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mein Studium hinzuschmeißen.«

      »Ich schmeiße mein Studium nicht hin, ich sattle nur um«, berichtigte Karina, dann strich sie mit einer anmutigen Handbewegung ihr langes goldblondes Haar zurück. »Und eigentlich sollte sich Papa freuen…«

      »Da ist er schon«, unterbrach Stefan seine Schwester, als Dr. Daniel mit langen Schritten auf den Wagen seines Sohnes zukam. »Du kannst ihm die frohe Botschaft also gleich verkünden.«

      »Karina! Stefan!« rief Dr. Daniel erfreut. »Mit euch hatte ich dieses Wochenende nicht gerechnet. Ich dachte, ihr würdet euch lieber im Freibad tummeln.«

      Karina schlang beide Arme um seinen Nacken und küßte ihn flüchtig auf die Wange.

      »Ich hatte Sehnsucht nach dir«, behauptete sie, rückte dann aber doch mit der Wahrheit heraus. »Und ich muß mit dir sprechen.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Das klingt ernst.«

      »Ist es auch, Papa«, erwiderte Karina, dann löste sie sich von ihrem Vater und trat einen Schritt zurück. »Ich habe mein Studium abgebrochen.«

      Völlig fassungslos starrte Dr. Daniel seine Tochter an.

      »Du hast… was?« fragte er entsetzt.

      Karina atmete tief durch. »Du hast richtig gehört, Papa. Ich habe mein Studium abgebrochen. Seit einer Woche arbeite ich in der Klinik von Onkel Schorsch als Krankenpflegerin. Und ab Herbst werde ich Medizin studieren.«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf, als könnte er nicht begreifen, was seine Tochter da gesagt hatte.

      »Warum, um Himmels willen…« begann er, doch Stefan unterbrach ihn. »Meine Güte, Papa, mach doch nicht gleich ein solches Drama aus der Sache. Karina wollte seit jeher Medizin studieren und hat es nur nicht getan, weil ich…«

      »Ach, so ist das«, fiel Dr. Daniel ihm ins Wort. »Ich bin wieder mal der letzte, der von alldem erfährt.«

      »Papa, du tust ja wirklich, als würde die Welt untergehen«, erklärte Karina. »Ich habe mein Studium gewechselt, das ist alles.«

      »Das ist auch mehr als genug«, entgegnete Dr. Daniel ernst. »Du hast drei Jahre lang umsonst gearbeitet, ist dir das klar?«

      Karina nickte. »Natürlich ist mir das klar, aber vielleicht habe ich diese drei Jahre gebraucht, um zu wissen, was wirklich wichtig für mich ist.«

      In diesem Moment fiel bei Dr. Daniel der sprichwörtliche Groschen. »Wolfgang! Gib zu, daß er der Grund für deinen plötzlichen Sinneswandel ist.«

      Karina senkte den Kopf. So unrecht hatte ihr Vater mit diesem Vorwurf nicht. Aber noch ehe sie dazu etwas sagen konnte, mischte sich ihr Bruder ein.

      »Wolfgang?« fragte er verständnislos. »Von wem sprichst du denn da eigentlich, Papa?«

      »Von der großen Liebe deiner Schwester«, antwortete Dr. Daniel in einem für ihn untypischen, sarkastischen Ton.

      »Wie bitte?« Stefan schüttelte ungläubig den Kopf, dann sah er Karina an. »Was ist denn mit Markus?«

      Das junge Mädchen seufzte tief auf. »Zwischen Markus und mir ist Schluß – schon seit ein paar Wochen.«

      »Und jetzt ist Karina in Wolfgang Metzler verliebt«, ergänzte Dr. Daniel. »Er ist Arzt, und das weckt in ihr natürlich den Wunsch, ebenfalls Ärztin zu werden.«

      »Nein, Papa, so ist es nicht«, widersprach Karina heftig. »Du weißt genau, daß ich schon immer lieber Medizin studiert hätte als Jura. Aber ich dachte…« Sie stockte, dann zuckte sie die Schultern. »Ich dachte immer, zwei Ärzte in der Familie seien genug. Außerdem stand von vornherein fest, daß Stefan die Praxis übernehmen würde. Ich hätte mir also etwas anderes aufbauen müssen.« Wieder zuckte sie die Schultern. »Jetzt bestehen aber andere Voraussetzungen. Stefan hat zu mir gesagt, daß er die Praxis nicht will. Ich möchte sie aber, und ich möchte an deiner Seite arbeiten, Paps.«

      Verlegen senkte Dr. Daniel den Kopf. Er bereute die ungerechtfertigten Vorwürfe, zu denen er sich hatte hinreißen lassen.

      »Tut mit leid, Karinchen«, meinte er zerknirscht. »Ich dachte… ich dachte, es wäre eine Laune… und du würdest es irgendwann bereuen…«

      Spontan stand Karina auf und schlang beide Arme um seinen Nacken.

      »Ach, Papilein, ist schon gut«, erklärte sie und schmiegte ihr Gesicht an seine Wange. »Und so ein kleines bißchen hast du ja auch recht. Wolfgang ist an meiner Entscheidung nicht unmaßgeblich beteiligt… besser gesagt, er hat mir diese Entscheidung erleichtert. Ich war nämlich sehr im Zweifel, ob ich drei Jahre Jura einfach so herschenken will. Dann habe ich mit Wolfgang gesprochen… nicht darüber natürlich, aber… er lebt für seinen Traum von der eigenen Klinik, und dieser Traum füllt ihn so sehr aus, daß keine Frau jemals eine Chance bei ihm haben wird – es sei denn, sie wäre ebenfalls Ärztin.« Sie lächelte. »Ich liebe Wolfgang, und irgendwann werde ich seine Frau sein. Und wenn ich erst Ärztin bin, werden wir Seite an Seite arbeiten – in einer Praxis oder in seiner Klinik.«

      Dr. Daniel seufzte. »Karina…«

      »Ich weiß genau, was du sagen willst, Papa«, fiel sie ihm ins Wort. »Aber ich habe eine Entscheidung getroffen, von der mich nichts und niemand abbringen wird. Und ich habe ein Ziel vor Augen – die Liebe.«

      *

      Dr. Daniel fand an diesem Abend keine Ruhe. Obwohl Karina und Stefan schon längst nach München zurückgekehrt waren, gingen ihm die Worte seiner Tochter nicht aus dem Kopf. Sie war so überzeugt von dem, was sie tat, daß es Dr. Daniel ein wenig Angst bereitete.

      Bis zu Wolfgangs Heimkehr vor einigen Wochen hatte er ihn zwölf Jahre lang nicht gesehen. Trotzdem glaubte Dr. Daniel, ihn gut genug einschätzen zu können, um zu wissen, daß er sich niemals binden würde. Wolfgang war Arzt – und das mit Leib und Seele. Und nichts würde in seinem Leben mehr zählen als sein Beruf und die Klinik, von der er träumte. Und das bedeutete, daß sich Karina einer hoffnungslosen Liebe hingab.

      Dr. Daniel seufzte, dann ging er unruhig im Zimmer auf und ab. Er sehnte seine Schwester Irene herbei, die ihm seit seiner Rückkehr nach Steinhausen den Haushalt führte. Mit ihr hätte er jetzt über all das sprechen können, was ihm so zu schaffen machte. Doch Irene war bei einer alten Freundin in Kiel und würde wohl erst nächste Woche zurückkommen.

      Wieder seufzte Dr. Daniel und bedachte dabei das Telefon mit einem prüfenden Blick. Er könnte in Kiel anrufen, andererseits…

      Er führte den Gedanken nicht zu Ende, sondern trat an den Apparat und wählte die Nummer von Dr. Georg Sommer, mit dem ihn schon seit vielen Jahren eine enge Freundschaft verband.

      »Grüß dich, Schorsch, ich bin‘s, Robert«, gab er sich zu erkennen, nachdem sich Dr. Sommer gemeldet hatte. »Tut mir leid, daß ich dich am Sonntagabend noch störe, aber…«

      »Hör bloß mit diesem Unsinn auf«, fiel Dr. Sommer ihm energisch ins Wort. »Du störst nie, das weißt du doch.« Er schwieg kurz. »Also, Robert, was hast du auf dem Herzen?«

      »Wie kommst du darauf, daß ich etwas auf dem Herzen haben könnte?« fragte Dr. Daniel zurück.

      Dr. Sommer lachte. »Weil du sonst an einem Sonntagabend nicht anrufen würdest. Du bist eine untreue Seele, weißt du das? Du meldest dich nur, wenn du mich brauchst.« Er machte eine kurze Pause, dann fügte er hinzu: »Also komm schon, Robert, raus damit.«

      Dr. Daniel seufzte. »Das Schlimme an dir ist, daß du mich viel zu gut kennst. Und du hast auch vollkommen recht, Schorsch, ich habe etwas auf dem Herzen.« Er zögerte einen Moment. »Es geht um Karina.«

      »Das dachte ich mir schon«, entgegnete Dr. Sommer gelassen. »Dein Karinchen arbeitet seit einer Woche bei mir.«

      »Ich weiß. Sie hat es mir heute gesagt.«

      »Hör mal, Robert, was ist das für ein melancholischer Ton? Karina hat vor, Medizin zu studieren. Da solltest du doch stolz

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