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den Händen.

      Monika wußte nicht, wie lange sie so da gesessen und geweint hatte, als sich plötzlich behutsam eine Hand auf ihre Schulter senkte. Sie schrak zusammen, blickte auf und in das vertraute Gesicht ihres Schwagers. Benjamin setzte sich neben sie und fragte: »Was ist passiert? Habt’s wieder gestritten? Du hast eben schon so blaß und unglücklich ausgeschaut.«

      »Ach, Ben, ich will mich net beschweren.« Sie schneuzte sich verlegen, stand auf und füllte zwei Tassen mit Kaffee. »Es ist ja auch net nur dem Christian seine Schuld. Er hat halt viel um die Ohren, ist oft im Streß. Da kann es schon mal vorkommen...«

      »Andere Männer schaffen auch ihre Arbeit und terrorisieren am Feierabend net ihre Familien.« Der Bauer schüttelte leicht den Kopf. »Na, Monika, du machst dir was vor. Ich glaube, es wäre das Beste, wenn ich dem Christian mal fest ins Gewissen fahre.«

      »Das hat doch keinen Sinn. Nachher werdet ihr euch noch raufen. Und darauf lege ich wirklich keinen Wert.«

      »Manchmal ist so eine Rauferei gar net das Schlechteste.« Benjamin Farber lächelte, als seine Schwägerin ihm einen verständnislosen Blick zuwarf. »War nur ein Witzerl. Weißt, es fällt mir nicht leicht, immer weiter zuzuschauen, wie mein Bruder dich unglücklich macht. Mußt net widersprechen, ich weiß, daß es so ist. Der Christian ist halt ein Mensch, der kein Talent zum Glück hat. So was kommt vor. Er muß immer alles zerstören, was in seiner Nähe ist.«

      »Ich weiß, du hast mich ja schon auf der Hochzeit gewarnt. Damals habe ich dir nicht glauben wollen. Und jetzt ist es zu spät. Der Christian ändert sich doch nimmer. Wenn er nur die Kinder in Ruhe lassen tät. Ich kann es nicht ertragen, wie unglücklich die beiden sind.«

      Benjamin schaute Monika aufmerksam an.

      »Denkst du daran, deinen Mann zu verlassen?«

      »Nein, das kann ich net. Wo soll ich denn hin? Und ich hoffe doch immer noch, daß es wieder so wie früher zwischen uns wird. Am Anfang, da war er ganz anders, so könnte es doch wieder werden. Die Hoffnung kannst mir net nehmen.«

      »Ich wünschte, ich könnte daran glauben, dann wäre mir das Herz ein wenig leichter. Aber ich fürchte, du machst dir was vor, Monika. Der Christian war schon immer so, der kann sich gar net ändern.« Er bemerkte den kummervollen Ausdruck in ihren klaren Augen, und empfand tiefes Mitleid. »Gräm dich net zu sehr. Im Notfall kannst auf mich zählen. Ich bin ja gleich nebenan. Und wenn dein Mann es wieder mal zu weit treibt, dann gib mir Bescheid, dann werde ich versuchen, ihm den Schädel zurecht zu rücken. Das hab ich schon früher gemacht.«

      »Ich dank dir, Ben.« Sie seufzte leise und unglücklich. »Aber helfen kannst uns im Grunde genommen net. Das kann keiner...«

      Wenig später verließ der Bauer das Nachbarhaus und ging hinüber in den Stall. Während er seine Arbeit erledigte, fragte Benjamin sich nicht zum ersten Mal, wieso das Schicksal stets taub und blind zu sein schien. Warum hatte es Monika, diese wunderbare Frau, und ihn nicht zusammengeführt? Was hätte er dafür gegeben, eine solche Familie zu haben! Doch leider hatte es nicht sollen sein...

      *

      »Herr Farber, Sie sollen zum Chef kommen. Sofort!«

      Christian warf der Sekretärin einen abschätzigen Blick zu und riet ihr: »Behalten Sie Ihre Schadenfreude lieber für sich, Frau Bendig. Sonst kläre ich den Chef mal über Ihre Schwatzsucht auf. Dann können Sie sich bald einen neuen Job suchen...«

      »Passen Sie lieber auf, daß Sie nicht auf der Straße landen«, riet sie ihm beleidigt. Nachdem er im Chefzimmer verschwunden war, sagte die Sekretärin zu ihrer Kollegin: »Der Farber steht auf der Abschußliste. Kein Wunder, wie der sich immer benimmt.«

      »Ich werde ihm keine Träne nachweinen«, meinte die andere ungerührt. »Hoffentlich feuert der Chef ihn auf der Stelle!«

      So weit war es zwar noch nicht, aber Christian Farber war tatsächlich alles andere als gut angeschrieben beim Filialleiter seiner Bank. Dieser bot ihm weder Platz an, noch erwiderte er seinen Gruß. Statt dessen kam er sofort zum Thema.

      »Einige Kunden haben sich über Sie beschwert, Farber. Und das ist nicht das erste Mal. Ich dachte, Sie sind Schalterdienst gewöhnt.«

      »Ich bin Sachbearbeiter, dieses blöde Getue am Schalter ist mir zuwider«, erklärte er und setzte sich einfach. »Sie haben mich an den Schalter versetzt, obwohl ich das nicht wollte.«

      »Nun, nicht ohne Grund. Sie haben bei der Kreditvergabe Fehler gemacht, die sich unser Haus nicht leisten kann. Und nun versagen Sie auch am Schalter. Wohin soll ich Sie denn noch stecken?« Der Filialleiter musterte sein Gegenüber nachsichtig. »Herr Farber, reißen Sie sich halt mal am Riemen. Sie sind immer ein guter Mitarbeiter gewesen. Was ist in letzter Zeit bloß mit Ihnen los? Können Sie mir das erklären?«

      Christian hatte eine hochmütige Miene aufgesetzt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und behauptete dreist: »Mit mir ist alles in Ordnung. Was kann ich dafür, wenn die Kollegen sich gegen mich zusammenrotten? Ich werde gemobbt, Herr Dirlinger. Und ich finde es beschämend, daß Sie dabei mitmachen. Das muß ich mir nicht gefallen lassen!«

      Der Filialleiter zog die Stirn kraus. »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen. Von Ihren Kollegen kommen keine Beschwerden, es waren immerhin Kunden, die...«

      »Aufgehetzt, gegen mich aufgehetzt!« fiel er seinem Vorgesetzten einfach ins Wort. »Ich durchschaue diese miesen Spielchen, so dumm bin ich nicht. Und ich werde mir das nicht ewig gefallen lassen. Wenn das nicht aufhört, dann muß ich mir einen neuen Wirkungskreis suchen. Und zwar in einem anderen Bankhaus, wo man mich und meine Fähigkeiten schätzt.«

      Josef Dirlinger war ratlos. Was mochte nur in seinen Mitarbeiter gefahren sein? War das nun Dummheit oder Dreistigkeit? Und was wollte Christian Farber mit diesem unpassenden Verhalten erreichen? So etwas hatte der erfahrene Banker noch nie erlebt. Aber er konnte diese Sache auch nicht einfach ignorieren. Er war schon mehr als großzügig gewesen. Nun schien es an der Zeit, Christian Farber mal seine Grenzen aufzuzeigen.

      »Nun, Herr Farber, es steht Ihnen jederzeit frei, zu kündigen, wenn es Ihnen hier nicht mehr paßt. Das ist Ihre Entscheidung.«

      Da wurde Christian doch blaß. »Soll das heißen, Sie werfen mich raus? Aber mit welcher Begründung?« stotterte er.

      »Ich werfe Sie nicht raus. Aber ich muß sie abmahnen. Wenn weiterhin solche Beschwerden kommen, dann wird das Konsequenzen haben, das sollten Sie sich vor Augen halten. Das war alles.«

      Wie benommen verließ der junge Mann das Chefzimmer. Plötzlich war er ernüchtert, bereute seine großspurigen Bemerkungen. Und er nahm sich vor, es in Zukunft besser zu machen. Allerdings hielten solche Vorsätze bei ihm nie lange an. Und nachdem er sich bald wieder über einen Kunden geärgert hatte, der meinte, nicht schnell genug bedient worden zu sein, verschlechterte sich Christians Laune beständig. Bis er schließlich nach Feierabend wütend die Bank verließ...

      Dr. Max Brinkmeier hatte am späten Nachmittag seine Sprechstunde beendet und unterhielt sich noch kurz mit Christel Brenner, der langjährigen Mitarbeiterin, die bereits für seinen Vater tätig gewesen war.

      »Die Milli ist ganz stolz wegen dem neuen Medikament«, ließ sie den Doktor wissen. »Sie meint, es sei extra für ihr Leiden entwickelt worden. Oh, mei, da wird Hochwürden was zu hören kriegen. Wenn die Milli schlechte Laune hat, ist’s arg. Aber der umgekehrte Fall kann auch auf die Nerven fallen...«

      Max mußte lachen. Als am Klingelstrang gezogen wurde, meinte er: »Kommt wohl doch noch ein Patient. Ich schau rasch nach.«

      Doch vor der Haustür stand kein Kranker, sondern Lukas Brinkmeier, Max’ Bruder, mit seiner Verlobten Tina Bader. Man begrüßte sich herzlich, Christel kam eben aus der Praxis und fing gleich ein Gespräch mit Tina an, die Krankenschwester war. Lukas stellte fest: »Ich freu mich, daß wir mal wieder alle zusammen einen Abend verbringen. Die Tina hat sich in letzter Zeit ja recht rar gemacht bei mir. Aber jetzt ist wieder alles im Lot, wennst verstehst, was ich meine...«

      Max nickte. Er wußte, daß sein Bruder

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