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die Klüse rauschte, atmete er auf. Auf dieser Seite der Insel schien es keine Korallenriffe zu geben. Sie hatten noch mehr als fünf Faden Wasser unter dem Kiel.

      Hasard sprang die Stufen zum Achterdeck hinauf. Ben Brighton schob sein Kinn trotzig vor, denn er erwartete die Frage, ob das so dicht wie möglich sei.

      Aber Hasard sagte nichts. Er blickte zur Insel hinüber und fragte nur: „Was meinst du, wie lange wir brauchen, wenn wir die Insel am Strand umrunden?“

      Ben Brighton zuckte mit den Schultern.

      „Ihr müßtet ein Boot mitnehmen, und es ist eine Viecherei, immer durch Sand stapfen zu müssen“, sagte er. „Einen Tag werden wir mindestens verlieren, wahrscheinlich aber zwei.“

      Hasard ging nicht darauf ein.

      „Wir werden einfach quer über die Insel marschieren“, sagte er mehr zu sich selbst. „Sie kann an dieser Stelle nicht viel breiter als eine halbe Meile sein.“

      „Mit dem Boot?“ fragte Ben Brighton.

      Hasard nickte.

      „Mit dem Boot. Ich nehme sieben Männer mit. Wir werden sehen, daß wir bis zum Einbruch der Dunkelheit alles erledigt haben. Vielleicht werden wir auf der anderen Seite übernachten, aber dann schicke ich einen Mann zurück, der dir Bericht erstattet. Bereite alles dafür vor, daß wir morgen früh wieder ankerauf gehen.“

      Ben Brighton nickte gottergeben. Er wußte, daß er gegen Hasards Eigensinn nichts ausrichten konnte, und er wollte es auch gar nicht. Zu oft schon hatte es sich erwiesen, daß Hasard mit seinen Entscheidungen instinktiv richtig gelegen hatte.

      Aber diesmal?

      Ben Brighton schüttelte den Kopf. Er wollte nicht mehr daran denken, sondern sich auf seine Aufgabe konzentrieren, die Hasard ihm gestellt hatte. Vielleicht fand er ein bißchen Zeit, um mit Ferris Tucker weiter daran zu tüfteln, wie sie die unteren mit den Marsrahen verbinden konnten, so daß sie nur eine Brasse zu bedienen brauchten.

      Zum Glück hatte Hasard Ferris Tucker nicht für den Landausflug eingeteilt.

      Ben beobachtete, wie Stenmark, Buck Buchanan, Sam Roskill und Batuti das kleine Boot zu Wasser ließen, mit dem sie an Land pullen und dann die Insel überqueren wollten. Matt Davies, Carberry und der alte Haudegen Valdez kümmerten sich um die Waffen. Niemand konnte schließlich wissen, ob sich nicht die Mannschaft der gestrandeten Galeone an Land gerettet hatte und nun die Gelegenheit wahrnahm, sich ein neues Schiff zu besorgen.

      Als Hasard das Achterdeck wieder verließ und in die Kuhl hinunterging, schwang sich Dan O’Flynn aus dem Mars und hangelte an den Wanten hinunter. Arwenack turnte um ihn herum und kreischte.

      „Wartet, ich komme mit!“ rief Dan.

      Hasard blickte Carberry grinsend an.

      „Kannst du noch einen gebrauchen, der dir beim Boottragen hilft?“ fragte er.

      „Dann kann ich auch gleich den Kutscher mitnehmen“, erwiderte Carberry grollend.

      „Was soll das heißen, du Dickwanst?“ fragte Dan wütend, als er vor Carberry stand.

      „Das soll heißen, daß wir dich nicht gebrauchen können, Söhnchen“, sagte Carberry. „Außerdem haben wir Angst, daß du uns mit deiner Pike stichst, wenn es zu einem Kampf kommen sollte.“

      „Das kannst du gleich haben!“ Niemand hatte gesehen, wo Dan so schnell seine gekürzte Pike herhatte. Die Spitze schnellte vor und bohrte sich leicht in Carberrys Oberschenkel.

      Carberry brüllte vor Zorn. Er ging einen Schritt vor. Seine Pranken zuckten auf Dan zu, doch der hatte sich blitzschnell gebückt und tauchte unter den zupackenden Händen weg.

      Im nächsten Augenblick spürte Carberry etwas in seinem Nacken. Arwenack zerrte in seinen Haaren und keckerte wie verrückt. Carberry griff nach ihm, aber der Affe war zu schnell. Er hing bereits wieder in den Wanten und entblößte sein Gebiß.

      „Schluß jetzt!“ sagte Hasard grinsend. „Wir nehmen Dan mit. Vielleicht brauchen wir einen kleinen schlanken Mann, wenn wir in das Wrack eindringen.“

      Carberry blickte Dan wütend an. Die kleine Wunde in seinem Bein störte ihn weniger, aber der Bengel hatte seine beste Hose ruiniert.

      „Warte, bis wir zurück sind, Söhnchen“, sagte er knurrend, „dann werde ich dir den Arsch versohlen.“

      „Der Teufel ist dein Söhnchen“, erwiderte Dan und warf den Kopf in den Nacken. Er ging zu Valdez und ließ sich zwei Pistolen geben. Dann half er, die Musketen ins Boot zu schaffen, das unten auf dem Wasser dümpelte.

      Hasard sprach noch kurz mit Ben Brighton, bevor er als letzter ins Boot stieg. Sie legten ab und pullten mit kräftigen Zügen auf den Strand zu, der in paradiesischer Stille dalag.

      Als der Kiel des Bootes über den Sand knirschte, hatte Hasard zum erstenmal ein seltsames Gefühl. Es war, als wittere er eine unsichtbare Gefahr. Am liebsten hätte er seinen Männern befohlen, das Boot wieder ins Wasser zu schieben und zur Galeone zurückzupullen.

      Er schüttelte die Gedanken ab. Was sollte ihnen hier schon geschehen? Nirgends war ein Anzeichen, daß diese Insel bewohnt war. Außerdem war sie viel zu klein dafür.

      Und das Wrack?

      Hasard war plötzlich nicht mehr davon überzeugt, auf dem Wrack Schätze vorzufinden.

      Buck Buchanan und Stenmark zogen das Boot, das von vier Männern getragen werden konnte, ganz an Land. Die anderen starrten auf den Hügel, den sie überqueren mußten, wenn sie die andere Seite der Insel erreichen wollten.

      „Das sieht verdammt steil aus“, sagte Dan O’Flynn.

      Hasard nickte.

      „Vielleicht haben wir uns zuviel vorgenommen“, erwiderte er vorsichtig. „Wir sollten abstimmen, ob wir den Weg auf uns nehmen oder nicht.“

      Hasard fluchte innerlich, als er die Gesichter der Männer betrachtete. Sie schauten ihn an, als sähen sie ihn zum erstenmal. Er las Verwunderung und Mißtrauen in ihren Augen. Schließlich hatte er noch nie eine Abstimmung vorgeschlagen, wenn er sich schon für ein Unternehmen entschlossen hatte.

      „Du meinst, wir sollen zum Schiff zurückpullen?“ fragte Carberry und legte seine Stirn in hundert Falten, was ihm einige Mühe bereitete.

      Hasard wischte die Frage mit einer heftigen Handbewegung fort.

      „Davon habe ich nichts gesagt“, erwiderte er. „Die Frage ist nur, ob das nicht zuviel Aufwand für eine gestrandete Galeone ist.“

      Ich sollte den Mund halten, dachte Hasard, bevor ich noch mehr Unsinn rede. Aber was sollte er tun? Er konnte den Männern doch nicht erklären, daß er ein ungutes Gefühl hatte.

      „Jetzt sind wir schon mal hier“, sagte Dan O’Flynn. „Den Maulwurfshügel da vorn schaffen wir doch mit einem Bein.“

      Die anderen Männer nickten, und Hasard blieb nichts anderes übrig, die Entscheidung der Männer zu akzeptieren, wenn er sie schon gefragt hatte.

      Zu sechst hoben sie das Boot an. Auf der linken Seite waren Batuti, Stenmark und Sam Roskill, auf der rechten Carberry, Matt Davies und Hasard. Hasard war froh, daß sie dieses leichte Boot an Bord gehabt hatten, denn mit einem der anderen Boote wäre es unmöglich gewesen, diesen Weg in Erwägung zu ziehen.

      Hasard dachte an Ben Brighton, der die „Isabella V.“ zwischen die Insel gesegelt hatte. Es war die einzige Möglichkeit gewesen, denn auch Hasard war sich darüber im klaren, daß sich die schwerfällige Galeone niemals wieder würde freisegeln können, wenn sich der Wind noch etwas verstärkte.

      Er überlegte, ob es nicht besser gewesen wäre, erst zwei Männer als Vorhut über die Insel zu schicken. Vielleicht war es gar nicht nötig, das Boot mitzuschleppen, und sie konnten das Wrack auf dem Riff zu Fuß erreichen. Aber dann schüttelte er den Kopf. Die Riffe lagen meist zu weit vom Strand entfernt.

      Dan

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