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      Der Gangster wollte gerade antworten, als selbst unten im Keller zwei Schüsse zu hören waren. Parker sah den Gangster bedeutungsvoll an und nickte.

      »Das galt Ihnen«, sagte er. »Sind Sie jetzt davon überzeugt, daß Ihre Partner Sie um jeden Preis umbringen wollen?«

      Der Gangster schluckte. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren. Die Zigarette, die man ihm gestattete, bebte zwischen seinen Lippen.

      Der Butler stieg aus dem Keller und sah von der Schalterhalle aus, was sich draußen auf der Straße tat. Ihm fiel insgeheim ein Stein vom Herzen, als er Leutnant Custer und Sergeant Monti unverletzt sah. Sie hatten die Trage abgesetzt und beugten sich über sie. Bald darauf schoben sie sie in den Wagen und deuteten durch Handgesten an, daß ihr Patient tot sei. Das war schon daran zu ersehen, daß sie den Spitalwagen nicht wegfuhren.

      Die beiden Schüsse hatten den Vorplatz schlagartig geräumt. Die neugierigen Menschen ergriffen die Flucht. Was die Verkehrsstreifen nicht geschafft hatten, wurde innerhalb weniger Sekunden nachgeholt.

      Custer und Monti liefen in die Schalterhalle zurück, zerrten sich die weißen Mäntel herunter und warfen sie den beiden wirklichen Krankenträgern zu.

      »Von wo aus wurde geschossen?« erkundigte sich Parker ruhig, als sei nichts passiert.

      »Dort vom Haus aus, ich glaube, aus einem Fenster der dritten Etage.«

      »Eine Verfolgungsjagd erübrigt sich wohl.«

      »Das meine ich auch, der Schütze dürfte sich längst abgesetzt haben. Bin ich froh, auf Sie gehört zu haben, Parker.«

      »Die Trage wurde getroffen?«

      »Ganz genau sogar«, mischte sich Sergeant Monti ein. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das Geschoß pfiff dicht an meinem Ohr vorbei. Herrgott, hatte ich eine Angst!«

      »Dann schlage ich vor, die Rotnase jetzt wegzuschaffen«, meinte Parker. »Nach menschlichem Ermessen dürfte jetzt nichts mehr passieren.«

      »Wir sehen uns im Hauptquartier«, lud Leutnant Custer den Butler ein. »Sie können dem Verhör selbstverständlich beiwohnen.«

      Josuah Parker verbeugte sich dankend und verließ die Schalterhalle der Bankfiliale. Irgendwie wirkte er sehr nachdenklich, obgleich er doch recht zufrieden sein durfte. Die »Rotnasen« hatten eine erste empfindliche Schlappe einstecken müssen. Ja, es stand sogar zu erwarten, daß der Gangster bald alle Karten auf den Tisch legte!

      *

      Parker traf vor Custer im Hauptquartier der Polizei ein. Er nutzte die Gelegenheit, sich in der Verkehrsabteilung nach einer ganz bestimmten Wagennummer zu erkundigen. Es handelte sich um den Wagen, mit dem der Mörder Henry Harrison geflüchtet war.

      Parker brauchte sich den Namen nur noch nachzuholen, da er das Kennzeichen bereits telefonisch durchgegeben hatte. Mit ausdruckslosem Gesicht studierte er die Anschrift des Wageninhabers. Er ließ sich nicht anmerken, daß der Besitzer ihm sehr gut bekannt war.

      »Zufrieden?« erkundigte sich der Zivilbeamte, der für Parker hin und wieder Kennzeichen identifizierte. Parkers Verbindungsleute saßen in jeder Dienststelle. Alle arbeiteten sie gern und schnell für den skurrilen Mann, der solch ein erstklassiger Kriminalist war. Es hatte sich längst herumgesprochen, daß der Butler sogar von höchsten Regierungsstellen in Anspruch genommen wurde, wenn besonders heikle und diskrete Ermittlungen ganz inoffiziell durchgeführt werden mußten.

      »Ob ich zufrieden bin, wird sich erst noch herausstellen«, beantwortete Parker die Frage des Beamten. »Wenn Sie mich fragen, so erscheint mir die Spur als zu direkt.« Ohne den erstaunt blickenden Mann näher einzuweihen, verließ Parker die Registrierabteilung und blieb auf dem Korridor stehen. Noch einmal schaute er nachdenklich auf den Zettel. Es half alles nichts, der Wagen mit dem flüchtenden Mörder gehörte dem Clubsekretär Geoffrey Cardiff.

      Im ersten Moment sprach vieles gegen diesen Mr. Cardiff. Er hatte Zugang zu den Anstecknadeln gehabt. Er kannte Henry Harrison und Gerald Thorne. Er mußte wissen, was mit Elsie Warners Vergangenheit los war.

      Doch Parker konnte sich mit diesem Gedanken nicht so recht befreunden. Direkte Spuren, die auf den Täter hindeuteten, schätzte er nicht. Er spürte dann immer gleich den Beigeschmack eines Täuschungsmanövers. Sollte Cardiff belastet werden, damit die »Rotnasen« aus der Schußlinie gerieten?

      Parker steckte den Zettel ein. Es ließ sich natürlich nicht umgehen, Cardiff zu sprechen. Dazu war er einfach verpflichtet. Eines verriet das Kennzeichen auf jeden Fall. Die »Rotnasen« wußten von Cardiffs Existenz, sonst hätten sie seinen Wagen bestimmt nicht benutzt. Daraus waren wieder andere Schlüsse abzuleiten.

      Der Butler wollte gerade zum Lift gehen, als er in schneller Reihenfolge einige Schüsse hörte. Er blieb stehen, schien zu einer Steinsäule zu werden. Dann, nach langen Sekunden, ließ er sich vom Lift nach unten ins Erdgeschoß bringen.

      Im voraus schon wußte er, was passiert war. Als Custer ihm entgegenrannte, fand er seine Vermutung bestätigt.

      »Ich fürchte, unsere Rotnase ist doch noch erschossen worden«, sagte Parker.

      »Sie haben die Schüsse gehört?« regte sich Custer auf und nickte bestätigend. »Als wir ausstiegen, wurde der Mann niedergeschossen. Vor unseren Äugen. Der Täter entwischte in einem Wagen.«

      »Konnten Sie sich das Kennzeichen merken?«

      »Natürlich, und ich bin auf dem Weg zur Registrierabteilung, Parker. Wir sehen uns später, ich bin in größter Eile.«

      »Ich denke, Sie können sich den Weg sparen«, meinte Parker. Er holte den Zettel mit dem gerade erhaltenen Kennzeichen und Namen des Wagenbesitzers aus der Tasche. »Ist es vielleicht diese Nummer, Sir?«

      Leutnant Custer griff nach dem Zettel und … schüttelte den Kopf.

      »Nein, die ist es nicht, Parker. Warten Sie, ich bin gleich wieder zurück.«

      Josuah Parker war überrascht. Sollten die »Rotnasen« sich einen neuen Trick ausgedacht haben? Er wartete bis Custer zurückkam. Der Polizeioffizier vibrierte vor Spannung.

      »Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen«, sagte Parker und vertrat Custer den Weg. »Wem gehört der Wagen?«

      »Einem Eddie Massel, einem früheren Gauner, der mit Barry unter einer Decke steckte.«

      Parker hielt es für angebracht, sein Pokergesicht aufzusetzen. Innerlich gab er zu, daß die »Rotnasen« sehr schnell und geschickt schalteten. Sie taten alles, um ihre Spuren zu verwischen!

      *

      Parker erstattete seinem jungen Herrn Bericht.

      Mike Rander saß neben dem knisternden Kamin und hörte aufmerksam zu. Seine Vorarbeit für die Verteidigung eines Klienten war beendet. Er wollte sich jetzt einschalten. Dazu brauchte er aber erst einen umfassenden Überblick.

      »Der erschossene Gangster hieß Paul Dungee«, berichtete Parker. »Der Mann stammt aus Chikago. Eine Überprüfung seiner Lebensgewohnheiten zeigt, daß er mit Mitgliedern des St. John’s Club keinen Kontakt hatte. Er war nicht vorbestraft, Sir, arbeitete im Hafen als Stauer.«

      »Kennt man seine Freunde und Bekannten?«

      »Leutnant Custer kümmert sich noch darum, Sir. Es steht inzwischen jedoch fest, daß Paul Dungee ein Einzelgänger war. Er hielt sich stets zurück, auch auf seinem Arbeitsplatz.«

      »Mich interessiert, ob er vielleicht auch eine Anstecknadel des Clubs trug.«

      »Nein, Sir, darauf achtete ich sofort.«

      »Haben Sie mit Custer ausführlich gesprochen, Parker?«

      »Selbstverständlich, Sir, ich beantwortete wahrheitsgemäß jede seiner Fragen.«

      »Und wonach fragte er nicht?«

      »Sir, ich schilderte rückhaltlos die Ergebnisse meiner bisherigen Ermittlungen.«

      »Das

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