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überquerten sie die Grenze nach Colorado, und trabten eine endlos ansteigende Höhe hinan in das Land hinein, für dessen Anblick der Bandit Ed und seine Leute zweihundertvierzig Dollar verlangt hatten.

      Die beiden Reiter hatten den Gipfel der Anhöhe noch nicht erreicht, als sich im Osten hinter ihnen das erste Silbergrau des neuen Tages mit einem fernen Orangenschimmer über den Horizont schob.

      Donegan keuchte: »Halten Sie an, Earp. Ich kann nicht mehr!«

      »Hier können wir nicht lagern. Außerdem muß ich felsigen Grund haben.« Er wollte den Grenzjägern keine Fährte hinterlassen. Sicher würde die Bande ihm folgen, um sich für die erlittene Schlappe zu rächen.

      »Sie sind ein Büffel, Earp! Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt!«

      »Ja, das haben Sie!«

      »Ich kann nicht weiter!«

      »Wir müssen!«

      »Sie verdammter Hund hetzen mich zu Tode.«

      »Sie wollten doch gestern noch gerne sterben.«

      »Sie sind ein Büffel und bleiben einer! Zieht der Kerl da mit dem Nerv eines Höhlenbewohners durch halb Amerika. Ich muß ausruhen, schlafen. Kapieren Sie das denn nicht?«

      »Schon. Aber wir können uns jetzt keine Pause gönnen. Wir haben eine halbwilde Horde weißer Banditen hinter uns…«

      »... und vor uns womöglich Indianer!« unterbrach Donegan.

      »Nicht ausgeschlossen.«

      Donegan mußte voranreiten. Es ging bergauf, durch steinerne Schluchten, über glatte Plateaus, durch Kiefernwälder und dann wieder durch Felsschluchten.

      Donegan fragte sich immer wieder, woher der Marshal eigentlich den Weg kannte.

      Am Nachmittag sahen sie das Band eines Flusses in einer weiten Ebene schimmern.

      Es war der hier noch sehr schmale Republican River. Gegen Abend erreichten sie die Stadt Yuma.

      *

      Yuma war zu dieser Zeit der Mittelpunkt politischer Ereignisse. Ronald Henderson kämpfte in Washington um den Anschluß des Staates Colorado an die Union.

      Luc Bullabey war dagegen. Er war ein reichgewordener Pelztierjäger, der seinen Wohnsitz ausgerechnet in Yuma hatte. Und wer in Yuma gegen ihn war, der mußte auswandern.

      Von all diesen Dingen wußte Wyatt Earp nichts. Wie hätte es ihn auch interessieren sollen? Es waren so geringfügige Dinge, die im allgemeinen Run des Alltags unten im fernen Kansas gewiß niemanden interessierten. Da war plötzlich alles im reinen, man wußte, wohin man gehörte, und Schluß. Hier oben war das bedeutend anders. Bullabeys Anhänger machten die ganze Gegend nervös. Überall tauchten sie auf und warben für ihren Mann.

      Niemand wußte genau, was Luc Bullabey eigentlich wollte. Hatte er die Absicht, als Gouverneur zu kandidieren, wenn alles soweit war? Oder wollte er nur Hendersons Einfluß im Weißen Haus schmälern? War er ein guter oder ein schlechter Mensch?

      Das Verrückte war, daß es anscheinend nirgends Leute gab, die etwas gegen ihn gehabt hätten. Erst der große Wirbel, den er um sich machte, ließ die Menschen aufbegehren. So kam es denn hier und da zu Schlägereien und schließlich auch zu Schießereien.

      Con Hattaway, der Sheriff, hatte Mühe, bei seinen Schlichtungsversuchen nicht irgendeine Partei zu ergreifen. Das heißt, er durfte auf keinen Fall wagen, etwas gegen Bullabey zu sagen.

      *

      Die beiden Männer ritten in die breite Mainstreet ein, als die Nacht eben ihre ersten Schatten über das Land senkte.

      »Was gibt’s denn heute?« fragte Donegan kichernd. »Das ist ja das erstemal, daß Sie eine Stadt anlaufen, Earp. Wohl Sehnsucht nach einem hübschen Mädchen, was – he!«

      Wyatt antwortete nicht. Vor einem ­Store hielt er an. »Steigen Sie ab, Donegan!«

      Der Bandit stieg ab, und Wyatt fesselte ihm die Hände wieder zusammen. Das Ende des Stricks wickelte er sich selbst um das rechte Handgelenk. So steuerte er auf den Laden zu.

      Fünf hochgewachsene Männer mit breiten Schultern und schmalen Hüften standen vor der Theke. »Was ist, Holbers, alte Nebelkrähe, bist du nun für Luc, oder was ist los?«

      Der alte Händler stand mit ängstlichem Gesicht hinter der Theke und blickte die Männer an.

      »Los, sag, daß du für Luc bist!«

      »Ich habe nichts gegen Mr. Bullabey, Gents!«

      »Gents nennt er uns. Nicht schlecht! Los, Mac. Gib ihm eins auf die Nase, er sieht so kariert drein und macht ganz den Eindruck, daß er für Henderson ist!«

      Einer der Burschen wollte dem Alten einen Schlag ins Gesicht versetzen.

      In diesem Augenblick entdeckte der Händler Wyatt Earp und Jack Donegan. Im Halbdunkel des Raumes konnte er ihre Gestalten nicht genau erkennen und brüllte: »Hilfe, Gentlemen! Hilfe!«

      Die fünf wirbelten herum – und sahen den blinkenden Colt in der Faust des Marshals.

      »He, wer ist denn das? Das ist ja ein ganz scharfer. Wer hetzt denn einen Marshal auf brave Bürger?«

      »Parteigänger! Banditen seid ihr!« zeterte der Händler. »Marshal, nehmen Sie die Leute sofort fest. Ich verlange es! Es sind Halunken und Strauchdiebe. Sie machen die ganze Stadt unsicher. Bis vor einem Jahr waren sie als Soldaten in Fort Zuc. Dann hat Colonel Baker sie rausgeschmissen. Jetzt geistern sie hier herum und mimen in Politik! Es sind die Guilliam-Brüder.«

      Wyatt blickte die fünf Burschen der Reihe nach an. Es waren eckige, wilde, verwegene Gestalten mit harten Gesichtern und blanken Augen. Verbrecher? Wohl nicht; eher junge Leute, die keine Richtung fanden.

      Wyatt ließ den Colt ins Halfter gleiten. »Fünf so gut gebaute Brüder wollen einen alten Mann verprügeln? Hm!«

      Einer der Burschen maulte: »Was heißt verprügeln! Er hat was gegen Luc.«

      »Unsinn!« keifte der Händler. »Was interessiert mich euer Luc!«

      »Eben das ist es. Er interessiert sich nicht für Luc. Also ist er für Henderson…«

      »Eine messerscharfe Logik«, meinte Wyatt. »Kommt, Freunde, geht nach Hause und denkt noch mal drüber nach. Aber schnell!«

      Die Guilliams trollten sich aus dem Laden.

      Wyatt hatte einige wichtige Dinge für den weiteren Ritt gekauft und beabsichtigt, aus der Stadt zu reiten.

      Am Ortsausgang versperrten ihm plötzlich fünf Reiter den Weg.

      »Hallo, die Guilliam-Brüder!« rief Donegan.

      »Halt’s Maul!« zischte der Sprecher der Guilliams. »Wir haben es nur mit dem Marshal zu tun. Marshal, für wen sind Sie eigentlich? Es ist nur die einzige kleine Frage, die wir an Sie richten wollen.«

      »Das will ich euch sagen: Ich bin für Frieden, Ruhe und Ordnung!«

      Es blieb einen Augenblick still.

      Schließlich fragte der Mann: »Und was haben Sie gegen Bullabey?«

      Wyatt hätte lachen mögen, wenn die Lage im Augenblick nicht so bedrohlich gewesen wäre. Die Guilliams schreckten gewiß vor keiner Gewalttätigkeit zurück.

      »Wer sagt, daß ich etwas gegen Bullabey hätte, Mister? Ich komme aus Kansas und habe den Auftrag, diesen Mann hier nach Sheridan zu bringen. Und daran wird mich niemand hindern.«

      »Auch Bullabey nicht?«

      »Niemand!«

      »Los, Boys, macht Kleinholz aus ihm!«

      Wyatt hatte seinen Colt in der Hand. »Halt, Freunde – so klappt es nicht. Wenn ihr mir schon mit Gewalt etwas gegen euren Bullabey in den Mund legen wollt, so läuft das quer. Wir werden die Sache anders aushandeln.

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