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nicht die sieben Blumen und preßte die Hand fest um die Stengel, um sie nicht zu verlieren.

      Sie konnten sich schwer von der märchenhaften Lichtung trennen, aber sie wußten, daß Christines Kinder auf sie warteten und sich sicher Sorgen machten. Eng umschlungen gingen sie den Waldweg zurück, und wieder begleitete sie der Gesang der Nachtigall, als wollte der kleine Vogel das glückliche Paar von nun an überallhin begleiten.

      Es war ganz dunkel geworden, als sie Christophs Auto erreichten. Sie konnten sich nur schwer trennen, als sie das Haus im Tulpenweg erreicht hatten. Immer wieder küßte er Christine leidenschaftlich, bis sie sich lächelnd von ihm löste und die Gartenpforte hinter sich schloß. Aber sie kehrte von selbst noch einmal um, und sie küßten einander ein letztes Mal über die Pforte hinweg. Seine dunklen Augen strahlten im Mondlicht. »Gute Nacht!« sagte er zärtlich. »Und träum’ was Schönes!« Sie winkte zum Abschied und deutete auf die Blumen, die sie in der Hand hielt. »Morgen komme ich, um dich nach deinem Traum zu fragen«, sagte er noch. Dann schlüpfte sie ins Haus.

      *

      Einen Augenblick lang stand Christine ganz still in der dunklen Diele. Ihr war schwindlig vor Glück. Es war, als wären Jahre seit dem gestrigen Abend vergangen. Im Haus war es stumm, offenbar hatte Onkel Heinrich die Kinder allein ins Bett gebracht.

      Christine ging nacheinander in die drei Kinderzimmer und blickte auf ihre kleinen Lieblinge, die fest schliefen. Sie drückte einen Kuß auf Julias braunen Schopf, auf Markus’ kleine Stupsnase und auf Florentines schlafrote Bäckchen, über die sich die blonden Locken kringelten. Dann huschte sie leise in ihr Zimmer und legte die Blumen unter ihr Kissen.

      Sie erwachte mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Die Blüten waren welk, aber immer noch schön, und sie dufteten nach der dämmrigen Waldlichtung. Von einem seltsamen Impuls getrieben, zog Christine ein schneeweißes, leichtes Sommerkleid mit schwingendem Rock und weiße Schuhe an. Ich sehe aus wie eine Braut, dachte sie, als sie in den Spiegel blickte.

      »Wo warst du gestern? Was ist passiert?« krakeelten die Kinder wild durcheinander, als sie ihre Mutter erblickten, und dann erschien auch Onkel Heinrich mit besorgter Miene. »Alles in Ordnung?« fragte er. »Wir haben uns Sorgen gemacht! Das Auto ist schon in der Werkstatt. Zum Glück kam die reizende Frau Falkenroth herüber und hat mich ein wenig beruhigt. Übrigens nenne ich sie jetzt Erika«, gestand er. »Weißt du, ich mache mir Hoffnungen, daß sie etwas an mir altem Mann finden könnte… Aber nun erzähl erst einmal, was passiert ist!«

      »Ihr laßt mich ja nicht zu Wort kommen.« Christine lächelte verträumt. »Später, ja?« Sie setzten sich an den Frühstückstisch, aber Christine rührte keinen Bissen an, sondern schien auf etwas zu warten. Als es klingelte, errötete sie wie ein junges Mädchen und eilte zur Tür.

      Christoph kam herein, halb verborgen hinter einem riesigen Blumenstrauß. Er wollte sie umarmen, aber schon stürmten die drei Kinder in die Diele und zogen Christoph ins Eßzimmer. Sie plapperten ununterbrochen auf ihn ein. »Jetzt hört mal zu, Kinder«, sagte er schließlich energisch. »Ich habe mit eurer Mutter etwas zu bereden. Spielt ein bißchen mit euren Hasen, ja?«

      Widerstrebend standen die drei auf, aber sie akzeptierten seine Autorität und marschierten in den Garten, um Klee für Caesar und Püppi zu suchen. Onkel Heinrich blickte überrascht zwischen den beiden jungen Leuten hin und her. »Ich gehe mal zu Ihrer Frau Mutter, Herr Falkenroth«, sagte er dann und verschwand ebenfalls in Richtung Garten.

      Kaum waren die beiden allein, fielen sie einander in die Arme und küßten sich. »Endlich«, murmelte Christoph. »Wir haben schon wieder so viele Stunden nachzuholen!« Er streichelte ihre Wangen und ihren Nacken und sah sie voller Bewunderung an. »Ich dachte, es sei nicht möglich – aber du bist über Nacht tatsächlich noch ein bißchen schöner geworden!« Dann zog er eine winzige Schatulle aus rotem Saffianleder aus der Tasche und gab sie ihr. Einen winzigen Augenblick lang durchzuckte sie die Erinnerung an die häßliche Brosche, die ihr Sven an jenem Wochenende geschenkt hatte. Aber dann schüttelte sie

      energisch den Kopf, um den Gedanken zu vertreiben. Mit bebenden Händen öffnete sie die Schatulle. Ihr stockte der Atem. Vor ihr lag ein altmodisch geformter, mit funkelnden Diamanten besetzter Ring. Sprachlos blickte sie Christoph an.

      »Das ist der Verlobungsring meiner Mutter«, erklärte er. »In unserer Familie wird er immer dann weiter vererbt, wenn der älteste Sohn die Frau gefunden hat, mit der er sein Leben verbringen möchte. Christine, ich liebe dich mehr als alles auf der Welt. Willst du mich heiraten?«

      Tränen des Glücks traten ihr in die Augen, aber sie schlug die Wimpern nicht nieder, sondern blickte ihn voller Liebe an. »Ja«, sagte sie aus tiefstem Herzen.

      Er küßte sie sanft auf den Mund. »Darf ich dir den Ring anstecken?« Christine blickte auf ihre Hand. Der Ring paßte wie angegossen auf den schlanken Ringfinger.

      »Ich bin so unbeschreiblich glücklich!« Und sie fiel ihm um den Hals. »Was ich heute nacht geträumt habe, ist in Erfüllung gegangen.«

      Eng umschlungen gingen sie hinaus in den blühenden Garten, um es den Kindern zu sagen. Schon von weitem sahen sie die drei im Gras hocken. Caesar

      fraß Klee aus Julias Hand, und Florentine hatte Püppi auf den Schoß genommen und streichelte ihn.

      Als die Kinder ihre Mutter und Christoph sahen, rannten sie ihnen entgegen. »Es gibt eine große Neuigkeit«, sagte Christine mit klopfendem Herzen und überlegte, ob sie die Kinder sanft auf dieses dramatische Ereignis vorbereiten mußte. Aber schon sagte Christoph mit fester Stimme: »Eure Mami und ich werden heiraten.«

      Ein wenig ängstlich blickte Christine in die drei kleinen Gesichter. Aber Julia, Markus und Florentine waren kein bißchen erschrocken. Sie schrien »Hurra«, faßten sich bei den Händen und tanzten mit lautem Indianergeheul um das Paar herum. Die beiden lachten glücklich und umarmten die Kinder.

      Von dem Garten der alten Villa aus näherte sich ein anderes Paar. Als sie den fröhlichen Tumult sahen, faßten sie einander unwillkürlich bei den Händen und lächelten sich an. Auch diese beiden hatten sich gefunden, und beide spürten es, obwohl sie es noch nicht ausgesprochen hatten.

      »Herzlichen Glückwunsch, liebes Nichtchen!« Onkel Heinrich nahm Christine in die Arme und konnte seine Rührung nur mühsam verbergen. Erika Falkenroth umarmte ihren Sohn und dann mit derselben Herzlichkeit auch ihre zukünftige Schwiegertochter. »Ich war klüger als Christoph«, sagte sie lachend. »Schon im ersten Moment, als ich dich gesehen hatte, wußte ich, daß du ihn aus seiner Junggesellenklause locken würdest.«

      Der Nachmittag verging mit Pläneschmieden. Christoph konnte seine Universität gut von hier aus erreichen. Er und Christine beschlossen, die alte Villa von Grund auf renovieren zu lassen und dort einzuziehen. »Dort ist nämlich viel mehr Platz«, erklärte Christoph. »Und wer weiß, ob wir nicht irgendwann ein Kinderzimmer mehr brauchen?« Christine errötete und lächelte glücklich.

      »Aber was soll nach dem Umzug mit meinem Haus geschehen?« fragte sie. Onkel Heinrich räusperte sich. »Nun, ich habe mich schon lange nach einem echten Heim gesehnt… und wenn auch ich noch mal von dem elenden Leben eines alten Hagestolzes erlöst werden sollte… nun, vielleicht findet sich für das Haus noch Verwendung.« Er blickte zu Erika Falkenroth, und die beiden lächelten einander zu wie zwei Verschwörer.

      Im Keller der Villa fanden sich mehrere Flaschen Veuve Cliquot, und Heinrich und Erika stießen auf das junge Paar an und wünschten ihnen Glück. Auch die Kinder durften mittrinken, sogar Florentine nahm einen Schluck und mußte niesen. Heimlich gab sie dem Kater Murr ihren Champagner, der noch heftiger nieste und sich unter der Chaiselongue versteckte.

      Am Abend stahlen Christoph und Christine sich von ihrer fröhlichen, aufgeregten Familie davon, um ein paar Augenblicke miteinander allein zu sein. Sie schlenderten durch die stillen Vorortstraßen und sahen einander verliebt in die Augen.

      »Meine Mutter irrt sich übrigens«, meinte er zärtlich. »Ich habe nämlich schon in dem Augenblick, als ich dich zum erstenmal sah, gefühlt, daß du etwas ganz Besonderes bist.«

      »Und

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