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      Ich antwortete standhaft: »Weil Ihr Euer Wort gegenüber dem Großherrn, der Regierung von Kairo, gegenüber dem Pascha von Jidda und dem Metical Aga gebrochen habt, werdet Ihr auch ohne Zweifel mit mir nach Eurem Gutdünken verfahren, aber Ihr könnt darauf rechnen, eines Morgens bei Tagesanbruch das englische Kriegsschiff, den ›Löwen‹ vor Arkeeko zu sehen.« – »Und ich wünschte«, versetzte der Naybe, »das Schiff vor Arkeeko oder Massaua zu erblicken, und käme jemand, der so viel Geschriebenes, wie auf dem Nagel meines Daumens liegen kann, von Euch nach Jidda nehmen wollte, so würde ich ihm erst das Hemd und dann die Haut abziehen und alsdann vor Eurer Tür aufhängen lassen, um Euch mehr Vorsicht zu lehren.« – »Meine Vorsicht«, erwiderte ich, »hat mich gelehrt, diesem vorzubeugen. Mein Brief nach Jidda ist bereits fort, und wenn von dem Tag an, da er geschrieben ist, in zwanzig Tagen kein zweiter Brief von mir folgt, so werdet Ihr die Folgen davon schon sehen. Unterdessen mache ich Euch hiermit bekannt, dass ich auch Briefe vom Metical Aga und dem Scherif von Mekka an Michael Suhul, den Statthalter von Tigre, und an den König von Abessinien abgeschickt habe. Deswegen wünsche ich, dass Ihr diese Männern unwürdige Zänkereien, die zu nichts führen, unterbrecht und mich meine Reise fortsetzen lasst.« – »Wie?«, sagte der Naybe mit leiser Stimme zu sich selbst. »Wie? Auch an Michael? So geht Eures Weges und denkt an das Übel, welches Euch bevorsteht.«

      Ich drehte mich um und ging fort, ohne ein Wort zu sagen oder Abschied zu nehmen. Kaum war ich zu Hause angekommen, als der Naybe einen Mann schickte und zwei Flaschen Aquavit verlangte. Ich gab dem Diener zwei Flaschen Zimtwasser, die er aber nicht mitnehmen wollte, bevor er sie nicht gekostet hatte. Dem Naybe aber schmeckten sie nicht und sie wurden wieder zurückgeschickt.

      Ich hatte mich die ganze Zeit über gewundert, was aus Achmet geworden sein könnte, der mit Mahomet Gibberti in Arkeeko geblieben war. Endlich hörte ich von einem Diener des Naybe, dass er mit Fieber zu Bett liege. Gibberti hatte bis jetzt sein Wort gehalten und nichts von meiner Kenntnis der Arzneiwissenschaft verlauten lassen und auch nicht erzählt, dass ich Arzneimittel bei mir hatte. Ich ließ inzwischen den Naybe um Erlaubnis bitten, nach Arkeeko gehen zu dürfen, und erhielt die trotzige Antwort, ich könne gehen, wenn ich ein Boot fände. Er hatte aber seine Anordnungen schon so getroffen, dass kein Boot für Geld oder gute Worte zu haben war.

      Kaum war meine Mittagsmahlzeit vorbei, als ein Diener von Achmet aus Arkeeko kam. Er brachte mir die Nachricht von der Krankheit seines Herrn. Achmet sei traurig, weil ich ihn nicht besuchen käme, wo ihm doch Mahomet Gibberti inzwischen versichert habe, dass ich ihm helfen könne. Er bat mich also, ich möge den Überbringer dieser Nachricht mit in mein Haus nehmen und die Türe durch ihn bewachen lassen, bis er selbst nach Massaua kommen könne. Ich lernte jetzt die Treulosigkeit des Naybe kennen. Er verbot mir zwar nicht seinen Neffen zu besuchen, aber er untersagte weiterhin allen Booten, mich nach Arkeeko zu bringen.

      Der Diener reiste in der Nacht wieder ab. Er drang darauf, das Tor fest zu verriegeln, und ließ uns einen anderen Mann zurück, der den Befehl hatte, keinen Menschen einzulassen. Zugleich gab er uns den Rat, uns zu wehren, wenn jemand mit Gewalt einzudringen versuchte, denn niemand hätte des Nachts draußen etwas zu tun.

      Am 4. November kam Achmets Diener mit vier Janitscharen in einem Boot aus Arkeeko zurück. Achmet war noch immer nicht gesund und wünschte mich zu sehen. Er vermutete, entweder vergiftet oder behext worden zu sein, und hatte bereits allerlei Zaubermittel ohne Wirkung versucht. Wir langten um 11 Uhr in Arkeeko an, marschierten am Haus des Naybe vorbei, ohne dass man uns aufhielt, und fanden den Achmet mit Wechselfieber daniederliegen, auf das Elendeste behandelt. Er befürchtete sehr, zu sterben oder die Bewegungsfähigkeit seiner Gliedmaßen zu verlieren. Ich gab Achmet geeignete Mittel, um seine Schmerzen und seinen Magen zu erleichtern, und fing den folgenden Morgen mit einer Chininkur an. Diese hat hier eine kräftige Wirkung. Sogar die Rinde, welche zurückbleibt, nachdem man einen Aufguss gemacht hat, verfügt noch über starke Heilkraft.

      Am 6., als ich des Morgens beim Frühstück saß, brachte man mir die Nachricht, dass drei Boten aus Tigre angekommen seien. Der eine war ein junger Mann und Sklave von Janni, die beiden anderen waren Diener von Ras Michael oder vom König. Sie trugen kurze rote Mäntel mit dunkelblauen Streifen und Aufschlägen, welche das Merkmal der königlichen Diener sind und Shalaka heißen. Ras Michaels Brief an den Naybe war sehr kurz. Er schrieb, dass König Hatze Hannes bei schlechter Gesundheit sei; er höre mit Verwunderung, dass man den Arzt, welchen Metical Aga aus Arabien geschickt habe, nicht sofort nach Gondar weitergesandt habe, obwohl er schon vor einiger Zeit in Massaua angekommen sei. Er trug dem Naybe auch auf, mich mit allem Notwendigen zu versorgen und mich ohne Zeitverlust abzufertigen. Dieser Brief war von Janni erdichtet und sein eigener Brief an den Naybe war in sanfterem Ton abgefasst. Er meldete, wie dringend nötig der König einen Arzt brauche und mit wie viel Ungeduld dieser erwartet werde. Er sagte nicht ausdrücklich, dass er bereits etwas von der Ankunft eines solchen Mannes in Massaua gehört habe, sondern bat nur, dass man ihn sofort nach seiner Ankunft weiterbefördern solle. An uns schickte Janni einen anderen Boten, hieß uns herzlich willkommen und riet uns, koste es, was es wolle, so bald wie möglich zu kommen, da die Zeiten unsicher seien und noch schlimmer werden könnten.

      Nachmittags schiffte ich mich nach Massaua ein. Achmet war jetzt fieberfrei, ich ließ ihm jedoch noch einige Medikamente zurück, um einem Rückfall vorzubeugen. Er versprach mir, bald mit Booten und Mannschaft nach Massaua zu kommen und uns nach Arkeeko abzuholen. Am Ufer erwartete mich ein Bote des Naybe, der mich bitten ließ, zu ihm zu kommen, um mit ihm zu reden. Ich ließ ihn aber wissen, dass dies unmöglich sei, da ich dringend nach Massaua eilen müsste, um für seinen Neffen Achmet Arzneimittel zu holen. Wir langten um 8 Uhr auf der Insel an, sehr zur Freude unserer Diener, welche sich vor einem hinterlistigen Streich des Naybe gefürchtet hatten. Wir brachten alles ungestört in Ordnung und vollendeten unsere Aufzeichnungen über diese wenig gastfreundliche Insel, die wegen des vielen unter allerlei nichtigem Vorwand und Treulosigkeit vergossenen Christenblutes berühmt ist.

      Massaua ist ein sehr ungesunder Ort, wie auch die ganze Küste des Roten Meeres von Suez bis Bab el-Mandeb. Heftige Fieber – Nedad – spielen die Hauptrolle und enden im Allgemeinen am dritten Tag mit dem Tod. Erlebt der Kranke den fünften Tag, erholt er sich oft nur durch Wassertrinken und dadurch, dass man ihn im Bett mit viel kaltem Wasser begießt und in dieser Nässe liegen lässt. Es gibt hier kein wirksameres Mittel als die Chinarinde, man muss sie aber auf eine ganz andere Art und auch zu einem anderen Zeitpunkt geben als in Europa. Würde der Arzt zuerst durch Abführen den Patienten auf das Chinin vorbereiten, würde dieser am Fieber sterben, ehe die Vorbereitung vorbei wäre. Sobald sich Ekel oder Abneigung vor dem Essen, öfteres Gähnen, Drücken in den Augen und eine ungewöhnliche, wenngleich nicht schmerzhafte Empfindung im Rückgrat einstellt, darf keine Zeit versäumt werden. Man muss sofort und oft kleine Dosen Chinin einnehmen, keine Nahrungsmittel zu sich nehmen und nur reichlich Wasser trinken. Ich wagte das häufige Begießen mit kaltem Wasser nie oder nur höchst selten, obgleich ich überzeugt bin, dass es oft einen großen Nutzen hat. Die zweite oder dritte Dosis Chinin, wenn man auch nur eine geringe Menge nimmt, bewirkt unfehlbar eine Abführung. Ist diese reichlich, stirbt der Kranke selten, sondern erholt sich meist sehr schnell. Mäßiges Purgieren ist also meistens zu befolgen und Reis ist in diesem Zusammenhang eine weit bessere Speise als Obst.

      Es ist bei den Einwohnern von Massaua eine angestammte Gewohnheit, in der Frühe vor dem Öffnen der Türen Myrrhe und Weihrauch zu verbrennen, und wenn sie des Nachts oder früh am Tag ausgehen, haben sie immer ein kleines, stark mit beidem durchräuchertes Läppchen bei der Hand, dessen Zipfel sie in die Nasenlöcher stecken, um sich vor der ungesunden Luft zu schützen.

      Wir verließen Massaua am 10. November mit Achmets Soldaten und Booten. Überdies hatten wir noch die drei Diener aus Abessinien und fürchteten uns nun nicht mehr vor dem Naybe, der seinerseits nicht mehr an uns zu denken schien.

      In der Bai zwischen Massaua und Arkeeko liegen die beiden Inseln Toulahout und Shek Seide. Beide sind unbewohnt und haben kein Wasser. Am westlichen Ende von Shek Seide ist das Grab eines Heiligen oder Marabuts.

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