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Arbeiter schon dadurch, daß er Lohn statt den vollen Ertrag erhält, etwas weggenommen wird, was ihm von Rechts wegen zukommt. Lassalle legt die Idee seinem im Jahre 1863 erschienenen „Offenen Antwortschreiben an das Zentralkomitee zur Berufung eines allgemeinen deutschen Arbeiterkongresses“ zugrunde und entwickelt sie ein Jahr später sehr eingehend in seiner Streitschrift: „Herr Bastiat-Schulze von Delitzsch, der ökonomische Julian“. Er steht da vollständig auf den Schultern von Ricardo und vermeintlich auch auf den Schultern von Marx. Schon im Briefe vom 12. Mai 1851 an Marx nennt er diesen den „Sozialist gewordenen Ricardo“, und in demselben Briefe sagt er: „Ricardo ist unser unmittelbarer Vater!“ und rühmt die Definition der Grundrente, die Ricardo gegeben hat, als die „gewaltigste kommunistische Tat“. Ihm, der vor allem Rechtstheoretiker war, lag es eben ganz besonders nahe, den Sozialismus aus der Mehrwertstheorie juristisch abzuleiten. In der Agitation diente ihm diese Ableitung zur Unterstützung des von ihm als ehern bezeichneten Lohngesetzes Ricardos, wonach der Lohn des Arbeiters nie viel höher über dessen notwendige Lebensbedürfnisse steige und nie lange Zeit wesentlich darunter bleiben könne, beiläufig eine Deduktion, die mehr malthusianisch als ökonomisch ist. Auf sie beriefen sich aber, ihm folgend, dann jahrzehntelang die Agitatoren beider Richtungen der deutschen Sozialdemokratie, die spezifischen Lassalleaner wie auch die Sozialisten der Eisenacher Richtung von Bebel und Liebknecht, die im übrigen sich gegen Lassalles Mittel wandten, das darauf hinauslief, die Mehrarbeit zu beseitigen durch die Schaffung von Produktivgenossenschaften der Arbeiter mit Staatskredit. Diese Idee der Produktivgenossenschaften stammte gleichfalls von den englischen Sozialisten. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind in England große Versuche mit einem verhältnismäßig ziemlich bedeutenden Aufwand von Kapital mit ihr gemacht worden. Wohlmeinende christliche Sozialisten Englands haben über eine Million Mark hergegeben für Produktivgenossenschaften. Aber diese Schöpfungen sind entweder zugrunde gegangen oder sie haben ihren Charakter geändert und sind kapitalistische Unternehmungen geworden. In Deutschland war man darüber nicht genauer unterrichtet, und als 1875 die beiden sozialistischen Parteien sich vereinigten, fand sich in dem Entwurf des Programms für die neue Partei im Anschluß an die Forderung der „Zerbrechung des ehernen Lohngesetzes“ der Satz:

      „Die Befreiung der Arbeit erfordert die Erhebung der Arbeitsmittel zum Gemeingut der Gesellschaft und die genossenschaftliche Regelung der Gesamtarbeit mit gerechter Verteilung des Arbeitsertrages.“

      Wie Marx den ganzen Entwurf in einem Briefe an August Bebel und Genossen äußerst abfällig kritisierte, so auch speziell diesen Satz von der gerechten Verteilung des Arbeitsertrages, der nach seiner Meinung gar nichts besagte. Die Ableitung vom ehernen Lohngesetz bezeichnet er als utopistisch. Über die Forderung der gerechten Verteilung sagt er:

      „Was ist „gerechte“ Verteilung? Behaupten die Bourgeois nicht, daß die heutige Verteilung „gerecht“ ist? Und ist sie in der Tat nicht die einzig „gerechte“ Verteilung auf Grundlage der heutigen Produktionsweise? Werden die ökonomischen Verhältnisse durch Rechtsbegriffe geregelt, oder entspringen nicht umgekehrt die Rechtsverhältnisse aus den ökonomischen?“

      Über das letztere, den Grundgedanken der ökonomischen Geschichtsauffassung, eingehender zu sprechen, ist hier nicht der Ort. Aber es geschieht in ihrem Sinne, wenn Marx scharf gegen den Gedanken polemisiert, agitatorisch in das Programm das Schlagwort gerechte Verteilung des Arbeitsvertrages hineinzuwerfen. Er führt aus, die Form, wie der Arbeitsertrag verteilt wird, werde bestimmt durch die jeweilige Produktionsweise, und auf dem Boden der jeweiligen Produktionsweise sei sie dann, ökonomisch betrachtet, gerecht. Ob auch die Lohnhöhe gerecht ist, ist etwas anderes; aber daß der Arbeiter Lohn bekommt und nicht den Ertrag der Arbeit, das entspreche der gegebenen Produktionsweise, und auf dem Boden dieser Produktionsweise könne daran nichts Wesentliches geändert werden. Des weiteren legt Marx dar, welche Widersprüche in der Forderung des vollen Arbeitsertrages liegen. Er erklärt, daß das gleiche Recht bei der Verteilung des Arbeitsertrags auf die Leistung bezogen seinem Inhalte nach gleiches Unrecht sei, denn die Arbeitsleistungen seien ja verschieden. Wenn der Arbeiter den vollen Ertrag seiner Arbeit bekomme, so bekomme er gegenüber anderen Arbeitern Ungleiches, weil er ungleich arbeitet, und so werde das gleiche Recht hier ein Recht der Ungleichheit. Er sagt:

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