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hungern lassen, damit das Schauspiel besonders blutig wurde.

      Als die Aufnahme abrupt endete, sprang Sun auf. Sie lief zum Papierkorb, der in einer Ecke des Raumes stand, und erbrach die Überreste ihres letzten Snacks.

      Hunter war sofort an ihrer Seite, um ihr eine Wasserflasche zu reichen. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst dir das nicht anschauen!«

      Hektisch nahm sie ein paar Schlucke, froh über das kühle Nass, das ihre zugeschnürte Kehle erfrischte. Oh Gott, sie hatte vom Hörensagen gewusst, was in der Todesarena passiert war. Aber jetzt alles selbst zu sehen, führte ihr erst das wahre Ausmaß dieser rohen Brutalität vor Augen. Nun, da Fox bei klarem Verstand war – wie sehr musste es ihn quälen, diese armen Seelen abgeschlachtet … sich an ihnen auf widerlichste und brutalste Weise vergangen zu haben?

      Wenn sich jetzt noch etwas mehr als ein paar Schlucke Wasser in ihrem Magen befunden hätte, würde sie sich ein weiteres Mal übergeben. Sie wischte sich über die feuchten Lider, straffte sich und blickte Hunter fest an. »Ich verstehe ihn plötzlich vollkommen. Auch warum er mich weggestoßen hat und wieso ich seine Angst gefühlt habe …« Er befürchtete, sein Biest könnte ihr eines Tages dasselbe antun, bloß deshalb hatte er sie angebrüllt! »Wie kann er nur mit dieser Bürde leben? Ich kann ihn jetzt unmöglich allein lassen, Hunter. Ich muss wieder zu ihm.«

      »Aber warum denn bloß, Sun? Ich verstehe dich nicht!«

      »Ich muss«, wisperte sie verzweifelt. »Er braucht mich. Fox ist mein … Gefährte.«

      »Was?« Keuchend stieß er die Luft aus. »Ach, du Scheiße!«

      Sie lachte wie eine Irre. »Ja, das habe ich zuerst auch gedacht. Ich habe dich angelogen, Hunter. Ich wollte, dass mich das Video so sehr abschreckt, dass ich ihn nie wieder sehen will!« Neue Tränen perlten über ihre Wangen, woraufhin er sie in die Arme zog. »Nun will ich ihm erst recht helfen, Hunter.«

      Jetzt war sie wohl tatsächlich verrückt geworden.

      Sie hätte Cole gerne mehr über die Biest-Geschichte ausgefragt und wie er nun damit umging. Er schien sich völlig unter Kontrolle zu haben, ansonsten würde er sich niemals frei bewegen und mit seiner Frau Mary und ihrer süßen Tochter zusammenleben dürfen. Leider konnte er nicht so oft hier sein, wie er wollte.

      Aber Sun war hier, und sie würde an Fox’ Seite stehen, bis es ihm besser ging.

      Er ist mein Gefährte, ich muss ihm helfen, dachte sie betrübt und ihr Herz verkrampfte sich. »Kannst du mich noch mal zu ihm bringen?«, bat sie Hunter. »Jetzt gleich?«

      Bevor er antworten konnte, wurde die Tür aufgerissen und ein schwarzhaariger Warrior streckte den Kopf herein. Es war Vigour. »Der Fuchs hat den Bau verlassen. Wir müssen einen Suchtrupp zusammenstellen!«

      »Was?«, rief Hunter, ließ sie los und stürmte in die Kommandozentrale.

      Kapitel 5 – Ein Monster auf der Flucht

      »Was ist passiert?«, fragte Sun und eilte Hunter hinterher in den Raum mit den zahlreichen Computern und Monitoren.

      Wer war der Fuchs? War das ein Codewort? Sie meinten doch wohl nicht … »Fox ist ausgebrochen?«

      Ihr Herz hämmerte wie verrückt, als sie sich neben Hunter stellte. Der hatte in einem leeren Sessel neben Vigour und Tay Platz genommen. Tay hämmerte in Blitzgeschwindigkeit auf seiner Tastatur herum und schien gar nicht mitzubekommen, dass sie überhaupt hier war. Als Computergenie der Einheit kannte er sich wie kein anderer mit all den Programmen aus. Er hatte damals auch das Königreich gefunden, und zwar über die Aufzeichnung, die Hunter ihr gerade vorgespielt hatte. Im Grunde verdankten es Cole und Fox dem Genie Tay, dass sie nun hier waren. Denn Steels Hauptquartier hatte es sich zur Aufgabe gemacht, global weitere Überlebende und vor allem größere Siedlungen aufzuspüren. Von hier aus konnten sie quasi die ganze Welt überblicken. Da sich Steel aktuell auf einer Mission befand, hatte Vigour das Kommando übernommen.

      »Wir haben eine Videoübertragung vom Gefängnis reinbekommen«, erklärte er.

      Gebannt starrte Sun auf einen der großen Monitore an der Wand. Sie erkannte darauf das verschwitzte Gesicht eines Wärters, der heute Mittag mit ihr zu der alten Militärbasis geflogen war.

      »Fox ist ausgebrochen!«, rief der Mann aufgeregt. »Aber er hat keinen verletzt. Ist einfach aus dem Fenster gesprungen! Wir haben leider erst bemerkt, dass er weg ist, als wir ihm Essen bringen wollten.«

      »Habt ihr ihn verfolgt?«, fragte Vigour – oder hatte gefragt, es war eine Aufzeichnung, die Sun gerade sah, wahrscheinlich aufgenommen worden, als sie sich mit Hunter das grausame Video angeschaut hatte.

      »Natürlich«, antwortete der Wärter mit empörten Unterton. »Aber seine Spuren verlieren sich am Strand. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Aber er hat uns einen Brief hinterlassen. In dem steht, dass wir ihm nicht folgen sollen. Er sagt, er will bloß seinen Frieden machen und in Freiheit sterben.«

      An dieser Stelle hielt Vigour die Übertragung an, und das letzte Wort des Wächters hallte wie ein böses Omen durch ihren Kopf. »Fox will sich umbringen!«, rief sie schockiert. »Oder … er hat es schon!«

      »Er ist garantiert nicht tot, Sun«, knurrte Hunter. »Eher befindet er sich auf einem blutigen Feldzug.«

      »Niemals«, wisperte sie unter Tränen. Ein kleiner Ninja zerhäckselte gerade mit seinem Schwert ihr Herz, zumindest fühlte es sich so an. Fox durfte nicht tot sein! Aber Hunters Vermutung durfte sich auch nicht bewahrheiten. »Du hast doch das Video gesehen. Er kann mit dieser Schuld nicht leben und ist ins Wasser gegangen!«

      »Ich habe in der alten Aufzeichnung nur ein völlig durchgeknalltes Biest gesehen. Und heute hat er dich angebrüllt!« Hunter drehte sich in seinem Sessel zu ihr; seine Miene war angespannt. »Du weißt gar nicht, was in ihm vorgeht. Vielleicht hat er dir und allen anderen nur was vorgespielt, um sein Gemetzel jetzt fortzusetzen!«

      Fassungslos schüttelte sie den Kopf. »Hast du mir vorhin nicht zugehört?« Am liebsten wollte sie ihn rütteln! »Ich weiß sehr wohl, was er gefühlt hat. Er ist mein Gefährte!«

      Schlagartig herrschte eisernes Schweigen in der Zentrale, alle Gesichter – sogar das von Tay – wandten sich ihr zu.

      »I-ich würde es spüren, wenn er tot wäre, oder?«, fragte sie mit zitternder Stimme in den Raum. Alle der hier anwesenden Krieger hatten bereits ihre Gefährtinnen gefunden. Sie mussten es schließlich wissen.

      Nach kurzem Zögern erklärte Hunter: »Ich habe keine Ahnung, ob eure Verbindung ohne Blutaustausch schon so stark ist.«

      Blut…austausch? Die grausamen Bilder, die sie gerade erst gesehen hatte, stiegen frisch vor ihrem geistigen Auge auf. Dann erinnerte sie sich aber an etwas, das sie von den Huntress aufgeschnappt hatte. Um das Band zwischen zwei Gefährten zu besiegeln, fügte man sich gegenseitig winzige Male zu, um ein paar Blutstropfen des Partners aufzunehmen. Um die intensive Bindung aufrechtzuerhalten, musste das Band regelmäßig erneuert werden.

      Sun erschauderte, weil sie an die Bisswunden dachte, die ihr die Wärter auf den Plantagen hinterlassen hatten. Sie schienen ganz gierig nach ihrem Blut gewesen zu sein.

      »Wir haben uns ja noch nicht mal berührt«, gestand sie Hunter leise.

      »Er ist garantiert nicht tot, Sun. Bestimmt ist er den Strand entlanggelaufen, um seine Spuren zu verwischen.«

      Vigour nickte resolut. »Ich habe schon den Befehl gegeben, die Schleusen in New World City dichtzumachen, damit er nicht in die Stadt gelangt. Nun müssen wir ihn nur noch aufspüren.«

      Sun hatte Fox’ Aussehen plötzlich überdeutlich vor Augen. Wie sich seine Armmuskeln gewölbt hatten, als er die Kette aus der Wand gerissen hatte, wie hart sein Bauch geworden war … Hatte sein Training nur dazu gedient, schnell zu alter Kraft zurückzufinden, damit er ausbrechen konnte, um sein Leben zu beenden? Oder weil er wieder töten wollte?

      Um sich umzubringen,

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