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nstagirl

      Annette Mierswa

      

      

      Inhalt

      Kapitel 1 – Auf einer einsamen …

      Kapitel 2 – Kim war eine …

      Kapitel 3 – Es fing mit …

      Kapitel 4 – In der Klasse …

      Kapitel 5 – Als ich mit …

      Kapitel 6 – Den Samstag verbrachte …

      Kapitel 7 – Als ich Hunger …

      Kapitel 8 – Den Sonntag verbrachte …

      Kapitel 9 – »Bitte?« Mama reagierte …

      Kapitel 10 – Am nächsten Tag …

      Kapitel 11 – Mama redete den …

      Kapitel 12 – Am nächsten Morgen …

      Kapitel 13 – Wir liefen um …

      Kapitel 14 – Kim fand meinen …

      Kapitel 15 – Auf Latifas Party …

      Kapitel 16 – Nachdem Mama die …

      Kapitel 17 – Als ich ein …

      Kapitel 18 – Als ich nach …

      Kapitel 19 – Die ersten zwei …

      Kapitel 20 – An einem Sonntag …

      Kapitel 21 – Am Montag ging …

      Kapitel 22 – In der S-Bahn …

      Kapitel 23 – Am nächsten Tag …

      Kapitel 24 – Am nächsten Tag …

      Kapitel 25 – »Hey, welch Überraschung.« …

      Kapitel 26 – »Was ist los?«, …

      Kapitel 27 – Während wir uns …

      Kapitel 28 – Später, als ich …

      Kapitel 29 – Ich betrat das …

      Kapitel 30 – »Isi, hey, ich …

      Kapitel 31 – Als ich wieder …

      Kapitel 32 – Am nächsten Morgen …

      Kapitel 33 – Selbst Mama war …

      Kapitel 34 – Am späten Nachmittag …

      Kapitel 35 – Am nächsten Vormittag …

      Kapitel 36 – Ich klopfte an …

      »Frei ist der Mensch, der in jedem Augenblick seines Lebens sich selbst zu folgen in der Lage ist.«

      Rudolf Steiner

      »Wir sind unsere Follower.«

      Yara

      1

      Auf einer einsamen Insel gibt es kein Echo. Auf einer virtuellen schon. Kim sagt immer, ohne Likes existierst du nicht. Und dafür brauchst du einen perfekten Körper. Gut, habe ich gesagt, dann zeig mir, wie das geht.

      2

      Kim war eine Erscheinung. Das sagte jedenfalls Lenny, als sie neu in unsere Klasse kam. Eine Erscheinung. Wahnsinn. Und das aus Lennys Mund, dem sonst nur Worte wie heiß oder geil einfielen. Wie ein besoffener Gockel ist er anfangs hinter ihr hergetigert, bis er kapiert hat, dass sie nichts von ihm wissen will. Sie wollte von niemandem etwas wissen, saß die Schulstunden ab, in ihren hautengen Markenjeans und High Heels, frischte in den Pausen ihr Make-up auf und machte Duckface-Selfies vor verkümmernden Topfpflanzen. Sie sah aus wie ein YouTube-Star, der in unserer Klasse gestrandet war und eine Strafe absaß. Ihre Augenbrauen waren professionell gezupft und sie hatte so einen speziellen Blick, stechend und hart. Der ging durch und durch. Man versuchte, ihr nicht in die Augen zu sehen, weil man befürchtete, dass sie sonst alles über einen wusste und es eines Tages gegen einen verwenden würde. Genau so fühlte sich das an. Gruselig.

      Ab und zu haute sie einen Satz heraus, wenn ein Lehrer es wagte, sie anzusprechen. Der Tomanek fragte sie mal in Musik, welcher Komponist die Brandenburgischen Konzerte verfasst hatte, und sie sagte: Die Klassik ist voller Arschlöcher. Dabei verzog sie keine Miene. Sie sagte es wie: Das war Bach, lieber Herr Tomanek. Wir hielten alle die Luft an, aber Tomanek bat sie nur freundlich, nach der Stunde zu ihm zu kommen. Wie eine zerbrechliche Vase hat er sie behandelt. Da habe ich zum ersten Mal gedacht, dass sie vielleicht Scheiße erlebt hat.

      In unserem Klassenchat war sie eine Art Karteileiche. Sie beteiligte sich nie, aber sie verließ die Gruppe auch nicht. Und das wäre uns allen lieber gewesen. Denn wir fühlten uns nicht mehr sicher. Ihr spezieller Draht zu den Lehrern, ihr Tussi-Getue und ihr abfälliges Desinteresse an allem brachten ’ne Menge Unruhe in unsere Gemeinschaft. Wir erwarteten jederzeit einen digitalen Faustschlag. Aber nichts passierte. Wir interessierten sie einfach nicht. Und das war dann ja eher ein Glück. Denn alle waren sich einig: Kim war eine tickende Bombe. Und schon rein äußerlich war sie das genaue Gegenteil von mir. Sie hatte langes glattes Haar, war größer als die meisten unserer Jungs und unglaublich dünn. Okay, ich war weder sehr klein noch dick. Ich war eher normal. Dazu meine rotblonden lockigen Haare und eine sehr helle Haut, die noch nie Make-up gesehen hatte. Ich schminkte mich nur dezent, genau wie Yara, meine beste Freundin, die neben mir saß und mit der ich alles teilte, auch den roten Lippenstift, den wir auf Partys trugen. Oder auf dem Dach. Denn meine Eltern fanden ihn zu nuttig. Himmel. Nuttig. Ein bisschen Lippenstift. Sie hätten mal Kim sehen sollen. Die hatte sogar schon ein Tattoo. Am Handgelenk, was wohl bedeutete, dass ihre Eltern sehr liberal waren. In unserer Klasse durfte das keiner. Nur Lenny hatte sich illegal was stechen lassen. Sah aber auch scheiße aus. Das Tattoo von Kim war ’n professionelles. Um einen Planeten mit Smokey Eyes und Kussmund schwebte eine Art goldener Saturnring, den seitlich eine Perle zierte. Darunter stand sehr klein Kim Galaxy. Sie ist nicht von dieser Welt, sagte Lenny schwärmerisch, als er es zum ersten Mal sah, und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Aber Kim sog nur langsam Luft durch die Nase ein und seufzte.

      Ab und zu hing sie mit Jungs aus der Oberstufe ab. Mit Mädchen habe ich sie nie gesehen. Bis zu jenem denkwürdigen Tag nach dem schönsten und schrecklichsten Wochenende meines Lebens. Da kam sie zu mir.

      3

      Es fing mit dem üblichen Irrsinn an: Meine Eltern stritten. Ich lag auf dem Dach neben der Luke zu meinem Zimmer und hatte den Kopfhörer auf den Ohren. 90 Dezibel. Das hatte Noise-Level angezeigt oder besser gesagt Battle-Level. So nannte ich die App, weil ich mit ihr vor allem den Streitpegel meiner Eltern maß. Jedenfalls reichten 90 Dezibel normalerweise, um meine Ruhe zu haben vor all dem, was um mich herum passierte. 90 Dezibel für eine heile Welt. Heute war mehr nötig. 100. Ich zog den Bügel auseinander.

      »Du bist so …«, schrie meine Mutter. Schnell ließ ich die Hörer wieder über die Ohren schnalzen. So lieb, dachte ich, so ein guter Papa, so … Etwas knallte zwischen die Bässe. Ich nahm den Kopfhörer ab.

      »NEIN«, schrie Papa. Dann Stille. Es war nur ein Nein, aber die Stille danach war lauter und schrecklicher als alle Schimpfwörter zuvor. Ich knallte die Dachluke zu und ließ mich zurück auf die Ziegel sinken. Sie waren noch ganz heiß, obwohl der Himmel schon verhangen war, eine rosa Wolldecke, angestrahlt von der untergehenden Sonne. Eigentlich der perfekte Hintergrund für ein Selfie. Aber mir schwante schon, dass ich mich an diesen Moment niemals erinnern wollen würde.

      Bing. Eine Sprachnachricht. Bin fertig. Soll ich noch kommen?

      Yara konnte immer kommen, egal wie spät es war. Bin auf dem Dach, antwortete ich. Yara schickte einen traurigen Smiley und einen Kussmund. Dachziegelblues? Zehn Minuten später kletterte sie über die Regenrinne und legte sich neben mich. Das war keine große Sache. Man musste nur auf eine Mülltonne steigen, dann auf den oberen Rand des Eingangstors, anschließend über die Balkonbrüstung und von da aus konnte man seitlich aufs Dach klettern. Wir hatten das schon hundertmal gemacht, einige Male auch nachts. Dann schaukelten wir im Dunkeln auf dem Spielplatz oder spähten bei Matteo, dem süßesten Jungen der Klasse,

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