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Nack griff nach seiner Wachtmeisterlaterne und dem schwarzen Schlagstock, versuchte aufzustehen, aber mangels eines dritten Arms blieb ihm der Erfolg versagt.

      »Hm«, machte Greathouse wieder und betrachtete den Schaum, der auf dem Brandy trieb.

      »Na los, trinkt«, wiederholte Skelly. »Geht so geschmiert runter wie Scheiße, stimmt’s, Jungs?«

      Immerhin stimmte ihm niemand zu.

      Greathouse ließ den Becher los. Er starrte Skelly in die Augen. »Ich befürchte, Sir, dass der Durst mich verlassen hat. Entschuldigt die Störung. Ich möchte nur meine Münze wiederhaben, denn meine Lippen haben von Eurem … besten Tropfen nicht gekostet.«

      »Nein, Sir!« Das Lächeln verschwand, als hätte es jemand weg geohrfeigt. »Ihr habt den Brandy gekauft! Das Geld bleibt da, wo es ist!«

      »Aber ich habe keinerlei Zweifel daran, dass Ihr den Brandy zurück in die Flasche gießen könnt. Was Ihr sicher oft tut, wenn Eure Gäste ihre … Portionen nicht austrinken können. Und jetzt … werde ich mir nur mein Geld zurücknehmen, und dann gehen wir.« Er streckte die Hand nach der Kassette aus und Matthew sah Skellys rechte Schulter zucken. Die Hand des Wirts hatte die Axt hinterm Tresen gefunden.

      »Hudson!«, brüllte Matthew. Das Blut pochte ihm in den Schläfen.

      Aber Greathouse hielt nicht inne. Er starrte den Wirt an, lieferte sich einen Willenskampf mit ihm, während seine Hand sich der Kassette näherte und Skellys sich bereithielt, sie ihm am Handgelenk abzuschlagen.

      Ohne Eile griff Greathouse in die Geldkassette und ließ seine Finger auf den Kupfermünzen ruhen.

      Es war schwer zu sagen, was daraufhin genau passierte, denn es geschah so wild und schnell, dass es Matthew verschwommen und wie im Traum vorkam, als raubte der bloße Geruch des Brandys einem Mann die Sinne.

      Er sah die von Skellys Hand umklammerte Axt in die Höhe schießen. Sah das Lampenlicht an der Schneide reflektieren und hatte keinen Zweifel daran, dass Greathouse die morgige Fechtstunde würde ausfallen lassen müssen. Die Axt erreicht den Zenit, schwebte dort einen Sekundenbruchteil, während Skelly die Zähne zusammenbiss und die Muskeln anspannte, um das Beil durch Fleisch, Sehnen und Knochen fahren zu lassen.

      Aber an dieser Stelle verschwamm alles, denn der Axthieb blieb aus.

      Von der Tür her kam ein Geräusch wie von Satans kettenrasselnden Sündern. Matthew drehte den Kopf schnell genug, um zu sehen, wie Zed die Kette, die er gerade mit einem Sprung von einem Dachbalken gerissen hatte, einer Peitsche gleich durch die Luft schnellen ließ. Die leuchtende Lampe hing noch am Ende der geworfenen Kette, und als sie durch den Schankraum flog, wand sich die Kette nicht nur um Skellys erhobenen Arm, sondern die Lampe traf den Wirt hart genug an der Brust, um das Glas zu zersplittern. Sofort war offensichtlich, dass ein an Wachs gewöhntes blaues Laternenflämmchen sich über ein Mahl an New Yorker Dreck und Apfelbrandytropfen freuen konnte, denn mit greller Flamme fraß das Feuer sich durch Skellys Bart wie ein Hund durch einen Lammbraten. Tausend Funken wirbelten um Skellys Gesicht. Zed stemmte die Stiefel gegen die Bodenbretter und zerrte den Wirt mit einem Ruck über den Tresen, als landete er einen Wels in ein Ruderboot – nur dass ein Wels noch lange Barthaare hatte.

      Skelly knallte mit den Zähnen auf den Boden; möglicherweise eine Verschönerung seines Zahnbilds. Selbst mit dem Mund voller Blut behielt er die Axt fest im Griff. Zed zog ihn mit einem Handgriff nach dem anderen über den Boden. Krachend riss die Rückennaht von Zeds Anzugs über den anschwellenden Muskeln. Als Skelly vor ihm lag, beugte Zed sich zu ihm hinunter, riss ihm die Axt aus der Hand und warf sie mit der Leichtigkeit eines Kindes, das Kieselsteine wirft, an die nächste Wand, wo sie stecken blieb.

      Matthew schien es, dass manche Menschen dumm geboren waren: Es konnte keinen anderen Grund dafür geben, dass die beiden Dockarbeiter trotz des soeben Geschehenen Greathouse von hinten ansprangen.

      Fäuste flogen, Flüche ergossen sich von den Hafenarbeitern wie Wasserfälle, aber dann hatte Greathouse sie verächtlich abgeschüttelt. Statt sie niederzuschlagen, wie Matthew erwartet hatte, wich Greathouse ihnen aus. Sie trafen die große Fehlentscheidung, sich mit gebleckten Zähnen und benebelten Augen auf ihn zu stürzen.

      Sie waren noch keine zwei Schritte weit gekommen, als ein geworfener Tisch sie im Gesicht traf. Das Geräusch der brechenden Nasen war nicht unmusikalisch. Als sie zuckend zu Boden stürzten, erschauderte Matthew, denn er hatte den Luftzug von Zeds Bewegungen im Nacken gespürt – und er wollte von diesem Unwetter nicht getroffen werden.

      Skelly saß Blut spuckend und Flüche krächzend auf dem Boden, Baiter stand mit dem Rücken an der Wand und suchte nach einem Schlupfloch, durch das er entkommen konnte, Bonehead trank einen weiteren Schluck Brandy und betrachtete die Szene mit zusammengekniffenen Augen, während die schlampige Frau dastand und Zed Wörter zuwarf, bei denen selbst die Luft vor Scham rot anlief. Greathouse und Matthew sahen gleichzeitig, wie einer der Gentlemen hinten im Schankraum – der, dessen Nase beleidigt worden war – einen kurzen Degen aus seinem an einem Wandhaken baumelnden Gehrock zog.

      »Wenn sonst keiner den schwarzen Dreckskerl nach draußen befördert«, verkündete er mit vorgestrecktem Kinn, »dann erlaubt mir, ihn aufzuspießen!«

      Greathouse machte einen Schritt nach hinten. Matthew fand, dass jetzt definitiv der Zeitpunkt gekommen war, die relative Sicherheit der Straße aufzusuchen. Aber Greathouse gab keinerlei Anzeichen von sich, dass sie die Flucht ergreifen sollten. Stattdessen hatte er immer noch das aufreizende leichte Lächeln auf den Lippen.

      Als der Mann mit dem Degen sich näherte, warf Zed Greathouse einen Blick zu, in dem Matthew eine Frage wahrzunehmen meinte. Aber was es auch gewesen war, Greathouse ging nicht darauf ein. Dippen Nack hatte es auf die Beine geschafft und hielt den Schlagstock hoch, um seine Art von Gerechtigkeit walten zu lassen. Als er einen wankenden Schritt auf Zed zu machte, packte Greathouse ihn am Kragen, sah ihm ins Gesicht und schubste ihn wie ein unartiges Kind mit einem bestimmten »Nein!« in einen Stuhl. Nack versuchte nicht wieder aufzustehen – und das war auch besser so.

      Mit einem markerschütternden Aufschrei warf die Schlampe des Hauses einen Becher nach Zed, um ihm den Kopf zu spalten. Noch bevor das Wurfgeschoss sein Ziel erreichte, hatte Zed es schon mit einer Hand gefangen. Nach kurzem Zögern schmiss Zed dem Degenmann den Becher an die Stirn, woraufhin der Fechter wie in einen Sarg zu Boden fiel.

      »Mor! Mor!«, brüllte Skelly, offensichtlich in dem Versuch, Mord zu schreien. Allerdings war sein Mund dem Wort nicht gewachsen. Nichtsdestotrotz krauchte er wie eine stinkende Krabbe an Zed vorbei und aus der Tür hinaus auf die Wall Street: »Mor! Mor!«. Er hielt direkt auf das Cat’s Paw gegenüber zu.

      Bonehead Boskins nahm dies als Anlass zu handeln. Schneller, als man von einem Mann seiner Größe erwartet hätte, sprang er einen Schritt nach vorn und schüttete Zed den Rest seines Brandys in die Augen.

      Der Sklave gab einen kehligen Schmerzenslaut von sich und stolperte nach hinten, die Hände erhoben, um sich die Augen zu reiben. Daher sah er – im Gegenteil zu Matthew und Greathouse – den Messingschlagring nicht, den Bonehead aus der Tasche zog und flink über die Knöchel seiner rechten Faust streifte.

      Matthew reichte es. »Aufhören!«, schrie er und wollte sich neben Zed stellen, aber eine Hand packte ihn am Gehrock und zerrte ihn aus der Gefahrenzone.

      »Ihr bleibt, wo Ihr seid«, herrschte Greathouse ihn in einem Ton an, der besagte, dass Widerspruch zwecklos war.

      Als Baiter sah, dass der Brandy Zed die Sehkraft geraubt hatte, entdeckte er seinen Mut. Er warf sich auf Zed, schlug ihm auf den linken Wangenknochen und trat ihm derartig hart gegen das Schienbein, dass das Geräusch Matthew glauben ließ, der Knochen sei gebrochen. Plötzlich schossen zwei schwarze Hände vor. Irgendetwas riss lautstark und Baiter hatte den Großteil seines Hemds verloren. Fast wie nebenbei kam ein Ellbogen zum Einsatz, und die Stummelnase über Baiters gaffendem Mund platzte, dass das Blut zu den Lampen hochspritzte. Baiter greinte wie ein Säugling nach seiner Mutter und fiel zu Boden. Er krabbelte zu Bonehead und umschlang dessen Beine. Der jedoch brüllte: »Verpiss dich, Mann!«, und trat sich brutal frei. Zed

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