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Campbell zusammengetroffen zu sein (»den ich«, sagte er, »so kühn sein will, jenen süßen Sänger unseres gelobten Landes Zion zu nennen«) – er schlug mir also vor, eine kurze Rast zu machen und die Nacht in seinem Hause zu schlafen, das ein wenig oberhalb von Kingairloch liege. Um die Wahrheit zu sagen, war ich überglücklich, denn ich hatte keine große Sehnsucht nach John von Clapmore; nach meinen beiden Mißgeschicken, erst mit dem Führer und dann mit dem Schiffer, hatte ich eine große Angst vor fremden Hochländern. So schlug ich ein, um das Geschäft abzuschließen und gelangte im Laufe des Nachmittags zu einem kleinen Haus, das einsam am Ufer des Linnhe-Lochs stand. Die Sonne war bereits hinter den öden Bergesketten von Ardpour verschwunden, aber beleuchtete noch die fernen Spitzen von Appin. Der Loch lag so still wie ein See, nur die Möven schrieen an den Ufern und der ganze Ort machte einen feierlichen und unheimlichen Eindruck.

      Sobald wir gegessen hatten (Suppe und Käse, war das Beste von des guten Mannes täglicher Kost), machte er ein ernstes Gesicht und sagte, er hätte eine Pflicht gegen Herrn Campbell zu erfüllen, und das wäre, sich um mein Seelenheil zu kümmern. Ich war geneigt, über ihn zu lächeln, aber er hatte noch nicht lange gesprochen, da stiegen mir die Tränen in die Augen. Es gibt zwei Dinge, deren die Menschen nie müde werden sollten: Güte und Demut. Wir finden niemals genug davon in dieser rohen Welt und unter kalten, stolzen Menschen; aber Herr Henderland führte ihr Wort im Munde. Und obwohl ich mir nicht wenig einbildete, ob all meiner Abenteuer, und daß ich sozusagen mit heiler Haut davon gekommen war, hatte er mich doch bald neben sich auf den Knien – neben einem armen, alten Mann – und ich war froh und stolz dort zu sein.

      Ehe wir zu Bett gingen, bot er mir Sixpence an, um mir auf dem Weg weiter zu helfen. Er nahm sie aus einem Geheimfach in der Mauer. Ich wußte nicht, was tun ob dieses Übermaßes von Güte. Aber er wurde zuletzt so ernst, daß ich es für höflicher erachtete, ihm seinen Willen zu tun, und ließ ihn solcherart ärmer zurück als ich selbst war.

      Kapitel XVII

       Rotfuchsens Tod

       Inhaltsverzeichnis

      Nächsten Tages fand mir Herr Henderland einen Mann, der ein eigenes Boot befaß und am selben Nachmittag noch den Linnhe-Loch übersetzen wollte, um in Appin zu fischen. Er brachte ihn dazu, mich mitzunehmen, es war einer von seiner Herde. So ersparte ich eine ganze Tagesreise und zwei andere Überfahrten, die ich sonst hätte bezahlen müssen.

      Gegen Mittag machten wir uns auf den Weg. Es war ein finsterer Tag, der Himmel stark bewölkt und die Sonne konnte nur stellenweise durchdringen. Das Meer war hier sehr tief und ruhig, kaum eine Welle war darauf zu sehen. Ich mußte das Wasser an meine Lippen führen, ehe ich glauben konnte, daß es wirklich salzig war. Die Berge an beiden Ufern waren kahl und steinig, und sahen im Schatten der Wolken schwarz und düster aus, nur dort, wo die Sonne hinschien, glitzerten kleine Bäche wie Silberbänder auf. Es schien mir seltsam, daß man dieses rauhe Land so lieben könne, wie Alan es tat.

      Endlich kamen wir, als wir in den Loch-Leven einfahren wollten, so nahe an die Landzunge heran, daß ich bat, ans Ufer gesetzt zu werden. Mein Bootsmann, der ein ehrlicher Kerl und seines Versprechens wohl eingedenk war, wollte mich bis nach Balashulis bringen. Aber da mich dies von meinem geheimen Bestimmungsort nur weiter entfernt hätte, bestand ich darauf und wurde ans Ufer gesetzt, und zwar unterhalb des Waldes von Lettermore, in Alans Lande Appin.

      Das war ein Birkenwald, der an einer steilen, felsigen Bergwand stand, die überhängend ins Meer ragte. Er hatte zahlreiche Lichtungen und farnbewachsene Abhänge. Mittendurch führte nord- und südwärts ein Weg oder Saumpfad, an dessen Rande ich mich neben einer Quelle niederließ, um ein Stück Brot, das ich von Herrn Henderland hatte, zu verzehren und meine Lage zu überdenken.

      Hier saß ich nun, nicht nur von einer Wolke Mücken bedrängt, sondern weit mehr noch von Zweifeln, die mein Herz bedrückten. Was ich tun sollte? Warum ich einem Geächteten, einem angeblichen Mörder, folgte? Ob ich nicht lieber wie ein vernünftiger Mensch handeln und in südlicher Richtung zurückwandern sollte? Und schließlich, was Herr Campbell oder sogar Herr Henderland von mir dächten, wenn sie jemals meine Torheiten erführen: dies waren die Zweifel, die mich nun stärker als je zuvor überkamen.

      Als ich so saß und überlegte, hörte ich Menschen und Pferde durch den Wald näherkommen und kurz darauf sah ich vier Reisende um eine Wegkrümmung einbiegen. Der Weg war dort eben so schlecht und schmal, daß sie einzeln gingen und die Pferde am Zügel führten. Der erste war ein großer, rothaariger Herr, von gebieterischer Mine, der seinen Hut in der Hand hielt und sich damit fächelte, denn es schien ihm glühend heiß zu sein. Den zweiten schätzte ich nach seiner schlichten, schwarzen Tracht und der weißen Perrücke richtig als Rechtsgelehrten ein. Der dritte war ein Diener. Sein Pferd hatte einen hübsch großen Mantelsack umgeschnallt und ein Netz voll Zitronen am Sattelbogen hängen (um Punsch zu brauen), wie dies bei vornehmen Reisenden in diesen Gegenden gebräuchlich war.

      Der vierte, der zuletzt kam, war, wie ich sogleich wußte, da ich seinesgleichen schon zuvor gesehen hatte, ein Gerichtsvollzieher.

      Kaum hatte ich diese Leute erblickt, entschloß ich mich kurz (ich wüßte heute den Grund nicht anzugeben), mein Abenteuer zu Ende zu führen, und als der erste herankam, erhob ich mich aus meinen Farnen und fragte ihn um den Weg nach Aucharn.

      Er blieb stehen und sah mich, wie es mir schien, ein wenig seltsam an. Dann wendete er sich an den Rechtsgelehrten: »Mungo,« sagte er, »mehr als einer hielte dies wohl zumindest für eine Warnung. Hier bin ich nun auf meinem Weg nach Duror, Ihr wißt wozu; und hier kommt plötzlich ein Bursche aus den Farnen hervor und spioniert, ob ich auf dem Weg nach Aucharn bin.«

      »Glenure«, sagte der andere, »das ist nicht zum Spassen.«

      »Und was suchst du in Aucharn?« fragte Colin Roy Campbell von Glenure, er, den sie den Rotfuchs nannten, denn er war es, den ich angehalten hatte.

      »Den Mann, der dort wohnt«, sagte ich.

      »James von Glens«, sagte Glenure nachdenklich und dann zum Rechtsgelehrten: »Glaubt Ihr, daß er seine Leute sammelt?«

      »Jedesfalls,« sagte jener, »täten wir besser daran, zu bleiben wo wir sind und hießen die Soldaten sich um uns sammeln.«

      »Wenn Ihr um meinetwillen beunruhigt seid,« sagte ich, »ich gehöre weder seinen noch Euren Leuten an, sondern ich bin ein ehrlicher Untertane König Georgs, der niemand fürchtet und niemandem etwas schuldig ist.«

      »Ja, ganz gut,« antwortete des Königs Bevollmächtigter. »Aber wenn ich so frei sein darf zu fragen, was tut der ehrliche Mann so weit von seinem Lande? Und wozu kommt er den Bruder Ardshiels aufzusuchen? Ich besitze hier Macht, muß ich dir sagen. Ich bin des Königs Bevollmächtigter über einige dieser Besitzungen hier und habe zwölf Abteilungen Soldaten hinter mir. Hättest du mich an irgend einem anderen Tag um den Weg nach James Stewarts Hause gefragt, ich hätte dir Bescheid gegeben und dir Glück auf den Weg gewünscht. Aber heute – eh Mungo?« und wieder wendete er sich diesem zu.

      Da, eben als er sich umdrehte, krachte weiter oben ein Schuß, und im selben Augenblicke fiel Glenure zu Boden.

       »Oh, ich bin tot!« rief er mehreremale hintereinander.

      Der Rechtsgelehrte hatte ihn aufgefangen und hielt ihn in seinen Armen, der Diener beugte sich über ihn und umklammerte seine Hände. Jetzt blickte der Verwundete mit stieren Augen von einem zum anderen und seine Stimme hatte sich so verändert, daß es einem zu Herzen ging.

      »Gebt auf Euch selbst acht,« sagte er, »ich bin tot.«

      Er versuchte sein Gewand zu öffnen, als wollte er nach seiner Wunde greifen, aber seine Finger glitten von den Knöpfen ab. Da tat er einen tiefen Seufzer, sein Kopf rollte auf seine Schulter und er verschied.

      Der Rechtsgelehrte sprach kein einziges Wort, sein Gesicht war so spitz wie eine Feder und so weiß wie das eines Toten. Der Diener brach in ein großes Geschrei aus und weinte wie ein Kind. Ich für mein Teil starrte voll Entsetzen auf sie nieder.

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