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in diesem übelriechenden Loch, in dem ich lag, und das Elend meiner Lage zog die Stunden unleidlich in die Länge. Wie lange ich daher dort gelegen sein mag, in der Erwartung, das Schiff an einem Felsen zersplittern zu hören oder zu spüren, wie es kopfüber in die Tiefe sänke – das vermag ich nicht zu sagen. Schlaf umfing mich endlich und raubte mir das Bewußtsein meiner Schmerzen und Sorgen.

      Ich erwachte vom Licht einer Handlaterne, das mir voll ins Gesicht fiel. Ein kleiner Mann um die dreißig, mit grünlichen Augen und wirrem, blonden Haar stand vor mir und sah mich an.

      »Nun,« sagte er, »wie geht's?«

      Ich antwortete mit einem Seufzer. Dann befühlte mein Besucher mir Puls und Schläfen und machte sich daran, meine Kopfwunde zu waschen und zu verbinden.

      »Ja,« sagte er, »ein schwerer Schlag. Auf, Bursche, nur Mut. Die Welt läuft weiter! Der Anfang war schlecht, aber es wird schon besser werden. Hast du etwas zu essen bekommen?«

      Ich sagte, daß ich nichts anschauen könnte und daraufhin gab er mir aus einem Zinnkrüglein etwas Branntwein zu trinken und verließ mich wieder.

      Als er mich zum zweitenmal besuchen kam, lag ich zwischen Schlafen und Wachen, mit im Finstern weitgeöffneten Augen, zwar nicht mehr krank, aber von schrecklichen Schwindelanfällen geplagt, die beinahe noch schlimmer waren. Außerdem schmerzten mich alle Glieder und die Stricke, mit denen ich gebunden war, brannten mich wie Feuer. Der Geruch des Loches, in dem ich lag, schien ein Teil meiner selbst geworden zu sein und ich hatte, seit der langen Pause seines letzten Besuches Qualen der Angst ausgestanden. Bald waren es die närrischen Schiffsratten, die mir manchmal buchstäblich übers Gesicht liefen, bald waren es die verschiedensten Einbildungen, die das Bett des Fieberkranken zu belagern pflegen.

      Das Schimmern der Laterne schien, als sich eine Falltür öffnete, wie Himmelslicht herein; und obwohl es mir nur die dunklen Wände des Schiffes zeigte, das mein Gefängnis war, hätte ich vor Freude laut aufschreien mögen. Der Mann mit den grünlichen Augen stieg als erster die Leiter herunter und ich bemerkte, daß er einigermaßen unsicher ging. Der Kapitän folgte ihm. Keiner sprach ein Wort; aber der erste machte sich daran, mich zu untersuchen und meine Wunde zu verbinden wie zuvor, während mir Hoseason mit einem seltsam finsteren Blick ins Gesicht schaute.

      »Nun, Herr, da seht selbst,« sagte der erste, »hohes Fieber, keinen Appetit, kein Licht, kein Essen, da seht selbst, was das heißt.«

      »Ich bin kein Zauberer, Herr Riach,« sagte der Kapitän.

      »Mit Verlaub, Herr,« sagte Riach, »Ihr habt einen guten Kopf auf Euren Schultern sitzen und eine gute schottische Zunge zum Fragen; aber ich will Euch keinen Grund zu einer Entschuldigung lassen: ich will, daß dieser Bursche aus diesem Loch herausgenommen wird und ins Vorderdeck kommt.«

      »Was Ihr wollt, Herr, geht niemanden etwas an als Euch selbst,« antwortete der Kapitän, »aber ich kann Euch sagen, was geschehen wird: hier liegt er und hier wird er bleiben.«

      »Wenn ich auch zugeben mag, daß Ihr entsprechend bezahlt worden seid,« sagte der andere, »so muß ich doch untertänigst bitten, sagen zu dürfen, daß dies bei mir nicht der Fall ist. Bezahlt werde ich, und nicht allzureichlich, als zweiter Steuermann dieser alten Kiste und ihr wißt es ja selbst am besten, ob ich mein Möglichstes tue, es zu verdienen. Aber für etwas anderes bin ich nicht bezahlt worden.«

      »Wenn Ihr Eure Hand besser vom Zinnkrüglein zurückhalten könntet, Herr Riach, hätte ich nichts an Euch auszusetzen,« antwortete der Schiffsherr, »und Ihr tätet besser daran Euren Atem zu sparen, um aufs Essen zu blasen, statt mir Rätsel aufzugeben. Man wird uns auf Deck brauchen!« fügte er in schärferem Tone hinzu und setzte einen Fuß auf die Leiter.

      Aber Herr Riach hielt ihn am Ärmel fest.

      »Angenommen, man hat Euch für einen Mord bezahlt«, fing er an.

      Hoseason drehte sich blitzschnell um. »Was soll das heißen?« schrie er. »Was ist das für eine Sprache!«

      »Es ist, scheint's, die Sprache, die Ihr versteht,« sagte Herr Riach und sah ihm ruhig ins Gesicht.

      »Herr Riach, ich habe mit Euch bereits drei Fahrten gemacht«, antwortete der Kapitän. »Ihr hättet mich in all der Zeit kennenlernen können; ich bin ein steifer und ein harter Mensch; aber was Ihr jetzt da gesagt habt – pfui, pfui! – das kommt aus einem bösen Herzen und von einem schlechten Gewissen. Wenn Ihr sagen wollt, daß der Bursche sterben wird...«

      »Natürlich wird er das«, sagte Herr Riach.

      »Gut, Herr, das genügt doch, nicht?« sagte Herr Hoseason. »Schafft ihn, wohin Ihr wollt!«

      Daraufhin stieg der Kapitän die Leiter hinauf und ich, der ich während dieses ganzen, seltsamen Gespräches still gelegen hatte, sah, wie Herr Riach ihm nachblickte und sich tief bis auf den Boden verneigte, sichtlich, um ihn zu verspotten. Zwei Dinge konnte ich, trotz meiner elenden Verfassung, leicht erkennen: daß der Matrose einen leichten Stich hatte, wie der Kapitän ja auch andeutete, und daß er (betrunken oder nüchtern) sich mir als wertvoller Freund erwies.

      Fünf Minuten später waren die Stricke, mit denen ich gebunden war, durchschnitten, ein Mann hob mich auf seinen Rücken und trug mich hinauf ins Vorderdeck, wo ich auf eine Pritsche gelegt wurde, über die einige Segeltücher gebreitet waren. Das erste, was ich dort tat, war, das Bewußtsein verlieren.

      Wahrhaftig, es war ein gesegneter Augenblick, als ich, die Augen aufschlagend, helles Tageslicht sah und mich wieder in Gesellschaft von Menschen befand. Der Raum war hübsch groß, rings mit Liegestellen versehen, auf denen die Leute, die Wache hatten, rauchend saßen oder andere schlafend lagen. Das Wetter war schön und der Wind günstig, so daß die Luke offen stand und nicht nur das schöne Tageslicht einließ, sondern es fiel auch von Zeit zu Zeit, je nach dem Rollen des Schiffes, ein staubiger Sonnenstrahl herein, der mich blendete und entzückte. Auch hatte ich mich kaum gerührt, so brachte mir auch schon einer der Männer irgend einen Heiltrank, den mir Herr Riach bereitet hatte und hieß mich still liegen, dann würde ich bald wieder wohlauf sein. Es wäre kein Knochen verletzt, erklärte er mir. »Ein Schlag auf den Kopf, weiter nichts, mein Junge. Ich war's ja selbst, der ihn dir gab«, sagte er.

      Hier lag ich nun viele Tage in strenger Gefangenschaft und erlangte nicht nur meine Gesundheit wieder, sondern lernte auch meine Genossen kennen. Es war wohl eine wilde Schar, wie es Matrosen meist sind; Menschen, allen sanfteren Lebensbedingungen entrissen, dazu verdammt, miteinander von den wilden Wogen herumgeworfen zu werden, unter der Herrschaft nicht minder grausamer Gebieter. Es waren einige unter ihnen, die mit Piraten gesegelt waren und Dinge gesehen hatten, die zu erzählen allein schon eine Schande wäre. Einige wieder waren Leute, die von des Königs Schiffen desertiert waren und mit einer Schlinge um den Hals herumliefen, woraus sie kein Geheimnis machten; und alle standen sie untereinander – auch mit ihrem besten Freunde – auf dem Fuße, wie man zu sagen pflegt: »ein Wort – ein Schlag!« Und doch, schon wenige Tage nachdem ich mit ihnen eingeschlossen war, fing ich an, mich meines ersten Urteils über sie zu schämen, als ich mich an der Brücke von Ferry von ihnen zurückgezogen hatte, wie von unreinen Tieren. Es gibt keine Menschenrasse, die ganz und gar schlecht wäre, sondern jede hat ihre eigenen Fehler und ihre eigenen Tugenden; und diese meine Schiffsgenossen waren keine Ausnahme von der Regel. Wild waren sie zweifellos und schlecht auch, glaube ich, und doch besaßen sie manche Tugenden. Sie waren freundlich, wenn es ihnen einfiel, schlicht, sogar über die Schlichtheit eines Bauernjungen wie ich einer war hinaus und hatten einen Schimmer von Ehrgefühl.

      Da war ein Mann, ungefähr um die vierzig, der oft stundenlang an meinem Lager saß und mir von seiner Frau und seinem Kind erzählte. Er war Fischer gewesen und hatte sein Boot verloren und so war er zu den Tiefseereisen getrieben worden. Das ist jetzt Jahre her und doch habe ich ihn nicht vergessen können. Seine Frau (die »im Vergleich zu ihm jung sei«, wie er mir oft erzählte) wartete umsonst auf die Rückkehr ihres Mannes; niemals wieder würde er ihr in der Früh das Feuer anzünden oder das Kind hüten, wenn sie krank wäre. Tatsächlich, viele von diesen armen Teufeln (wie sich bald zeigen sollte) waren auf ihrer letzten Fahrt; die tiefen Gewässer und menschenfressenden Fische nahmen sie auf. Und es ist ein undankbares

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