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ist nicht mehr so einsam, und Sie können Ihrer Arbeit nachgehen, ohne sich um die Kinder sorgen zu müssen.« Dann wandte er sich Silvia zu. »Und wie fühlen Sie sich?«

      »Gerade habe ich mit meinem Mann darüber gesprochen«, gestand Silvia. »Ich habe entsetzliche Angst vor der Operation. Glauben Sie, daß da Narben bleiben?«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Darüber sollten Sie sich wirklich keine allzu großen Gedanken machen, Frau Burgner. Gerade eine Quadrantenresektion, wie sie bei Ihnen durchgeführt werden soll, verläuft meistens ohne merkliche Narbenbildung. Ihre Brust wird lediglich ein bißchen kleiner werden.«

      »Na siehst du«, meinte Richard.

      Silvia seufzte. »Das hat mir Dr. Scheibler auch schon gesagt, aber…« Sie zuckte die Schultern. »Es ist wahrscheinlich ganz normal, daß man vor einer Operation Angst hat, oder?«

      Dr. Daniel nickte. »Da haben Sie recht. Und ich kann Ihnen versichern, daß Sie bei Professor Thiersch in den besten Händen sind.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »So, ich muß wieder los. Ich habe hier noch eine andere Patientin, die ich besuchen muß.« Er gab Silvia die Hand. »Alles Gute für morgen, Frau Burgner. Und in ein paar Tagen sehen wir uns bei mir in der Praxis zur Nachuntersuchung.«

      Dr. Daniel verabschiedete sich auch von Richard Burgner, dann verließ er das Zimmer und eilte den Flur entlang. Auf halbem Weg kam ihm Professor Thiersch entgegen.

      »Und?« fragte Dr. Daniel sofort. »Was ist herausgekommen?«

      Doch Professor Thiersch ging gar nicht erst darauf ein. »Wie geht’s Frau Burgner?«

      Dr. Daniel war verwirrt. Das einzige, was ihn jetzt interessierte, war, ob Ahilleas als Spender geeignet wäre. Heute mittag war er auf dem Münchner Flughafen eingetroffen, und Dr. Daniel hatte es sich nicht nehmen lassen, ihn – natürlich in Inge Herzogs Begleitung – persönlich abzuholen.

      Natürlich hatte es für Ahilleas kein Zögern gegeben. Ohne viele Vorreden hatte er sich sofort bereit erklärt, seiner Schwester Knochenmark zu spenden.

      »Ich war nie sehr glücklich als Einzelkind«, hatte er gemeint. »Ich werde also alles tun, um mir meine Schwester zu erhalten.«

      »Ich habe gefragt, wie es Frau Burgner geht«, wiederholte Professor Thiersch hartnäckig.

      »Gut. Sie hat Angst vor der Operation, aber…« Er stockte, dann begehrte er auf. »Das ist im Moment doch völlig unwichtig. Ich will endlich wissen…«

      »Ich weiß genau, was Sie wissen wollen«, fiel Professor Thiersch ihm ins Wort. »Aber ich werde Sie schmoren lassen, mein lieber Daniel. Das ist die Strafe für Ihre Leichtfertigkeit, mit der Sie der Patientin Heilung versprochen haben.«

      »Herr Professor…«, begann Dr. Daniel bittend, doch der Chefarzt ließ nicht mit sich reden.

      »Kommen Sie mit«, verlangte er nur, steuerte aber nicht Leandras Zimmer an, sondern das von Silvia Burgner.

      »Tut mir leid, wenn ich störe«, meinte er, dann sah er die Patientin an. »Man sagte mir, daß Sie ein bißchen Angst haben.«

      Silvia errötete. »Nicht so schlimm, Herr Professor. Dr. Daniel hat mich schon beruhigt. Es…, es war nur wegen der…, der Narben.«

      »Ach so. Das sollte Ihnen aber der Stationsarzt schon erklärt haben.«

      Silvia nickte hastig. »Hat er auch, Herr Professor, aber…, nun ja…, wie soll ich sagen… Dr. Scheibler ist sehr nett, aber…«

      »Zu Ihrem Arzt haben Sie halt mehr Vertrauen.« Professor Thiersch nickte. »Verständlicherweise.« Er warf Dr. Daniel einen kurzen Blick zu, bevor er Silvia wieder anschaute. »Dr. Daniel ist ein guter Arzt – er hat bei mir gelernt.« Dann stand er auf und reichte Silvia die Hand. »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Burgner. Es kommt alles in Ordnung.«

      Er verließ das Zimmer. Dr. Daniel nickte dem Ehepaar Burgner kurz zu, bevor der dem Chefarzt folgte.

      »Was hatte das jetzt zu bedeuten?« wollte er wissen. »Dieser Besuch hier war doch völlig unnötig. Ich hatte die Patientin ja schon vorher beruhigt.«

      Der Professor nickte. »Weiß ich, aber ich will Sie zappeln lassen – so lange wie möglich.«

      Dr. Daniel seufzte. »Na schön, was haben Sie noch alles vor, ehe Sie mir das Ergebnis der Blutuntersuchung mitteilen?«

      Der Ansatz eines Lächelns huschte über Professor Thierschs Gesicht. »Gar nichts mehr. Wir gehen jetzt zu Frau Schütz, dann werden Sie von Ihrer Folter erlöst.«

      Inge Herzog, Ahilleas und auch Christian Schütz saßen bei Leandra am Bett, und Dr. Daniel konnte nur staunen, welche Veränderung innerhalb eines Tages mit dem jungen Mädchen vorgegangen war. Ihre Haut war zwar noch immer von fast durchscheinender Blässe, und sie mußte liegen, weil sie zu schwach war, um in aufrechter Position zu sitzen, aber ihre Augen leuchteten, und ein glückliches Lächeln lag auf ihrem Gesicht.

      Christian Schütz sprang auf, als er Dr. Daniel sah, und drückte ihm voller Herzlichkeit die, Hand. »Herr Doktor, ich danke Ihnen. Ich…, ich weiß nicht, was ich sagen soll…« Er senkte den Kopf. »Ich habe nicht mehr daran geglaubt.«

      Professor Thiersch unterbrach diese Szene.

      »Wir wollen nicht lange darum herumreden«, erklärte er in seiner strengen Art. »Die Blutproben haben gezeigt, daß Frau Herzog als Spenderin nicht in Frage kommt.« Er sah das Entsetzen auf Leandras Gesicht und hob eine Hand. »Langsam, langsam, kleine Frau, ich bin noch nicht fertig. Ab morgen werden wir Ihr gesamtes Knochenmark funktionsunfähig machen, und sobald das geschehen ist, kommt Ihr Bruder auf den Operationstisch. Sein Gewebetyp ist dem Ihren so ähnlich, daß man fast denken könnte, es wäre dasselbe.«

      In Leandras Augen leuchtete es auf. »Heißt das…, ich werde… gesund?«

      Professor Thiersch warf Dr. Daniel einen provozierenden Blick zu.

      »Für solche Prognosen ist der Kollege Daniel zuständig«, meinte er, dann nickte er allen Anwesenden knapp zu. »Einen schönen Sonntag noch.« Er war bereits an der Tür, da drehte er sich noch einmal um. »Frau Schütz, morgen früh werden wir Sie auf die Isolierstation verlegen, um einer möglichen Infektion vorzubeugen.«

      Damit verließ er das Zimmer endgültig.

      »Puh«, stöhnte Ahilleas auf. »Der hat aber eine ganz besondere Art, mit Menschen umzugehen.«

      Dr. Daniel lächelte. »So ruppig, wie er tut, ist er nicht, und das Wohl seiner Patienten liegt ihm sehr am Herzen, obwohl er es sich nicht anmerken läßt. Mit seinen Ärzten ist er allerdings entsetzlich streng. Das habe ich am eigenen Leibe erfahren. Ich habe meine Assistenzzeit hier an der Klinik absolviert, und ich kann Ihnen versichern, das waren zwei harte Jahre.«

      »Das glaube ich Ihnen unbesehen«, meinte Ahilleas, dann wandte er sich seiner Schwester zu und berührte sanft ihre Hand. »Wir beide werden also bald noch mehr sein als nur Geschwister.«

      Leandra nickte mit einem glücklichen Lächeln. »Ja, Ahilleas, durch dich darf ich weiterleben.«

      *

      Als Silvia Burgner aus der Narkose erwachte, stand Dr. Scheibler neben ihrem Bett.

      »Nun, wie fühlen Sie sich?« fragte er in freundlichem Ton.

      »Ich…, ich weiß nicht«, krächzte Silvia. Sie räusperte sich, doch ihre Stimme wurde deswegen nicht klarer. »Ich fühle mich…, ich weiß nicht.«

      Dr. Scheibler lächelte. »Das ist nicht gerade eine erschöpfende Auskunft. Ihre Stimme wird übrigens bald besser werden. Der rauhe Hals kommt von der Narkose. Aber die Operation ist gut verlaufen.«

      Dann wandte er sich um und rief eine Schwester heran.

      »Bringen Sie Frau Burgner auf die Station«, erklärte er.

      Mehr bekam Silvia nicht mehr mit. Ihre Augenlider wurden wieder schwer, und kurz darauf war sie fest

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