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geblieben und als die das Wasser eindringen sahen und dachten, das Schiff wäre gescheitert, fingen sie laut an zu brüllen, und zwar stießen sie so gellende Schreie aus, daß alle an Deck, einer nach dem anderen, in das Boot stürzten und über die Ruder herfielen. Sie waren keine zweihundert Ellen weit, als eine dritte große Welle kam. Die hob das Schiff glatt über das Riff, die Segel blähten sich einen Augenblick und es schien ihnen in voller Fahrt nachzujagen, sank aber fortwährend und plötzlich wurde es hinuntergezogen, hinunter, hinunter, als ob eine Hand es gefaßt hätte – und die Wogen schlossen sich über der Covenant von Dysart.

      Sie sprachen kein einziges Wort, während sie ans Ufer ruderten, noch betäubt von den entsetzlichen Schreien. Aber kaum hatten sie Fuß ans Land gesetzt, als Hoseason wie aus tiefen Gedanken erwachte, und ihnen befahl, Hand an Alan zu legen. Sie zögerten, als hätten sie wenig Lust zu der Sache, aber Hoseason war wie der Teufel und schrie, daß Alan allein stehe, daß er eine große Summe Geldes bei sich habe, daß er Schuld daran sei, daß das Schiff untergegangen und alle ihre Kameraden ertrunken seien, und daß man hier mit einem Schlage Rache und Reichtum träfe. Sie waren sieben gegen einen. Auch war kein Fels da, daß Alan sich hätte den Rücken decken können, und die Matrosen fingen an, sich zu verteilen und hinter ihn zu kommen.

      »Und da,« sagte Alan, »der kleine Mann mit dem roten Kopf – ich habe seinen Namen vergessen.«

       »Riach«, sagte ich.

      »Ah,« sagte Alan, »Riach! Also der war es, der für mich Partei ergriff und die Leute fragte, ob sie sich denn vor keiner Vergeltung fürchteten und rief er: ›Mein Gott, ich will dem Hochländer da selbst den Rücken decken!‹ Das ist kein so übler Kerl dieser kleine Mann mit dem roten Kopf,« sagte Alan. »Der hat noch einen Funken Anständigkeit im Leibe.«

      »Ja,« sagte ich, »er war in seiner Art auch zu mir gut.«

      »Und auch zu Alan,« sagte er, »und bei meiner Ehre, ich fand seine Art die richtige! Aber siehst du, David, der Untergang des Schiffes und das Schreien der armen Burschen drückten schwer auf den Mann, und ich glaube, das war der Grund.«

      »Ja, ich glaube auch,« sagte ich, »denn anfangs war er genau so gierig hinterher, wie die anderen. Aber wie nahm es Hoseason auf?«

      »Es kommt mir vor, daß er es sehr übel nahm«, sagte Alan. »Aber der kleine Mann rief mir zu, zu laufen, und ich fand, daß es wirklich ein guter Rat sei, und lief. Zuletzt sah ich noch, daß sie alle in einem Knäuel zusammensteckten wie Leute, die sich nicht gerade sehr gut vertragen.«

      »Was willst du damit sagen?« fragte ich.

      »Nun die Fäuste flogen,« sagte Alan »und einer ging nieder, sah ich, wie ein Sack. Aber ich dachte, es wäre besser, nicht zu warten. In diesem Teil der Insel Mull ist ein Strich der Campbells, weißt du, und das ist nicht eben die beste Gesellschaft für meinesgleichen. Wäre es nicht das gewesen, so hätte ich gewartet und mich selbst nach dir umgesehen und wäre dem kleinen Mann beigestanden.« (Es war komisch, wie Alan auf Herrn Riachs Gestalt versessen war, denn, um die Wahrheit zu sagen, der eine war nicht viel kleiner als der andere.) »So«, fuhr er fort, »machte ich mich, so schnell ich konnte, davon, und so oft mir einer begegnete, rief ich ihm zu, es läge ein Wrack am Ufer. Ja, Mensch, die blieben nicht stehen, um mich zu belästigen. Du hättest sehen sollen, wie die ans Ufer rannten, einer nach dem anderen! Und als sie hinkamen, fanden sie, daß sie das Vergnügen gehabt hatten, zu laufen, was für einen Campbell ganz gut ist. Ich glaube, es war eine Vergeltung an dem Clan, daß das Schiff in Bausch und Bogen unterging und nicht am Ufer scheiterte. Aber für dich wieder war es schlimm. Denn wäre irgendwo ein Wrack ans Ufer gekommen, so hätten sie weit und breit herum gejagt und hätten dich bald gefunden.«

      Kapitel XIX

       Das Haus des Schreckens

       Inhaltsverzeichnis

      Während wir wanderten, wurde es langsam Nacht, und die Wolken, die nachmittags aufgestiegen waren, wurden immer schwärzer, so daß es für diese Jahreszeit ganz außergewöhnlich dunkel war. Wir schritten über viele Berghänge, und obwohl Alan mit größter Sicherheit vorwärts führte, konnte ich unmöglich begreifen, wie er sich zurecht fand.

      Endlich gegen halb elf Uhr abends gelangten wir auf eine Höhe und konnten Lichter unter uns sehen. Ein Haustor schien offen zu stehen, so daß der Lichtschimmer des Herdfeuers und der Kerzen herausfiel. Rings um Haus und Scheune liefen fünf oder sechs Leute hin und her, die alle Lichter trugen.

      »James muß den Verstand verloren haben«, sagte Alan. »Stünden hier Soldaten statt unser, es gäbe eine schöne Bescherung! Aber wahrscheinlich hat er eine Wache auf der Straße aufgestellt und weiß genau, daß kein Soldat den Weg finden würde, den wir gekommen sind.«

      Dann pfiff er dreimal auf ganz besondere Art. Es war lustig zu sehen, wie beim ersten Pfiff alle Lichter stillstanden, als ob die Träger erschreckt wären und wie beim dritten das Durcheinanderlaufen von neuem begann.

      Nachdem wir die Leute so beruhigt hatten, gingen wir den Hang hinunter und wurden am Hofeingang von einem großen, hübschen Mann von über fünfzig Jahren empfangen, der Alan etwas in gälischer Sprache zurief.

      »James Stewart,« sagte Alan, »ich muß dich bitten schottisch zu reden, denn es ist hier ein junger Herr mit mir, der das andere nicht versteht. Das ist er,« fügte er hinzu und nahm mich unter den Arm, »ein junger Herr aus dem Flachland ein Gutsbesitzer, aber ich glaube, es ist besser für ihn, wenn wir seinen Namen nicht erwähnen.«

      James von Glens wandte sich einen Augenblick zu mir, begrüßte mich sehr höflich, und dann wendete er sich gleich wieder Alan zu.

      »Das ist ein schreckliches Unglück,« rief er, »das wird Unheil über das ganze Land bringen.« Und er rang die Hände.

      »Ta, ta«, sagte Alan. »Man muß das Böse mit dem Guten nehmen, mein Lieber. Colin Roy ist tot, und dafür müssen wir dankbar sein.«

      »Ja,« sagte James, »bei meiner Ehre, ich wollte, er wäre noch am Leben! Es ist ganz schön, vorher damit zu prahlen und groß zu tun, aber jetzt, wo es geschehen ist, Alan, auf wen wird die Schuld fallen? Die Tat geschah in Appin – merk es dir Alan – Appin wird dafür bezahlen müssen, und ich bin Familienvater.«

      Ich sah während dieses Gespräches den Knechten zu. Einige standen auf Leitern; sie durchstöberten das Strohdach des Hauses und der Scheune, und brachten Gewehre und Schwerter und verschiedenes Kriegsgerät hervor; andere schafften die Waffen fort und ich vermutete – den Hacken- und Spatenschlägen nach, die man von weiter unten hörte – daß man sie eingrub. Obwohl alle sehr fleißig bei der Arbeit waren, herrschte eigentlich keine Ordnung, weil keiner die Arbeit leitete. Sie zogen am selben Gewehr und liefen mit ihren brennenden Lichtern gegeneinander, und James drehte sich immer wieder um, während er mit Alan sprach, und rief ihnen Befehle zu, die sie anscheinend nie verstanden. Ihre Gesichter glichen beim flackernden Scheine der Lichter denen von Leuten, die sich in höchster Eile und Furcht befinden. Und obwohl sie alle nur im Flüstertöne sprachen, klangen ihre Reden ängstlich und ärgerlich zugleich.

      Da kam ein Mädchen aus dem Haus, das ein Bündel trug. Oft schon habe ich darüber gelächelt, wie Alans Instinkte bei dessen bloßem Anblick erwachten.

      »Was trägt das Mädel da?« fragte er.

      »Wir bringen nur das Haus in Ordnung, Alan«, sagte James verängstigt und erschreckt. »Sie werden ganz Appin durchsuchen und durchleuchten, und da müssen wir alles in Ordnung haben. Wir vergraben die paar Gewehre und Schwerter ins Moos, weißt du, und das da wird, glaube ich, deine eigene französische Uniform sein.«

      »Meine französische Uniform eingraben?« rief Alan. »Nein, wahrhaftig nicht!« Und er ergriff das Packet und zog sich in die Scheune zurück, um sich umzukleiden. Inzwischen empfahl er mich der Obhut seines Anverwandten.

      James führte mich hierauf in die Küche, setzte sich mit mir in den Tisch, und lächelte und redete anfangs höflich und freundlich. Aber

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