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      »Ich habe eine Idee, wie wir ihn orten können«, sagte Tay, und riss Sun aus ihren Gedanken. Seine Finger flogen schon wieder über die Tastatur. »Cole hat mir erzählt, er, Fox und der dritte Warrior hätten im Königreich Ortungs-Chips implantiert bekommen. Hat Fox diesen Sender noch?«

      Als er Sun einen eindringlichen Blick zuwarf, zuckte sie mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«

      »Bei Cole saß er im Nacken. Ich sehe mal in Fox’ Krankenakte nach.« Tay tippte erneut blitzschnell etwas ein und murmelte dann: »Hier steht zumindest nicht drin, dass der Chip entfernt wurde.«

      Alle schauten nun gebannt zu ihm, als er weiterhin vor sich hinmurmelte und dabei ohne Unterlass Befehle in den Computer gab.

      »Vor wenigen Wochen haben wir auf New World zum Schutz vor Eindringlingen überall Sender aufgestellt, die uns ungewöhnliche Bewegungen sofort mitteilen sollen. Da noch kein Alarm eingegangen ist, vermute ich, dass sich Fox immer noch in Küstennähe befindet.«

      Oder tot ist, dachte Sun, atemlos vor Angst um ihn, doch eine leise Stimme flüsterte ihr zu, dass er lebte. Er musste es einfach!

      »Ich kann die Empfängerleistung aber hochschrauben und Fox’ Implantat orten lassen. Muss dazu nur schnell ein kleines Programm schreiben.«

      Alle schwiegen, während Tay seine Arbeit verrichtete. Auf einem großen Monitor an der Wand erschien der Umriss der Insel, auf der New World City lag. Die etwa zwanzig roten, blinkenden Punkte darauf waren wohl die Sender. Aber plötzlich tauchte ein blauer Fleck auf, genau an der südwestlichen Umrisskante.

      Als Tay rief: »Hab ihn!«, zuckte Sun stark zusammen. »Er ist nicht einmal in der Nähe der Kuppel!«

      »Fox lebt also?«, fragte sie hoffnungsvoll und konnte den Blick nicht von dem blauen Punkt nehmen.

      »Sieht so aus.« Tay vergrößerte den Ausschnitt. »Er befindet sich gerade in dieser kleinen Bucht.«

      Hunter sprang von seinem Sitz auf. »Ich fliege! Wer ist noch auf Abruf verfügbar?«

      »Trax«, sagte Vigour. »Er hat sich für die Bereitschaft heute eingetragen.«

      »Den nehmen wir!«, rief Sun und erntete von den Männern verwunderte Blicke.

      »Hunter nickte. »Ich nehme Trax mit und …«

      »Mich!« Sie musste dabei sein!

      Sie musste wohl so verzweifelt aussehen, dass Vigour tatsächlich sagte: »Also gut, du bist nicht nur seine Therapeutin, sondern auch seine Gefährtin. Vielleicht irren wir uns ja und du kannst ihn überreden, sich festnehmen zu lassen. Sollte aber auch nur die geringste Gefahr von ihm ausgehen, habt ihr Schussfreigabe.«

      Sun musste mit allen Mitteln verhindern, dass ihn jemand umbrachte. Doch wie sollte ihr das gelingen, falls er sich weigerte, mit ihnen zu kommen?

      ***

      Fox hatte sich nach seinem Sprung aus dem Fenster die lange Stoffhose vom Körper gerissen und joggte nun, nur bekleidet mit seinen Shorts, den Strand entlang. Übermütig krallte er die Zehen in den feuchten Boden, um die Körnchen noch intensiver an seinen Fußsohlen zu fühlen. Zwischendurch bückte er sich schnell, nahm eine Handvoll trockenen Sand und ließ ihn durch die Finger rieseln. Der Ozean umspülte seine Knöchel und die Sonnenstrahlen prickelten herrlich auf seiner Haut. Er konnte wegen des grellen Lichts die Augen kaum aufhalten und sie tränten bereits, doch er wollte sie nicht schließen, nicht eine Sekunde lang. Fox konnte kaum glauben, dass er es bis hierhin geschafft hatte!

      In einer Bucht, die von hohen Klippen eingerahmt wurde, wagte er es, bis zum Bauchnabel ins Wasser zu rennen. Rückwärts ließ er sich fallen, wobei er sekundenlang untertauchte und die friedliche Stille genoss, die ihn umhüllte. Danach ließ er sich an der Oberfläche treiben wie ein Stück Holz, und eine große Welle spülte ihn zurück an den Strand. Fox blieb im feuchten Sand liegen und erfreute sich an dem Kitzeln, das der Schaum der Brandung auf seinem Körper verursachte. Dabei starrte er in den blauen Himmel, um ein paar Möwen zuzusehen, die über ihm ihre Kreise zogen. Er wusste nicht, wann er sich das letzte Mal so lebendig, so frei gefühlt hatte. Wahrscheinlich noch nie.

      Plötzlich verspürte er den Drang, sich das Leben zu nehmen, nicht mehr so stark wie noch vor Kurzem in seiner Zelle. Er könnte Tage oder Wochen in der freien Natur verbringen, allein, ohne andere Menschen.

      Warum schlich sich jetzt Sun in seine Gedanken? Weil er unter anderen Umständen mit ihr glücklich geworden wäre?

      Schnell verdrängte er diese Illusion. Sein beschissenes Leben war so, wie es war, und er sollte dankbar sein, dass er die Chance erhalten hatte, in Freiheit zu sterben. Sollten die Wachen ihn jetzt finden und erschießen, würde er dieses Schicksal akzeptieren.

      Ob die Wärter seinen Ausbruch bereits bemerkt hatten? Fox war nach Suns Begegnung voller zorniger Kraft gewesen, wütend auf sich selbst, weil er doch etwas zu heftig reagiert und sie in Panik versetzt hatte. Mit nur einem Ruck hatte er den gelockerten Gitterstab aus seiner Verankerung gerissen, sich ohne zu zögern durch den Spalt gezwängt und war gesprungen …

      Einen Funken Lebenswillen schien er allerdings noch zu besitzen oder vielleicht war es reiner Selbsterhaltungstrieb, der ihn zum Aufstehen drängte. Schwerfällig erhob er sich und marschierte weiter an den Klippen entlang, bis sie sich teilten und eine Passage in den Dschungel freigaben. Fox schlug diesen Weg ein, fuhr die Krallen aus und rannte in das dichte Grün. Er hatte schließlich noch etwas zu erledigen.

      Kapitel 6 – Schüsse

      Fest umklammerte Sun den Griff ihrer Machete und hielt sich dicht hinter Hunter und Trax. Die beiden schlichen mit gezogenen Pistolen voran durch den Dschungel; außerdem hatte jeder ein Gewehr über der Schulter hängen. Auch sie benutzten die großen Messer, um sich den Weg durch den Urwald freizuschlagen. Unaufhaltsam näherten sie sich Fox, weshalb sie jetzt nur noch Äste und Gestrüpp zur Seite bogen, um möglichst wenig Geräusche zu verursachen.

      Wenn es stimmte, dass er noch sensiblere Sinne besaß als gewöhnliche Warrior, hatte er sie wahrscheinlich längst bemerkt. Würde er davonlaufen? Oder sich auf sie stürzen? Sun hoffte inständig, dass keine Waffen zum Einsatz kamen. Sie würde es nicht ertragen, wenn Fox etwas zustieß!

      Sie schwitzte stark, denn im schwülheißen Dschungel, eingekesselt von den ganzen Pflanzen, schien die Luft zu stehen, kein Wind wehte. Erneut wünschte sie sich, ein knappes Amazonen-Outfit zu tragen – Bustier, Shorts und weiche Stiefel. Wenn sie jetzt ganz allein gewesen wäre, hätte sie sich das T-Shirt und die Hose vom Leib gerissen. Sie vermisste es, die Natur an ihrer Haut zu spüren, doch sie schämte sich, ihren verunstalteten Körper öffentlich zu zeigen. Sie wollte keine Mitleidsblicke auf sich ziehen und Aufmerksamkeit schon gar nicht.

      Hunter hatte das Shuttle weit genug weg von Fox’ Aufenthaltsort gelandet, der Sun als blinkender Punkt auf dem kleinen Computer angezeigt wurde, den sie am Handgelenk trug. Trax hatte ihr beim Herflug eine schnelle Einweisung auf das Handycom gegeben. Es würde ihr auch helfen, zum Shuttle zurückzufinden, falls sie sich verlief. Die anderen könnten sie darüber ebenfalls aufspüren, da es wie ein Peilsender funktionierte. Außerdem konnte Sun es als Funkgerät benutzen.

      Eine Schusswaffe durfte sie nicht mit sich führen, dafür aber die Machete. Kurz hatte sie überlegt, ob sie ihren Bogen mitnehmen sollte, doch wozu sollte sie diesen brauchen? Um auf Fox zu schießen? Bestimmt nicht, und er sollte nicht denken, dass sie sich von ihm bedroht fühlte. Sie spürte es in ihrem Herzen, dass er ihr niemals ein Leid zufügen würde.

      Sie atmete ein wenig auf, als sich der Dschungel lichtete und sie ein hohes Felsplateau erreichten. Vor und weit unter ihnen lag der Ozean, links und rechts ragten die Felsen noch weiter in die Höhe. Sie waren an den Klippen angekommen, die geschätzte fünfzig Meter bis zum Wasser abfielen. Hier leuchtete das Signal am stärksten auf, doch von Fox war nichts zu sehen. Hatte er sich von der hohen Plattform ins Meer gestürzt?

      Sun hörte unter sich die Wellen, die hart

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