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verbietet, irgend welchem Laster Raum zu geben. Das Mittel aber diese ganze Tugend zu verwirklichen sind jene gesetzlichen Bestimmungen, die die Erziehung für das Gemeinwesen regeln. Was freilich die Einzelerziehung betrifft, die da zum tugendhaften Manne schlechthin bildet, so ist die Frage, ob sie zur Staatslehre oder zu einer anderen Disziplin gehört, weiter unten zu erledigen. Denn vielleicht ist es nicht dasselbe, ein guter Mensch und ein guter Bürger eines beliebigen Staates zu sein120.

      Von der partikulären Gerechtigkeit aber und dem ihr entsprechenden Rechte ist eine Art die, die sich bezieht auf die Zuerteilung von Ehre oder Geld oder anderen Gütern, die unter die Staatsangehörigen zur Verteilung gelangen können – denn hier kann der eine ungleich viel und gleich viel erhalten wie der andere –; eine andere (1131a) ist die, die den Verkehr der Einzelnen unter einander regelt. Die letztere hat zwei Teile. Es gibt nämlich einen freiwilligen Verkehr und einen unfreiwilligen. Zum freiwilligen Verkehre gehören z. B. Kauf, Verkauf, Darlehen, Bürgschaft, Nießbrauch, Hinterlegung, Miete. Hier spricht man von freiwilligem Verkehr, weil das Prinzip der genannten Verträge beiderseits der freie Wille ist. Zu dem unfreiwilligen Verkehr gehören teils heimliche Handlungen, wie Diebstahl, Ehebruch, Giftmischerei, Kuppelei, Sklavenverführung, Meuchelmord, falsches Zeugnis, teils gewaltsame, wie Mißhandlung, Freiheitsberaubung, Todtschlag, Raub, Verstümmelung, Scheltreden, Herabwürdigung.

      Sechstes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Da aber der Ungerechte wie das Unrecht die Gleichheit verletzen, so gibt es offenbar auch ein Mittleres zwischen dem Ungleichen. Es ist das Gleiche. Denn bei jeder Handlung, bei der es ein Mehr und ein Weniger gibt, gibt es auch ein Gleiches. Ist demnach das Unrecht ungleich, so ist das Recht gleich, wie übrigens auch jedem ohne Beweis einleuchtet. Da aber das Gleiche ein Mittleres ist, so ist also auch das Recht ein Mittleres.

      Siebentes Kapitel.

       Inhaltsverzeichnis

      Mithin liegt darin, daß a mit c und b mit d verbunden wird, das Gerechte der Verteilung, und dieses Gerechte ist das Mittlere zwischen dem, was der Proportionalität zuwiderläuft. Denn das Proportionale ist die Mitte, und das Gerechte ist das Proportionale. Eine solche Proportion nennen die Mathematiker eine geometrische. Denn in der geometrischen Proportion verhält sich das Ganze zum Ganzen wie das Glied zum Gliede. Diese Proportionalität ist keine kontinuierliche, da die Person, der zugeteilt wird, und die Sache, die zugeteilt wird, nicht der Zahl nach eines sind.

      Das Recht ist also dieses Proportionale, das Unrecht aber ist was wider die Proportionalität anläuft. Es ist also teils ein Mehr, teils ein Weniger, wie es auch tatsächlich zutrifft. Denn wer Unrecht tut, eignet sich vom Guten zuviel an, und wer Unrecht leidet, bekommt davon zuwenig. Beim Übel aber ist es umgekehrt. Denn das kleinere Übel kann im Vergleich zum größeren Übel als ein Gut gelten, da das kleinere Übel vor dem größeren der Vorzug hat, und was den Vorzug hat, ein Gut ist, und zwar ein um so größeres, je mehr es den Vorzug hat.

      In diesen Dingen redet man nämlich ganz allgemein von Vorteil, wenn auch der Ausdruck für einzelne Verhältnisse nicht eigentlich paßt, wie wenn z. B. der Schläger Vorteil und der Geschlagene Nachteil haben soll; aber bei Abmessung erlittenen Unrechtes ist es nun einmal so, daß man dasselbe Nachteil, das zugefügte Unrecht aber Vorteil nennt.

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