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Brenner

      zu.

      »Vielleicht gehen wir einmal frische Luft schöpfen?« schlägt sie vor.

      Unaufgefordert schließt Malton sich an und weicht nicht von Inas Seite. Wäre Brenner nicht neben ihr gewesen, sie hätte ihn einfach fortgeschickt.

      »Sie gestatten doch, daß ich Sie heimfahre«, hört sie Malton auf dem Rückweg ins Haus sagen.

      »Ich gehe sehr gern zu Fuß«, antwortet sie schnippisch.

      »Wir können ja auch gehen, wenn es Ihnen mehr Spaß macht«, meint er unerschütterlich ruhig.

      »Meinetwegen«, gestattet sie ihm großmütig, »fahren wir. Meine Mutter wird sich sowieso schon Sorgen machen.«

      »Sehen Sie«, triumphiert er. »Schon aus diesem Grunde muß ich Sie bei ihr abliefern.«

      Sie macht ihre großen, erstaunten Augen. »Sie wollen meine Mutter kennenlernen?«

      »Ist das nicht selbstverständlich?« Er blickt sich um, sieht Brenner im Haus verschwinden und beugt sich rasch zu Ina. »Ein altes Sprichwort sagt: Sieh dir die Mutter an, und dann heirate die Tochter.«

      An Ina beginnt alles zu zittern.

      »Sie – Sie, treiben Sie keinen dummen Scherz mit mir!«

      Mit einem harten Griff, aus dem sie sich nicht befreien kann, hält er ihre Schultern umspannt.

      »Es gibt eine Liebe auf den ersten Blick. Ganz bestimmt, Sie brauchen nicht so ungläubig dreinzuschauen. Ich habe geglaubt, Chris Velden zu lieben und bin hinter ihr hergelaufen. Seit ich Sie gesehen habe, weiß ich, daß dieses Gefühl Verehrung war und der guten Schauspielerin galt. Glauben Sie mir?«

      Ernsthaft blickt er sie an.

      »Sie kennen mich kaum ein paar Stunden und wollen sich über Ihre Gefühle klar sein? Sie sind doch kein Jüngling mehr?«

      Er lächelt auf sie hinab.

      »Bin ich zu alt für Sie, Ina?«

      »Alt?« Sie blinzelt ihn an. »Ich weiß nicht –«, sie verstummt, und er drückt sie in seine Arme.

      »Ich will die reine Wahrheit wissen, Ina. Bin ich zu alt in deinen Augen?«

      »Ich kenne Sie doch kaum«, wehrt sie sich verzweifelt, dabei hätte sie dem heißen, sie durchströmenden Gefühl sehr gern nachgegeben.

      »Du glaubst nicht an meine Liebe?« forscht er ernst.

      »Ich – ich – mir hat noch kein Mann solche Worte gesagt.«

      »Na, herrlich, wundervoll, Ina! Dann bin ich der erste Mann, der dir einen Antrag macht!«

      »Ja, wollen Sie mich denn heiraten?« zittert es von ihren Lippen.

      Jetzt kann er sich nicht mehr beherrschen. Er preßt seine Lippen ganz fest auf ihren Mund.

      »Du Schäfchen«, sagt er, als er sie freigibt. »Ich rede doch die ganze Zeit davon.«

      »Ach«, stöhnt sie und schließt die Augen, sie fühlt abermals seine Lippen und erwidert scheu seinen Kuß.

      *

      »Willst du einen Augenblick mit mir in den Musiksalon gehen?« Ferdinand Ronald, der sich überzeugt hat, daß seine Gäste mit allem, was sie wünschen, versorgt sind, fordert Chris Velden dazu auf.

      Sie nehmen nebeneinander in den tiefen Sesseln Platz.

      »Hast du mir etwas Wichtiges zu sagen?«

      »Ja, Chris.« Ronald reicht ihr eine angezündete Zigarette und nimmt sich selbst eine. »Hast du jemals bemerkt, daß Ingeborg sich mit der Bibel beschäftigt hat?«

      »Sie lag doch stets auf Ingeborgs Nachtschrank. Demnach muß sie wohl öfters darin gelesen haben.«

      »Die Bibel ist verschwunden. Ich zerbreche mir den Kopf, wohin sie gekommen sein mag. Es ging damals alles drunter und drüber.« Ronald grübelt vor sich hin.

      »Aber darüber muß doch Schwester Maria Auskunft geben können«, sagt Chris erregt.

      »Der Kommissar hat sich deswegen mit ihr befaßt. Was er erreicht hat, ist mir nicht bekannt.«

      »Sprich mit Brenner darüber, Ferdi-nand«, rät sie ihm lebhaft. »Er gibt sich so viel Mühe, Licht in das Dunkel zu bringen.«

      »Das werde ich tun, Chris. Danke schön, daß du mich angehört hast.« Er wendet sich ab, um nicht in die tiefblauen Augen sehen zu müssen. »Und dann muß ich dir noch ein Geständnis machen –«

      »Ein Geständnis?« wiederholt sie erstaunt.

      »Ja, Chris. Erinnerst du dich noch, wie wütend du auf mich warst, als ich dir erzählte, wir würden die Außenaufnahmen auf dem Hagenhof machen?«

      »Allerdings!« flüstert sie, und die böse Szene steht lebhaft vor ihr.

      »Du hast mich innerlich verflucht«, spricht er weiter. »Doch, doch«, spricht er hastig weiter, als sie ihn unterbrechen will. »Du kannst es mir jetzt gestehen. Du hast nur nicht gewußt, daß ich dabei nur dein Glück im Auge gehabt habe –«

      »Mein Glück?«

      Immer rätselhafter wird ihr der Sinn seiner Rede.

      »Ja – ich habe dich vom Hagenhof fortgeholt, zurück zur Arbeit. Du bist mir widerwillig gefolgt. Und mit den Außenaufnahmen dort wollte ich das wiedergutmachen. Ich rechnete damit, daß es ein Wiedersehen zwischen dir und Georg Hagen geben würde.« Es zuckt schmerzlich um seinen Mund. »Leider kam alles anders. Noch ehe wir Fuß gefaßt hatten, kam die alarmierende Nachricht vom Tode Ingeborgs.«

      »Oh, Ferdinand.« Ihre Augen glänzen feucht. »Du wolltest verzichten? Dabei hast du mich doch nie mit deiner Liebe belästigt. Wie sehr hast du dich beherrscht, daß ich niemals etwas davon gemerkt habe. Und du wolltest mich mit Georg Hagen zusammenbringen?«

      »Bei Gott – das war meine Absicht«, beteuert er.

      »Ich danke dir, Ferdinand.« Sie tupft mit dem hauchdünnen Taschentuch ihre Augen trocken. »Es wäre auch so umsonst gewesen, Georg Hagen hätte mich nie geheiratet. Alles, was mit Theater und Film zu tun hat, haßt er. Er hat mich freigegeben für meinen Beruf, und nun muß ich diesen Weg zu Ende gehen.«

      »Aber du bist nicht glücklich dabei.« Er betrachtet ihr süßes, trauriges Gesicht.

      »Glücklich?« haucht sie. »Ich wollte es sein. Aber ich kann es nicht. Die unfreiwillige Erholungspause kommt mir so gelegen. Ich grübel immerzu darüber nach: Könnte ich nun ohne das leben, was bisher mein Leben ausmachte, ohne Erfolg, ohne Beifallsrauschen der Menge, ohne Ehrungen und Verehrung?«

      »Und?«

      Er neigt sich etwas zu ihr, um sie besser verstehen zu können, denn sie flüstert nur.

      »Ich könnte es, Ferdinand. Ich liebe Georg Hagen so sehr, daß ich auf das alles verzichten kann, auf alles. Ich würde ihm auch in Not und Armut folgen.« Als sie sein erstauntes Gesicht betrachtet, setzt sie heftig hinzu: »Doch – doch, das gibt es, Ferdinand, glaube mir. Ich bin nicht die erste Frau, die wegen ihrer Liebe Opfer gebracht hat. Und es wird nach mir noch Frauen geben, die es immer wieder tun um ihrer Liebe willen, ganz gleich, ob ihr Verzicht ihnen Glück oder Unglück bringt.«

      »Aber du bist nicht mehr mit deinem Herzen bei deinem Beruf.« Seine Stimme klingt zärtlich und mitfühlend.

      Sie schüttelt den Kopf. »Nein, ich bin es nicht mehr. Mein Herz habe ich im Hagenhof gelassen.«

      »Aber unser Vertrag, Chris«, mahnt er sie. »Du mußt ihn erfüllen.«

      Ergeben senkt sie den Kopf. »Ich weiß, Ferdinand. Ich denke auch nicht daran, vertragsbrüchig zu werden. Irgendwie geht es immer wieder weiter.«

      Ihre Ergebenheit rührt ihn. Schweigend sitzen sie nebeneinander und trinken

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