

      »Es paßte einer von meinen eigenen dazu«, sagte sie, ohne im mindesten verlegen zu sein. »Die Schublade war leer, es lagen nur ein paar deutsche philosophische Bücher darin. Die habe ich einfach herausgenommen und das Schloß ändern lassen. Ich muß doch irgendeinen Platz haben, wo ich meine Sachen verwahren kann.«

      Er schluckte seinen Ärger hinunter.

      »Was mußt du denn verwahren?«

      »Meinen Schmuckkasten.«

      »Der wäre aber doch viel sicherer in meinem Geldschrank aufgehoben.«

      »Wie heißt denn das Kennwort?«

      »Alma«, sagte er, bevor ihm klar wurde, welche Dummheit er gemacht hatte. Niemand außer ihm hatte bisher dieses Geheimnis gewußt.

      Aber ehe er explodieren konnte, hatte sie einen kleinen schwarzen Gegenstand aus der Schublade genommen und auf die Tischplatte gelegt. Gordon wich bei dem Anblick etwas zurück.

      »Aber, Diana, du solltest doch keine Schußwaffe im Haus halten«, sagte er nervös. »Wenn du mit einem solchen Ding spielst, könntest du dir Schaden tun – du könntest dich verletzen!«

      »Ich kenne den Revolver in-und auswendig. Ich kann dieses Schlüsselloch treffen – ich wette, dreimal mit fünf Schüssen.« Sie zeigte auf die Tür.

      »Aber um Gottes willen! Die Waffe ist doch nicht etwa geladen?«

      »Aber natürlich ist sie geladen.« Sie nahm die Pistole zärtlich in die Hand. »Im Lauf ist keine Patrone, aber es steckt ein voller Rahmen im Magazin. Soll ich dir den Mechanismus zeigen?«

      »Nein, leg das schreckliche Ding doch weg!«

      Diana gehorchte, schloß die Schublade zu und steckte den Schlüssel in die Handtasche.

      »Alma – das Wort muß ich mir merken«, sagte sie erfreut.

      »Vergiß es lieber so schnell wie möglich! Ich hatte wirklich nicht die Absicht, dir oder sonst jemand das Kennwort zu meinem Geldschrank zu verraten. Es ist eigentlich nicht recht, daß du es weißt – du könntest vielleicht aus Versehen –«

      »Merke dir, daß ich niemals etwas aus Versehen tue. Aus Niedertracht oder aus Schadenfreude tue ich manchmal etwas, aber dann geschieht es mit voller Überlegung und Absicht. Du könntest mich übrigens bei der Gesandtschaft absetzen«, sagte sie, als Eleanor ihr in den Mantel half.

      »Sie

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