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worin er aufgefordert wurde, Mohammed als Gottes Apostel anzuerkennen. Er verwarf die Aufforderung und zerriß das Schreiben. »So wird Gott«, rief der arabische Prophet, »das Reich des Chosroes zerreißen und sein Flehen verwerfen.« Am Rande der beiden großen Reiche des Morgenlandes beobachtete Mohammed mit geheimer Freude die Fortschritte ihrer gegenseitigen Zerstörung und wagte, inmitten der Triumphe der Perser, vorauszusagen, daß binnen wenigen Jahren der Sieg wieder zu den Fahnen der Römer zurückkehren würde.

      Zur Zeit, als diese Weissagung gemacht worden sein soll, konnte keine Prophezeiung ihrer Erfüllung ferner sein, da in den zwölf ersten Regierungsjahren des Heraklius das Reich offenbar seiner nahen Auflösung entgegenging. Wenn die Beweggründe des Chosroes rein und ehrenvoll gewesen wären, würde der Kampf mit Phocas' Tode aufgehört haben, und er hätte den glücklichen Afrikaner, der die Unbilden seines Wohltäters Mauritius so hochherzig gerächt hatte, als seinen besten Freund umarmen müssen. Die Fortsetzung des Krieges enthüllt den wahren Charakter des Barbaren, der die Bittgesandtschaften des Heraklius, die ihn zur Milde zu bewegen suchten, auf daß er der Unschuldigen schone, einen Tribut anzunehmen und der Welt den Frieden zu geben, entweder mit verächtlichem Stillschweigen oder mit hochmütigen Drohungen abwies. Syrien, Ägypten, Kleinasien waren von den persischen Waffen unterjocht worden, während die unersättlich nach Blut und Kriegsbeute dürstenden Avaren Europa von den Grenzen von Istrien bis zur langen Mauer von Thrazien verheerten. Sie hatten ihre männlichen Gefangenen auf dem heiligen Felde von Pannonien kaltblütig niedergemetzelt; die Weiber und Kinder wurden zur Knechtschaft verdammt, die edelsten Jungfrauen der Wollust der Barbaren preisgegeben. Das liebestolle Weib, das die Tore von Friaul geöffnet hatte, verbrachte eine kurze Nacht in den Armen ihres königlichen Geliebten; am nächsten Abende wurde Romilda gezwungen, die Umarmungen von zwölf Avaren zu dulden, und am dritten Tage wurde die Langobardenfürstin im Lager an einen Pfahl gespießt, während der Chagan mit grausamen Lachen bemerkte, daß ein solcher Gatte die würdigste Belohnung ihrer Geilheit und Treulosigkeit wäre. Von so unversöhnlichen Feinden wurde Heraklius von allen Seiten gequält und belagert, und das römische Reich beschränkte sich auf die Mauern von Konstantinopel mit dem Reste von Griechenland, Italien und Afrika und einigen Seestädten längs der asiatischen Küste von Tyrus bis Trapezunt. Nach dem Verluste von Ägypten wurde die Hauptstadt durch Hunger und Pest heimgesucht, und der Kaiser, unfähig zum Widerstand und ohne Hoffnung auf Hilfe, hatte beschlossen, sich und seine Regierung nach Karthago in Sicherheit zu bringen. Schon waren die Schiffe mit den Schätzen des Palastes beladen, da hemmte der Patriarch, der die Macht der Religion im Dienste des Vaterlandes aufbot, seine Flucht. Heraklius wurde zum Altar der Sophienkirche geführt, wo man ihm den feierlichen Eid abnötigte, mit dem Volke, das Gott seiner Obhut anvertraut habe, zu leben und zu sterben. Der Chagan lagerte in den Ebenen von Thrazien, aber er verbarg seine treulosen Pläne und ersuchte um eine Unterredung mit dem Kaiser in der Nähe der Stadt Heraklea. Ihre Aussöhnung wurde durch Zirkusspiele gefeiert. Senat und Volk strömten in ihren besten Gewändern zum Friedensfeste und die Avaren betrachteten neidisch und gierig den römischen Luxus. Plötzlich wurde der Hippodrom von der Reiterei der Avaren, die in der Nacht ihren geheimen Eilmarsch beschleunigt hatten, umzingelt; der furchtbare Knall der Peitsche des Chagan gab das Zeichen zum Sturme. Heraklius schlang sein Diadem um den Arm und rettete sich nur mit großer Not durch die Schnelligkeit seines Pferdes. So schnell war die Verfolgung, daß die Avaren fast zu gleicher Zeit mit der fliehenden Schar durch das goldene Tor von Konstantinopel gedrungen wären. Mit der Beute der Vorstädte wurde ihre Treulosigkeit belohnt, und zweihundertsiebzigtausend Gefangene wurden von ihnen über die Donau geschleppt. Am Strande von Chalcedon hatte der Kaiser in Sicherheit eine Unterredung mit einem ehrenhafteren Feinde, der, bevor Heraklius aus seiner Galeere stieg, mit Ehrfurcht und Mitleid die Majestät des Purpurs begrüßte. Das freundschaftliche Angebot Sains, des persischen Feldherrn, eine Gesandtschaft zum Großkönig zu geleiten, wurde mit wärmstem Dank angenommen, und der prätorianische Präfekt, der Präfekt der Stadt und einer der ersten Geistlichen der Patriarchalkirche, überbrachten die demütige Bitte um Schonung und Frieden. Aber der Unterbefehlshaber des Chosroes hatte die Absichten seines Gebieters mißverstanden. »Nicht eine Gesandtschaft «, rief der Tyrann von Asien, »Heraklius selbst hätte er gefesselt vor die Stufen meines Thrones bringen sollen. Ich werde nicht eher mit dem römischen Kaiser Frieden schließen, als bis er seinen gekreuzigten Gott abgeschworen und sich zum Dienste der Sonne bekannt hat.« Sain wurde nach dem unmenschlichen Brauche seines Vaterlandes lebendig geschunden. Dann verletzte man das Völkerrecht und ein ausdrückliches Übereinkommen durch die strenge Einkerkerung des Gesandten. Sechsjährige Erfahrung bewog endlich den persischen Monarchen, die Eroberung von Konstantinopel aufzugeben und den jährlichen Tribut oder das Lösegeld des römischen Reiches zu bestimmen: tausend Talente Gold, tausend Talente Silber, tausend seidene Gewänder, tausend Pferde und tausend Jungfrauen. Heraklius nahm diese schimpflichen Bedingungen an, aber die Zeit, die ihm gewährt wurde, um in dem armen Osten solche Schätze zu sammeln, wurde fleißig zu Rüstungen für einen kühnen und verzweifelten Angriff benutzt.

      Unter den berühmten historischen Gestalten ist Heraklius eine der außerordentlichsten und sich am meisten widersprechenden. In den ersten und letzten Jahren seiner langen Regierung erscheint der Kaiser als Sklave der Trägheit, der Vergnügungssucht oder des Aberglaubens, als der leichtsinnige und ohnmächtige Zuschauer öffentlicher Not. Der Arkadius des Palastes verwandelte sich indes bald in den Cäsar des Lagers. Heraklius stellte seine und Roms Ehre durch die Heldentaten und Trophäen von sechs kühnen Feldzügen wieder her. Es wäre die Pflicht der byzantinischen Geschichtsschreiber gewesen, die Ursachen seiner Untätigkeit wie seiner plötzlichen Energie mitzuteilen. Wir können nach so langer Zeit nur vermuten, daß er weit mehr persönlichen Mut als politische Weisheit besaß. Durch die Reize und Intrigen seiner Nichte Martina, mit der er nach dem Tode der Eudoxia eine blutschänderische Ehe schloß, wurde er gefesselt, und schließlich folgte er blindlings seinen verächtlichen Ratgebern, die als Grundsatz des Reiches geltend machten, daß der Kaiser sein Leben nicht gefährden dürfe. Vielleicht, daß die letzte übermütige Forderung des persischen Eroberers ihn erweckte, aber zur Zeit, als Heraklius zum Helden wurde, beruhte Roms einzige Hoffnung auf den Wechselfällen des Glückes, die den stolzen Chosroes bedrohen mochten und die denen, die bereits an der untersten Stufe der Demütigung angelangt waren, nur günstig sein konnten. Es war dem Kaiser gestattet worden, zur Herbeischaffung des Tributes sich an die morgenländischen Provinzen zu wenden, und seine erste Sorge war es, die Kriegskosten aufzubringen. Aber die Einkünfte flossen nicht mehr so reich wie er es gewöhnt war. Heraklius jedoch war mutig genug, den Reichtum der Kirche für seine Zwecke in Anspruch zu nehmen, allerdings mit dem feierlichen Gelübde, daß er alles, was er zu nehmen gezwungen sei, im Dienste des Reiches und der Kirche verwenden und später alles mit hohen Zinsen zurückerstatten werde. Die Geistlichkeit selbst nahm lebendigen Anteil an der öffentlichen Not, und der kluge Patriarch von Alexandria stand, ohne die Vermutung aufkommen zu lassen, daß es sich um eine Verletzung des Kircheneigentums handle, seinem Souverän durch die wunderbare oder rechtzeitige Entdeckung eines geheimen Schatzes bei. Von den Soldaten, die mit Phocas verschworen gewesen waren, hatten nur zwei die Unbilden der Zeit und das Schwert der Barbaren überlebt; der Verlust wurde durch die neuen Aushebungen des Heraklius unvollkommen ersetzt, und das Gold der Kirche vereinigte in ein und demselben Lager die Menschen, Waffen und Sprachen des Morgen- wie des Abendlandes. Schon die bloße Neutralität der Avaren mußte ihn zufriedenstellen, und seine freundschaftliche Bitte, der Chagan möge nicht als Feind, sondern als Beschützer des Reiches handeln, war mit einem wirkungsvollen Geschenke von zweihunderttausend Goldstücken begleitet. Zwei Tage nach dem Osterfeste (622) vertauschte der Kaiser seinen Purpur mit dem einfachen Gewande eines Büßenden und Kriegers und gab das Zeichen zum Aufbruch. Heraklius empfahl seine Kinder der Treue des Volkes, legte die Zivil- und Militärgewalt in die würdigsten Hände und stellte es der Weisheit des Patriarchen und des Senates anheim, die Stadt zu retten oder zu übergeben, wenn sie in seiner Abwesenheit von überlegenen Streitkräften des Feindes auf das Äußerste bedrängt werden sollte.

      Die Höhen um Chalcedon waren mit Zelten und Waffen bedeckt; wenn jedoch die neuangeworbenen Truppen übereilt zum Angriff geführt worden wären, wäre ein Sieg der Perser vor Konstantinopel der letzte Tag des römischen Reiches gewesen. Nicht minder unklug wäre es gewesen, in die Provinzen von Kleinasien vorzudringen, weil die Massen der persischen Reiterei seine Zufuhren hätten abschneiden können und seine Nachhut ermattet

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