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war sehr stolz auf das kleine Schmuckstück, das sie heute zum Abschied vom großen Claus erhalten hatte. Es war nur traurig, daß es ein Abschiedsgeschenk war, und daß sie den großen Claus nun viele Wochen nicht mehr sehen würde. Ein schwacher Trost war der, daß er zu den Herbstferien wiederkommen und dann mit Pucki durch das raschelnde Laub wandern wollte.

      Rose bekam von Claus eine niedliche Perlenkette. Pucki betrachtete sie lange, zog dann den Freund zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr:

      »Hast du die Rose lieber als mich?«

      »Ich habe euch beide recht lieb.«

      »Ach – ich möchte aber, daß du mich ein ganz kleines bißchen mehr lieb hast.«

      Und Claus Gregor beugte sich nieder und tuschelte der Kleinen ins Ohr: »Pucki, dich habe ich am allerliebsten von allen den Mädchen, die in den Wald gekommen sind.«

      Die Augen des Kindes strahlten.

      »Das brauchst du aber keinem zu sagen, das ist unser Geheimnis.«

      »Au fein! Nun haben wir wieder mal ein Geheimnis. – Großer Claus, ich habe Geheimnisse furchtbar gern.«

      Es war ein schmerzlicher Augenblick, als Claus dem kleinen Mädchen zum Abschied die Hand reichte.

      »Leb wohl, Pucki, und wenn ich wiederkomme, frage ich dich, ob du in der Schule fleißig gelernt hast. Wir wollen nun um die Wette lernen. Willst du?«

      »Wenn du willst, daß ich lernen soll, dann lerne ich. – Ich muß jetzt schnell lesen lernen, damit die alte Großmutter reich und glücklich wird.«

      »Das ist recht, Pucki, dann freut sich der große Claus über dich. Und nun leb wohl.«

      Sie wollte noch ein Stück Weges mit ihm gehen, doch Claus wehrte ab. »Du bleibst im Garten bei Rose und winkst mir nur nach.«

      »Ach, großer Claus – –.« Pucki hatte Tränen in den Augen.

      »Leb wohl, Pucki.«

      Rasch schritt er aus. Beim Umwenden bemerkte er, daß Pucki mit beiden Ärmchen winkte. Da bog er schnell in den ersten Seitenpfad ein, um dem Kinde den Abschiedsschmerz zu verkürzen. Pucki stand jedoch noch lange am Gartenzaun. Endlich ging sie traurig ins Haus, lief in die Küche und sagte zu Minna: »Ach, ich bin so furchtbar traurig. Der große Claus ist weg – die Rose geht weg – oh, es ist schlimm!«

      »Ja«, sagte Minna, »Scheiden ist ein schweres Wort. Aber ich habe ein Mittel gegen deine Schmerzen.«

      »Was haste denn?« fragte Pucki sehr interessiert.

      »Wir haben soeben Krapfen gebacken. Willst du einen?«

      »Zwei, Minna, denn der Claus geht weg, und die Rose geht weg.«

      Sie bekam die zwei Krapfen, und das schwere Kinderherz wurde dadurch wesentlich erleichtert. – –

      In den letzten beiden Tagen, während welcher Rose noch im Forsthause weilte, bemühte Pucki sich nach Kräften, der kleinen Freundin recht viel Liebes zu erweisen.

      »Mutti, darf ich ihr etwas schenken? Der große Claus hat mir doch auch das Herzchen geschenkt.«

      »Gewiß, mein Kind, ein Andenken soll Rose mitnehmen. Wir geben ihr für ihre Mutter Lebensmittel mit, und du magst Rose eine Freude machen. Frage sie mal, was sie gern haben möchte.«

      Sofort lief Pucki zu Rose. »Ich will dir was schenken, was du gerne haben möchtest. Du sollst dich auch in deinem Hofe noch darüber freuen, wenn du keinen Wald mehr hast. – Was möchtest du denn haben?«

      »Ein bißchen Wald, ich möchte ein paar schöne, grüne Zweige mitnehmen dürfen.«

      »Ach, das kannst du!«

      »Und auch ein paar Blümchen.«

      »Ich möchte dir aber ganz was Schönes schenken. – Willst du eine Puppe von mir? Ich gebe sie dir gern, denn ich hab' dich lieb.«

      »Den Harras möchte ich auch mitnehmen.«

      »O – – nein, den Harras können wir dir nicht geben, der muß doch aufpassen, daß der Wald nicht brennt, er muß auch mit Vati in den Wald gehen, damit der Vati den Weg findet. Der Harras riecht das.«

      »Nein, Pucki, den Harras lasse ich dir hier, er würde krank werden, hätte er den großen Wald nicht mehr.«

      »Soll ich dir mein Kleidchen schenken?«

      »Das paßt mir doch nicht, Pucki.«

      »Ich möchte dir doch so gern was schenken«, sagte Pucki weinerlich, »was ganz Schönes.«

      Rose umarmte mit beinahe leidenschaftlicher Heftigkeit das kleine Försterkind. »Du sollst mich lieb behalten und deiner Mutti sagen, daß ich mal wieder zu euch in den Wald kommen darf. Das ist das Allerschönste, und dann möchte ich – – ja, das möchte ich gern – daß du zur alten Schmanzgroßmutter gehst und ihr bald was vorlesen kannst.«

      »Ja, Rose, ich gehe zur Schmanzgroßmutter, ich lerne an jedem Tag lesen.«

      »Mehr brauche ich nicht. Ich bin so froh hier gewesen, wie noch nie, das vergesse ich im ganzen Leben nicht mehr.«

      »Der Thusnelda habe ich meine Schuhe geschenkt, und dir darf ich nichts schenken. Der große Claus hat dir doch auch was geschenkt.«

      »Deine Mutti soll mich wiederkommen lassen, das ist das allerschönste Geschenk.«

      »Na gut«, meinte Pucki energisch. »Du kommst bald wieder, ich hole dich dann vom Bahnhofe ab. – Weißt du, du könntest auch im Winter kommen. Dann bauen wir einen großen Schneemann.«

      »Nein, Pucki, lieber im Sommer, wenn der Wald grün ist und die Vögel so schön singen, ich höre sie so gern.«

      »Oh, jetzt weiß ich, was ich dir schenke.« Pucki stürmte davon, und wenige Augenblicke später kehrte sie mit einer kleinen Trillerpfeife wieder. »Hier hast du sie, das ist genau so, als wenn ein Vogel singt. Der Vati wird sie mir schon geben. Damit ruft er nämlich den Harras. Aber ich schenke sie dir. Wenn du im finstern Hof darauf bläst, denken alle, die Vöglein singen. – So, die nimmst du mit.«

      Förster Sandler tauschte die Trillerpfeife tags darauf gegen eine kleine Vogelpfeife um, die er aus der Stadt mit heimbrachte. Das klang freilich, als zwitschere ein Vöglein sein lustiges Lied. Beglückt nahm Rose das Geschenk entgegen.

      »Ich werde immer an die lieben Vöglein hier im Walde denken.«

      An einem Sonnabend schlug die Trennungsstunde. An Sandlers, Niepels und überall, wo Ferienkinder untergebracht waren, war ein Schreiben gekommen, daß die Kinder am Sonnabend, vormittags elf Uhr, auf dem Bahnhofe zu Rahnsburg sein sollten, wo sie von der Transportleiterin in Empfang genommen werden würden. Niepels wollten mit dem Wagen beim Forsthause vorfahren, um Rose abzuholen und zur Stadt zu bringen. Frau Sandler und Pucki begleiteten selbstverständlich die kleine Freundin. In Roses kleinem Koffer steckten allerlei Geschenke und verschiedene Lebensmittel, denn man hatte erfahren, daß bei der Scheeleschen Familie große Not herrschte. Rose hatte sich über die Gaben nicht recht freuen können, denn zu groß war der Abschiedsschmerz. Und als nun der Wagen mit den Knaben und den vier Ferienkindern vorgefahren kam, als es hieß: einsteigen, waren Roses Augen so voller Tränen, daß sie nichts mehr erkennen konnte. Sie schluchzte am Halse des guten Onkels, sie umarmte Minna, ja sogar den treuen Harras, der zu wissen schien, daß die kleine Freundin nicht so bald wiederkäme. Traurig sah er sie an und bellte leise.

      Nun saß sie im Wagen. Roses Tränen tropften auf den großen Strauß Blumen, den sie in den Händen hielt. Am liebsten wäre sie wieder vom Wagen gesprungen.

      Von allen Seiten kamen die Ferienkinder herbei. Wer hätte in diesen rotwangigen Mädchen die blassen Kinder wiedererkannt, die vor fünf Wochen auf demselben Bahnsteige gestanden hatten und bangen Herzens in ihre Quartiere gegangen waren. Diese Ferienzeit war allen zu einem herrlichen Erlebnis geworden, war eine schöne Erinnerung, die sich nicht mehr auslöschen ließ.

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