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war sie verunsichert.

      Auf der Fahrt nach Berlin benahm sich Sarah mustergültig. Sie schaute interessiert umher, lachte, wenn Melanie sich zu ihr umdrehte und sie ansprach und »unterhielt« die beiden Frauen mit ihren neuen Lauten. Corinna war sehr stolz auf ihre Tochter und freute sich darauf, sie Julia vorzuführen. Seit sie Sarah zuletzt gesehen hatte, war einige Zeit vergangen.

      »Ich bin gespannt, was für ein Kleid Julia trägt. Bestimmt sieht sie wunderschön aus. Ich werde ohne Ende heulen.«

      »Ich wahrscheinlich auch«, vermutete Corinna.

      »Laß uns genug Taschentücher mitnehmen. Felix ist der Trauzeuge seiner Schwester, oder?«

      »Ja.«

      »Ich freue mich darauf, ihn wiederzusehen. Du auch?« wollte Melanie betont harmlos wissen.

      »Natürlich. Er ist ja sehr nett.«

      Corinna war sich des prüfenden Blickes ihrer Freundin sehr bewußt. Sie hielt die Blicke auf die Straße gerichtet und wechselte das Thema. Melanie beließ es dabei.

      Als sie ankamen, wurden sie sehr herzlich begrüßt. Mit Rücksicht auf das Baby würden sie Julias Wohnung beziehen, während die nahen Verwandten im Haus des Vaters und die anderen Gäste im Hotel untergebracht waren.

      »Ich hoffe, ihr fühlt euch hier wie zu Hause.«

      »Danke, Julia. Es ist lieb von Ihnen, uns die Wohnung zu überlassen.«

      »Wollen wir uns nicht endlich duzen, Corinna? Ich bin sicher, wir werden uns noch öfter sehen.«

      »Ja, gern.«

      Julia lächelte. Sie war mit der Wahl ihres Bruders mehr als einverstanden. Hoffentlich klappte es mit dem Brautstrauß so, wie Felix es plante. Sie würde ihr Bestes geben, ihn richtig zu werfen, der Rest lag bei Corinna. Am liebsten hätte sie ihre neue Freundin gefragt, wie sie zu Felix stand, aber damit könnte sie sie höchstens verschrecken. Corinna war scheu, was dieses Thema betraf und vielleicht jetzt noch mehr als sonst, denn ihre Blicke zeigten, daß sie sich durchaus dessen bewußt war, in welcher Wohnung sie sich befand. Hier hatte Bernd mit Julia gelebt…

      Corinna fühlte jedoch nicht einmal so etwas wie Wehmut, als sie sich umschaute. Es war wirklich endgültig vorbei. Bernd bedeutete ihr nichts mehr. Sarah würde später entscheiden müssen, welche Rolle sie ihm in ihrem Leben einräumen wollte. Corinna nahm sich fest vor, sich nicht einzumischen.

      »Einen Polterabend machen wir nicht. Das wollte ich euch noch sagen. Wir setzen uns heute abend nur ein bißchen zusammen. Mein Vater hat ein kaltes Büfett bestellt und alle, die schon da sind, nehmen daran teil. Felix kann erst morgen früh kommen, er hatte noch einen Termin in Hamburg und wird dann hierher fliegen.«

      Corinna zuckte zusammen. Warum hatte er nicht angerufen, wenn er in Hamburg gewesen war? Das war merkwürdig und sprach nicht gerade dafür, daß er sie noch immer gern hatte.

      Julia unterdrückte ein Lächeln. Corinna würde heute abend eine Überraschung erleben. Felix hatte sie extra gebeten, diese kleine Lüge zu verbreiten, denn natürlich würde er schon heute kommen. Er war morgens nach Hamburg gefahren und würde am frühen Abend nach Berlin fliegen. Aber er wollte Corinnas Reaktion sehen, wenn er überraschend auftauchte.

      »Ich lasse euch jetzt allein. Wir sehen uns heute abend. Hier habe ich euch die Adresse aufgeschrieben. Nehmt euch ein Taxi, es wird alles bezahlt. Und dann werde ich Sarah ja hoffentlich wach erleben.«

      Julia warf noch einen bedauernden Blick auf die Kleine, die in ihrer Tragetasche fest schlief und nicht einmal geblinzelt hatte, als sie in die Wohnung getragen worden war.

      »Ich fürchte, sie wird die halbe Nacht wach sein. Sie hat schon die Hälfte der Fahrt verschlafen.«

      »Das macht nichts. Es sind genug Leute da, die begeistert sein werden, sie herumzutragen und sie zu beschäftigen. Aber ich melde schon mal meine Vorrechte an. Immerhin bin ich die Braut.«

      Corinna lachte und versprach es.

      Melanie versprach, auf Sarah aufzupassen, damit sich Corinna, die am Steuer gesessen hatte, ausruhen konnte.

      Obwohl sie das für unmöglich gehalten hatte, schlief Corinna tatsächlich ein. Als Melanie sie weckte, wurde es Zeit, Sarah zu versorgen und selbst zu duschen und sich umzuziehen. Noch immer war sie ein bißchen enttäuscht, daß sie Felix heute nicht sehen würde. Sie hatte sich wohl mehr darauf gefreut, als sie zugeben wollte.

      Für heute abend hatte sich Corinna das schöne schwarze Kleid mitgenommen, am Hochzeitstag waren Weiß und Schwarz der Braut und dem Bräutigam vorbehalten. Da würde sie ein leuchtend blaues Kleid tragen. Als sie aus dem Badezimmer kam, stieß Melanie einen bewundernden Pfiff aus.

      »Wou, siehst du toll aus. Eine Sünde, daß Felix nicht kommt.«

      »Was hast du nur immer mit Felix?«

      Ihre Stimme klang nicht sehr überzeugend.

      Die große Villa, in der die Feier stattfand, verschlug Melanie und Corinna den Atem.

      »Hast du gewußt, daß die Thomsens so reich sind?« fragte Melanie beeindruckt, als sie die Taxe bezahlt hatten und auf das Haus zugingen.

      »Nein. So habe ich mir das auch nicht vorgestellt. Die müssen ja mindestens zwanzig Zimmer haben.«

      Ein in einer weißen Livree gekleideter Bediensteter nahm sie in Empfang. Sarah war ganz still. Melanie trug sie auf dem Arm, Corinna behielt die Tragetasche jedoch bei sich, damit sie ihre Tochter später hineinlegen konnte. Ihnen wurden die Mäntel abgenommen. Dann führte man sie in den großen Raum, aus denen ihnen schon Musik und Stimmen entgegenkamen.

      Julia entdeckte sie sofort und winkte ihnen zu. Dann sprach sie einen jungen Mann an, der sich mit einem älteren unterhielt. Gleich darauf kamen sie auf Corinna und Melanie zu.

      »Das ist Sven. Macht gar nicht erst Umstände und duzt euch bitte. Corinna, Melanie. Und das ist Sarah, Sven. Ist sie nicht süß?«

      Sarah streckte Julia die Ärm-chen entgegen. Damit war Julia verloren, wie sie behauptete.

      »Ich werde sie heute den ganzen Abend auf dem Arm behalten. Ihr braucht euch nicht mehr um sie kümmern.«

      »Wie es aussieht, müssen wir uns wohl auch so schnell wie möglich so ein Baby anschaffen, was? Obwohl ich natürlich auch noch etwas von dir haben möchte«, meinte Sven und kitzelte Sarah unter dem Kinn. Sarah lächelte hingebungsvoll. Sie war Bewunderung gegenüber schon sehr aufgeschlossen. Melanie behauptete zu Corinnas leichtem Ärger immer, daß sie das von ihrem Vater habe.

      »Sven, mach Corinna und Melanie doch bitte mit unseren anderen Gästen bekannt, ja? Ich zeige Sarah das Haus.«

      »Meinst du, daß sie das schon interessiert?« wollte Corinna amüsiert wissen.

      »Ich weiß nicht. Aber wenn du willst, kannst du auch mitkommen.«

      Melanie entschloß sich, hierzubleiben. Julia hatte es so geplant. Es hätte nicht besser klappen können.

      Als sie die Bibliothek betraten, stand Felix dort an dem großen Schreibtisch. Er blätterte in einer Zeitung und schaute auf, als er die Stimmen der Frauen hörte.

      Corinna hielt die Luft an. Sie war nicht in der Lage, etwas zu sagen. Felix sah in dem dunkelblauen Anzug mit dem weißen Hemd einfach umwerfend aus. Und sein Lächeln, als er sie jetzt ansah, vertrieb alle Sorgen, daß er sie vergessen haben könnte.

      »Hallo, ihr…«

      »Felix! Ich dachte, du kommst morgen erst!« rief Julia hocherfreut aus.

      »Ich habe es mir anders überlegt. Das Risiko, daß ich zu spät zur Hochzeit meiner einzigen Schwester kommen könnte, war mir zu groß. Außerdem wollte ich… Corinna, ich freue mich, Sie zu sehen.«

      »Wollt ihr euch nicht auch duzen? Das ist doch viel netter. Sarah, nicht an meinen Haaren ziehen. Oh… ich glaube, ihre Windel ist naß. Hast du welche mit, Corinna?«

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