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finde ich den?«

      »Ich kann’s nur inoffiziell tun. Ich werde Ihnen eine Telefonnummer geben. Ein gewisser Li Wang wird sich melden. Sagen Sie ihm, was vorliegt?«

      »Kann man sich auf ihn verlassen?« wollte Mike Rander wissen.

      »Da überfragen Sie mich, Rander. Er ist gerissen und verschlagen. Wenn er Tips liefert, dann nur, um seine eigenen Fäden zu spinnen. Versuchen Sie’s mit ihm, aber seien Sie auf der Hut.«

      Inspektor McParish erinnerte sich, daß er eine Order gegeben hatte. Er drückte noch mal die Taste der Sprechanlage und fragte nach der sichergestellten Aktentasche des ermordeten Larry Croften. Im gleichen Moment klopfte es an der Tür, und ein uniformierter Beamter betrat den Raum. Er salutierte, ging zum Schreibtisch und beugte sich zum Inspektor hinunter. Er flüsterte ihm einige Worte ins Ohr.

      Das Gesicht von McParish färbte sich rot. Einen Moment lang sah er verlegen und etwas unglücklich aus. Doch dann räusperte er sich knapp.

      »Die Tasche ist aus dem Asservatenraum verschwunden«, sagte er zu Rander. »Daß uns das passieren muß! Einfach unglaublich!«

      »Darf ich Ihre Worte dahingehend interpretieren, daß die bewußte Aktentasche gestohlen worden ist?« schaltete sich Josuah Parker in die Unterhaltung ein.

      »Sie dürfen, verdammt noch einmal«, schimpfte McParish. »Ich finde einfach keine Worte …!«

      »Suchen Sie sie inzwischen«, meinte Anwalt Rander und stand auf. Er griff nach seinem Jackett. »Wir werden uns inzwischen um Miss Morefield kümmern. Sie erreichen uns im ›Queens‹. Wir werden hier auf der Insel wohnen.«

      »Drüben im Kowloon wohnen Sie aber besser.« McParish war nicht ganz bei der Sache. Der Diebstahl der Tasche saß ihm in den Knochen.

      »Hier auf der Insel hat Miss Morefield aber gewohnt. Wir wollen all ihren Schritten nachgehen, Inspektor. Falls wir auf eine Spur stoßen, werden wir Sie verständigen.«

      »Ich halte Ihnen die Daumen«, sagte McParish. »Sie werden sehr viel Glück brauchen. Sie ahnen ja nicht, was sich in dieser verrückten Stadt abspielt …«

      *

      Selbst Josuah Parker war beeindruckt. Und das wollte schon etwas heißen.

      Wanchai, die eigentliche Chinesenstadt der Insel Hongkong, glich einem aufgescheuchten, wimmelnden Ameisenhaufen. Scharen von Rikschahkulis mit ausgemergelten, alten Gesichtern trabten durch die engen, überfüllten Straßen. Lastenträger balancierten abenteuerlich Lasten an langen, schwankenden Bambusstangen durch das Gewühl. Das Geschrei der Warenausrufer, das Hupen der Autos und das irre Geklingel der Radfahrer peinigte die Ohren. Seidenfahnen mit chinesischen Schriftzeichen flatterten von Häusern, Geschäften und Lokalen bis fast zur Straße herunter. Es roch nach Fisch, nach seltsamen Gewürzen, nach Schweiß, nach Hunger, Armut, Leidenschaften und Gier. Wanchai, der Halbinsel Kowloon fast genau gegenüber gelegen, war ein riesiger brodelnder Topf, der überkochte.

      Doch nicht nur Parker war beeindruckt.

      Selbst die Chinesen, die ihre Neugier kaum zeigen, rätselten an diesem seltsam gekleideten Mann herum, der trotz der schwülen Hitze in korrektes Schwarz gekleidet war, der eine steife Melone trug und einen Regenschirm mit sich führte.

      Prüfende und mißtrauische Blicke aus schwarzen Jettaugen trafen den Butler, der aber nichts zu bemerken schien. Er war es schließlich gewohnt, daß er Aufsehen erregte.

      Anwalt Mike Rander und sein Butler waren auf dem Weg zu den Kassenschaltern der ›Victoria Bank of Hongkongs die an der Nahtstelle zwischen Wanchai und Victoria City lag. Von dieser Bank aus war das Morefield-Vermögen drüben in den Staaten bisher angezapft worden. Dort mußte Jane Morefield mehr als nur gut bekannt sein.

      Parker und sein junger Herr Mike Rander blieben auf der Connaught Road Central immer wieder stehen. Hinreißend war der Blick auf den Meeresarm, der Kowloon von der Insel Hongkong trennt. Nicht umsonst wird Hongkong von erfahrenen Kennern als die schönste Stadt der Welt bezeichnet.

      Im tiefen Fahrwasser ankerten Kriegsschiffe und Flugzeugträger Ihrer Majestät der Königin. Schnelle Fähren transportierten wahre Heerscharen von Menschen hinüber nach Kowloon und wieder zurück. Die vielen vorgelagerten kleinen Inseln und die Hafenbecken waren umsäumt und angefüllt mit Hausbooten und Dschunken. Auf Kowloon waren die schroff ansteigenden Berge deutlich zu erkennen. Nur wenige Meilen dahinter befand sich bereits der Bambusvorhang, hinter dem das rotchinesische Territorium beginnt.

      Die Räume der »Victoria Bank of Hongkong« waren im Erdgeschoß eines hohen Geschäftshauses aus Beton, Glas und Stahl untergebracht. Mike Rander ließ sich bei dem leitenden Manager anmelden. Sie brauchten nur wenige Minuten zu warten, bis sie zu ihm geführt wurden. Ein rundlicher Chinese mit sehr wachsamen Augen kam freundlich lächelnd auf Rander und Parker zu. Der Mann trug einen europäisch geschnittenen Anzug und stellte sich als Ty Hong vor. Höflich erkundigte er sich nach den Wünschen seiner Besucher.

      Mike Rander ging geradewegs auf sein Ziel zu. Er nannte seinen Namen, legitimierte sich und legte seine Vollmachten der Familie Morefield auf den Tisch.

      »Sie forschen nach Miss Morefield?« fragte Ty Hong erstaunt zurück. »Aber warum denn das?«

      »Es besteht der Verdacht, daß sie entführt worden ist und erpreßt wird«, gab Rander zurück.

      »Ausgeschlossen, Sir«, widersprach der Manager und schüttelte den Kopf. »Miss Morefield war erst vor knapp einer Stunde hier bei uns und hob zehntausend Dollar ab!«

      »Wie bitte?« Mike Rander sah den Bankmanager ungläubig an.

      »Es entspricht den Tatsachen. Ich habe selbst für Miss Morefield die Formalitäten erledigt. Sie erfreute sich bester Gesundheit.«

      »Sind Sie sicher, daß es Miss Morefield gewesen ist?«

      »Selbstverständlich. Daran besteht gar kein Zweifel.« Ty Hong sprach ein hartes, aber sehr gut zu verstehendes Englisch. »Ich kenne Miss Morefield seit drei Monaten. Seinerzeit habe ich mir alle Unterlagen und Papiere genau angesehen. Ich weiß, daß ich die ganze Zeit über mit Miss Morefield verhandelt habe.«

      »Sehr schön.« Mike Rander setzte sich. »Dann wissen Sie auch, wo wir Miss Morefield erreichen können?«

      »Ich werde Ihnen die Adresse geben. Schade, daß Sie nicht schon vor einer Stunde gekommen sind, Sie hätten sich dann sofort mit ihr in Verbindung setzen können.«

      Ty Hong griff nach einem Scheck, der vor ihm auf der Schreibunterlage lag. Er hielt ihn hoch und wies auf die Unterschrift. Er sagte:

      »Das hier ist Miss Morefields Handschrift. Und hier haben Sie auch ihre Adresse. Sie wohnt, warten Sie, an der Repulse-Bay, im Süden der Insel. Ganz in der Nähe des dortigen Country-Clubs.«

      »Werden wir das Haus finden?«

      »Natürlich. Aber ich mache Ihnen den Vorschlag, Miss Morefield doch anzurufen. Sie hat telefonischen Anschluß. Ich glaube, sie wird gegen Abend bestimmt wieder zu Hause sein. Wie sie mir sagte, wollte sie noch drüben in Kowloon Einkäufe machen.«

      »Wie ist die Telefonnummer?«

      Der Manager holte einen Zettel und schrieb Adresse und Telefonnummer nieder. Als er Rander den Zettel reichte, schüttelte er noch mal den Kopf.

      »Miss Morefield und erpreßt werden? Völlig ausgeschlossen, wenn Sie mich fragen.«

      »Wissen Sie, warum sie ihre Wohnung verlassen hat, ohne ihre neue Adresse anzugeben?«

      Ty Hong lächelte wissend.

      »Miss Morefield ist noch recht jung«, antwortete er. »Vielleicht hat sie eine Romanze. Wer kennt sich in den Herzen junger Frauen aus?«

      »Darf ich mir eine bescheidene Frage erlauben?« mischte sich Josuah Parker in die Unterhaltung ein. Dann, bevor er die Erlaubnis dazu bekam, redete er weiter: »Sprach Miss Morefield davon, daß sie den Besuch ihres Vermögens Verwalters erwartete?«

      »Nein«,

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