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nicht fertiggebracht, mir den Haß zu nehmen, gegen alles, was mit Theater und Film zusammenhängt.«

      Er spricht ins Leere, ohne die schöne Frau auf der Couch zu beachten. So bemerkt er auch nicht ihr Zusammenzucken. Sie sinnt dem Gehörten nach. Alles, was Theater heißt, haßt er. Also wird er auch sie hassen, wenn sie ihm sagt, wer sie ist. Sie darf ihren Künstlernamen nicht nennen.

      »Verzeihen Sie.« Mit düsterer Miene kehrt er an ihr Lager zurück. »Ich weiß gar nicht, wie ich dazu komme, Ihnen, der fremden Frau –«

      »Mein Name ist Christine Velding«, wirft sie rasch ein. Er macht eine kleine Verbeugung. »Sie brauchen sich wirklich nicht wegen Ihrer Mitteilsamkeit zu entschuldigen. Es gibt eben Augenblicke, in denen man sich das Herz freisprechen muß.«

      »Vielleicht«, meint er gedankenvoll. Sein Auge streift nunmehr das Bild mit keinem Blick mehr. Er stellt sich wieder ganz auf die kranke Frau ein. »Wie ist das nun? Möchten Sie Ihre Nichte hier haben?«

      Ihre Augen strahlen. »Doch, das möchte ich schon. Nur – kann ich das überhaupt annehmen?«

      »Es wird Ihnen bestimmt bei mir gefallen. Sie kennen meinen Besitz noch nicht. Für Kinder ist er ein Paradies. Wenn Sie erst aufstehen dürfen, können Sie sich alles ansehen. Bis dahin hat es wohl noch Zeit, oder?«

      »Gewiß«, versichert sie eifrig, und der Gedanke, die Gastfreundschaft dieses Hauses mit Elfi zusammen in Anspruch zu nehmen, hat etwas Verlockendes an sich. Grübelnd lehnt sie den Kopf mit dem schwarzglänzenden Haar tief in das weiche Kissen, schließt die Augen und läßt die Ruhe auf sich wirken.

      Unter halbgeschlossenen Lidern beobachtet Georg Hagen die Frau. Stundenlang könnte er so sitzen und jeden Zug in diesem feingezeichneten Antlitz studieren.

      Christine Velding heißt sie. Ob sie wohl verheiratet ist? Ob sie einen Beruf hat, da sie von Ferien spricht?

      Merkwürdig! Eine Stunde kann einschneidend auf das Leben eines Menschen wirken. Vorher war tiefe Einsamkeit um ihn, wenn auch eine selbstgewählte, und jetzt gibt es eine Frau, um die er sich sorgt, und die den Wunsch in ihm weckt, sie zu beschützen.

      *

      Ferdinand Ronald hat nach einer gelungenen Premiere und anschließendem Festessen den Schauspieler Malton zurück zum Flughafen gefahren.

      Am Rande der Stadt im Grünen bewohnt er ein kleines, aber hochmodernes Haus, von einem der bekanntesten Architekten erbaut.

      Es ist spät, und doch sieht er im ersten Stock zwei Fenster leuchten. Rasch bringt er den Wagen in die Garage und sperrt das Haus auf. Leise steigt er die Treppe empor

      Behutsam öffnet er die Tür, hinter der er das Licht gesehen hat. Er betritt ein Schlafzimmer, in lichten, freundlichen Farben gehalten.

      »Ingeborg«, flüstert er und tritt auf Zehenspitzen näher. Er sieht ein blasses, von Krankheit gezeichnetes Gesicht, umrahmt von schwerem goldblondem Haar, das über das weiche Kissen rieselt.

      Wie stets, wenn er an das Lager seiner kranken Frau tritt, zieht sich ihm das Herz zusammen. Er hat sie einmal unsagbar geliebt. Auch nach dem Unfall auf der Bühne noch. Aber nach und nach ist tiefes Mitleid daraus geworden. Seine ganze Fürsorge gilt ihr. Alle erdenkliche Erleichterung verschafft er ihr.

      Er möchte sie in seinem Leben nicht missen. Sie ist ein Teil seiner selbst geworden. Trotz ihrer Schmerzen, die sie mitunter unsagbar quälen, nimmt sie an seinem Schaffen vom Bett aus größten Anteil. Was er ihr nicht selbst erzählt, läßt sie sich von ihrer Pflegerin Maria berichten.

      Immer wenn er sein Haus betritt, hat er das Gefühl, aus dem nervenaufreibenden Getriebe seines Berufes auf eine Insel des Friedens zu kommen.

      »Endlich, Liebster!«

      Er küßt sie zärtlich und rückt sich einen Hocker herbei.

      »Es ist spät geworden, Ingelein. Habe ich dich aus dem Schlaf gerissen? Nur wissen wollte ich, wie es dir heute gegangen ist. Nicht einmal zu einem Telefongespräch hat meine Zeit ge-

      langt.«

      Sie preßt ihre schlanken Finger um seine Hand. »Das macht nichts, Ferdi-nand. Hauptsache, es ist alles glatt verlaufen.«

      Bedrückt bleibt er seitwärts, und sofort wird sie hellwach.

      »Hast du Sorgen?«

      Er beugt sich über ihre Hände und drückt einen Kuß darauf.

      »Ich hatte Sorgen. Jetzt ist alles vorbei. Chris Velden hat mich bei der Premiere im Stich gelassen, aber Malton hat es mit Fassung ertragen. Ihretwegen ist er eigentlich zur Premiere gekommen.«

      »Im Stich gelassen?« Ihre Augen weiten sich vor Staunen. »Das kann ich von Chris kaum glauben.«

      »Sie ist auf und davon. Hat sich einfach Ferien genommen«, berichtet er weiter.

      Sie lächelt leicht vor sich hin. »Ferdinand, hat sie nicht das Recht, sich einmal Ruhe zu gönnen?«

      Wieder haucht er über ihren Handrücken. »Du findest doch für alles eine Entschuldigung. Nun ja, ich gebe zu, ich habe ein tolles Tempo in letzter Zeit gehabt, aber ich werde schließlich auch getrieben.«

      Sie streichelt zart über seine Hand hin. »Dann solltest du auch Ferien haben«, schlägt sie vor.

      Er lacht bitter auf. »Ich kann mir keine Ferien gönnen, Ingelein –«

      »Und wenn du einmal nicht mehr da bist, muß es auch ohne dich gehen«, fällt sie ihm schnell ins Wort. »Du siehst doch, ich war einstmals auch eine berühmte Künstlerin, und wie schnell hat man mich vergessen. Es geht auch ohne mich.«

      »Liebes!« Er legte den Arm um ihre schmalen Schultern. »Ich brauche dich. Das weißt du doch.«

      Glückselig sieht sie zu ihm auf. Wie sehr sie ihn liebt, seine Güte, seine unendliche Geduld. Sein Glück ist auch ihr Glück. Ein weher Schmerz zuckt in ihrem Herzen. Wenn sich das sein nun einmal einer anderen Frau zuwendet? Lieber Gott! Ich weiß nicht, ob ich das ertragen könnte. Ich würde aus seinem Leben gehen. Ganz bestimmt.

      Er drückt sie fester an sich. »Du bist ganz blaß geworden, Liebes. Willst du nicht lieber schlafen? Soll ich ge-

      hen?«

      Sie schmiegt sich innig in seinen Arm. »Nein!« haucht sie mit geschlossenen Augen. »Bleibe nur ein wenig bei mir, bitte.«

      Er nickt und bettet sie bequemer in seinen Arm. Wortloses Einverständnis herrscht zwischen ihnen.

      Nein! Ferdinand werde ich nie eine Last sein, denkt sie, und ihr Atem wird ruhiger. Müdigkeit überkommt sie.

      »Ich – ich liebe dich, Ferdinand«, haucht sie und ist im nächsten Augenblick eingeschlafen. Er rührt sich nicht, um sie ja nicht zu wecken.

      Lange sitzt Ronald in dieser Haltung. Leise tickt die Uhr auf dem Nachttisch. Schließlich fallen auch ihm die Augen zu. Er versinkt in einen leichten Dämmerschlaf.

      *

      Der Arzt hat den Verband entfernt. Chris trägt nur noch ein schmales Pflaster auf der Stirn. Als Hagen ihr einen Spiegel reicht, lacht sie dunkel auf.

      »Wie ein Clown sehe ich aus«, meint sie und gibt ihm den Spiegel zurück. Und dann schiebt sie die Decke von sich. »Jetzt darf ich auch aufstehen.«

      »Aber nicht gleich stundenlang aufbleiben«, läßt sich Frau Irene vernehmen, die abseits gestanden hat und näher kommt. »Der Arzt hat nur von einem kurzen Aufstehen gesprochen.«

      Frau Irene strahlt über ihr gütiges Altfrauengesicht. Sie ist mit diesem Gast sehr einverstanden und läßt es nicht an Aufmerksamkeit fehlen. Chris wird grenzenlos von ihr verwöhnt.

      Das Glück läuft den Menschen nach, denkt sie. Man darf dem Glück selbst nicht hinterherrennen. Ob diese schöne Frau dem Hause Hagen wohl Glück bringt? Sie wünscht es aus tiefstem Herzen.

      Sie ist Georg Hagen behilflich, Christine Velden auf

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