Скачать книгу

dir mal diesen Scinders an“, sagte er. „Der Kerl rührt keinen Finger, und die Leute, die sich um ihn geschart haben, ebenfalls nicht. Sie tun so, als ginge sie das alles nichts an.“

      „Wir sollten uns die Gesichter von den Kerlen merken. Auf diese Burschen müssen wir ganz besonders achten. Ich fühle, daß sie geradezu auf eine Gelegenheit warten, um uns eins auszuwischen.“

      „Die Gelegenheit werden wir zu verhindern wissen, Shane.“ Hasard drehte sich zu Carberry um, der mit Tucker zusammen gerade dabei war, eine Talje am Stamm der Palme anzuschlagen. Zusammen mit zwei weiteren würde das einen sehr wirksamen Flaschenzug geben.

      „Glaubst du, der Stamm hält, Ed?“ fragte der Seewolf.

      „Der hält“, versicherte der Profos. „Er wird sich etwas nach vorn biegen, aber brechen wird er nicht.“

      „Gut, dann drehen wir das Schiff noch etwas und bringen den Stockanker aus, bevor wir mit der Krängung beginnen.“

      „Das werden wir heute nicht mehr ganz schaffen“, meinte der hünenhafte Schiffszimmermann. „Taljen und Blöcke können wir noch anschlagen, das Schiff ausrichten und den Anker aussetzen. Bis dahin kann ich gerade noch die Schäden inspizieren, dann wird es dunkel.“

      Das erste provisorische Zelt stand bereits. Direkt daran wurde das andere gebaut, das allen Seewölfen Unterkunft gab.

      Die Arbeiten liefen unvermindert weiter, und wo etwas nicht klappte, da trieb der narbengesichtige Profos die Männer an und versprach ihnen zum wiederholten Male, daß er ihnen die Haut in Streifen von den verdammten Affenärschen ziehen würde.

      Aber die Männer grinsten nur noch. Es gab niemanden an Bord, der sich über Carberrys Lieblingsspruch noch aufregte oder ihn ernst nahm. So zernarbt, wild und muskulös der Profos auch aussah, unter seiner rauhen Schale verbarg sich ein weiches Herz und im Grunde genommen war ihm Gewalt zuwider.

      Zwischen den schuftenden Männern flitzte der Affe umher. Hier war er in seinem Element, hier konnte er von einer Palme zur anderen jagen, daran hochklettern und die Engländer mit Kokosnüssen bewerfen.

      „So, wir können anfangen, Leute!“ rief der Profos. „Zuerst vorn und achtern Taue an Land und sie erst festmachen, wenn ich das Kommando dazu gebe.“

      Dazu wurden nur ein paar Männer benötigt. Die Taue wurden an Pollern belegt, die anderen Enden wurden lose um zwei Palmen geschlungen.

      „Anker auf!“ Das nächste Kommando.

      Am Spill wurde geschuftet. Die Männer stemmten sich gegen die Spillspaken und liefen in der Runde, bis sich das Ankertau straffte und aus dem Wasser brach.

      „Nachfieren!“ brüllte der Profos zum Land hinüber, denn die „Isabella“ zog sich an ihrem eigenen Anker in Richtung Meer hinaus.

      „Auf, auf, ihr Lahmärsche, wollt ihr euch wohl in die Spaken legen, ihr gottverdammten Himmelhunde! Nachfieren, ihr lausigen Hurenbökke, noch mehr Lose!“

      Jetzt lag die „Isabella“ parallel zum Strand und drängte von ihm weg, je mehr sich das Spill drehte.

      Der Profos schrie und brüllte, und je mehr er schrie, desto verwegener grinsten die harten Kerle. Jetzt waren auch sie wieder in ihrem Element und zeigten, daß sie außer Saufen, Prügeln und Fechten auch harte Knochenarbeit verrichten konnten.

      „Ein Lied!“ schrie Blacky, der sich gegen die Spake stemmte.

      Und alle am Ankerspill grölten begeistert los.

      „Fünfzehn Mann auf des toten Mann’s Kasten,

      johoho, und ’ne Buddel Rum!“

      Die Engländer schauten verblüfft herüber. Noch hatte sich keine Hand zur Hilfe angeboten, aber noch waren sie auch damit beschäftigt, ihre Unterkünfte zu bauen und die Karavelle zu entladen.

      Blacky stimmte schon wieder das nächste Lied an, und die rauhen Seemannskehlen fielen ein:

      „Wir fuhren im Sturm durch die Südsee,

      die Nacht war pechschwarz wie Teer,

      es war zwischen Cuba und Caicos,

      der Teufel war hinter uns her!“

      Endlich kam der Anker auf. Tropfend hing er an der straff gespannten Trosse.

      Hasard, Dan, Tucker, Smoky und Matt Davies standen unter dem Bug im Boot, mit dem der Anker weiter in Richtung See ausgebracht werden sollte.

      „Abfieren, vorsichtig abfieren!“ brüllte der Profos weiter. „Singt, ihr Helden, und legt euch in die Spaken! Wenn der Anker ins Boot fällt, hänge ich euch alle an die Großrah zum Trocknen, aber am Hals!“

      Zum Glück hatte das Lied noch ein paar Strophen, und so fiel der ganze Chor begeistert ein, während sich das Spill langsam drehte.

      „Wir gingen wie wilde Gespenster,

      in Plymouth an Land ohne Paß,

      zerschlugen beim Plymson die Fenster,

      und soffen den Whisky vom Faß!“

      Vorsichtig hievten sie den Anker ins Boot, das bedenklich ins Schaukeln geriet, aber es ging glatt.

      Tucker ruderte los. Seine mächtigen Muskeln spielten an den Oberarmen, während hinter ihnen das Ankertau langsam abfierte.

      Der Seewolf gab kaum ein Kommando. Jeder kannte seine Arbeit, jeder einzelne wußte, wo er zupakken mußte, und jeder hatte seinen Handgriff schon tausendmal geübt.

      Hundertfünfzig Yards weiter draußen klatschte der Anker in die See. Das Boot sprang wie ein Delphin aus dem Wasser, und Dan O’Flynn wurde wie von einem Katapult abgefeuert, weil er eine Sekunde lang nicht aufgepaßt hatte, als das Gewicht ausgetrimmt wurde.

      Er landete in weitem Bogen im Meer, tauchte wieder auf und fluchte wie ein Rohrspatz, als er auf das Boot zuschwamm und sich an Bord zog.

      An Land wurde die Galeone jetzt Hand über Hand herangezogen, bis sie Grundberührung hatte. Gleichzeitig fierte das Ankertau weiter nach. Der gleiche Vorgang wiederholte sich, nur umgekehrt. Wenn das Schiff jetzt gekrängt war und festsaß, konnten sie es jederzeit mit Hilfe des Ankers wieder vom Grund ziehen.

      Die Männer stiegen an Land. Am Strand sah es aus, als hätte ein Taifun gewütet. Ein wüstes Durcheinander von Tauen, Blöcken, Taljen und Seilen herrschte.

      Tucker, Carberry und Old Shane schufteten verbissen weiter. Bevor es dunkel wurde, wollten sie den größten Teil der Arbeit hinter sich gebracht haben. Der Schweiß lief ihnen über die Körper, ab und zu wurde eine kleine Pause eingelegt, und dann gab es eine halbe Ration Rum für jedermann.

      Die Stimmung war gut, fand Hasard. Jeder gab das Beste, niemand drückte sich vor der Arbeit, wie es bei den Engländern der Fall war, hauptsächlich bei Scinders und seinen Mitverschworenen, die immer noch keinen Handschlag taten.

      Um Groß- und Fockmast wurden starke Taue geschlungen, die im spitzen Winkel aufeinander zuliefen. Zehn Yards vor dem Schiff trafen sie zusammen, ein schwerer Block hielt sie, von dem ein einzelnes Tau weiter an Land zu den anderen Taljen führte.

      Hasard wollte das Risiko nicht eingehen, die Galeone nur über einen Mast zu krängen. Die „Isabella“ hatte überhohe Masten, und die Beanspruchung wäre zu stark gewesen.

      So aber verkleinerte sich das Risiko, daß einer der Masten brach.

      Bis die Taljen und Blöcke saßen und einen funktionstüchtigen Flaschenzug bildeten, vergingen mehrere Stunden.

      Kurz vor Anbruch der Dämmerung erschienen fünf Engländer. Sie nickten anerkennend, als sie sahen, wie geschickt die Seewölfe ihre Galeone placiert hatten, damit sie am nächsten Tag gekrängt werden sollte.

      „Können wir helfen?“ fragte einer der Soldaten. „Sir Nottingham hat uns abkommandiert, wir sind frei.“

      Der Seewolf nickte. So ganz traute er den Brüdern

Скачать книгу