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des Gouverneurs von Chile unterwegs.“

      Der Mund des fetten Spaniers öffnete und schloß sich wie der eines Frosches. Auf eine Handbewegung von Hasard hin ließ er sich auf den Stuhl fallen, der vor dem Schreibtisch stand.

      Hasard öffnete die Schublade des Schreibtisches und holte ein Papier heraus, das er dem Hafenkommandanten reichte.

      „Mein Name ist Diaz de Veloso“, sagte er. „Sie sehen anhand des Dokumentes, daß die ‚Valparaiso‘ im Geheimauftrag des Gouverneurs von Chile ein englisches Kaperschiff jagt, das im Südmeer gesichtet wurde.“

      „El Draque?“ flüsterte der Spanier.

      Der Seewolf hob die Schultern.

      „Ich halte das für ein Gerücht“, sagte er und versuchte den blasierten Gesichtsausdruck eines spanischen Adligen nachzuahmen, was ihm blendend gelang, wie Ben Brighton erstaunt feststellen mußte. „Falls es dieser Drake sein sollte, so müßte er mit seinem Schiff die Magalhäes-Straße durchfahren haben. Trauen Sie das einem Engländer zu?“

      „Nie!“ antwortete der fette Spanier voller Überzeugung.

      „Ich nehme vielmehr an, daß es sich um Piraten handelt, die auf dem Landwege an diese Küste gelangt sind und sich irgendwo ein Schiff besorgten. Damit sind sie dann die Küste hinuntergefahren und haben unsere Schatzschiffe geplündert. Sie stießen nirgends auf großen Widerstand, weil kein Kapitän damit rechnete, in diesem Meer einem Feind zu begegnen.“

      Der fette Spanier nickte heftig.

      „So wird es sein, Captain de Veloso“, sagte er schnaufend.

      „Darf ich Ihren Namen auch erfahren?“ fragte Hasard mit hochgezogenen Brauen.

      Der fette Spanier blickte Havard von unten herauf an, als ob es ein Sakrileg sei, seinen Namen nicht zu kennen.

      „Ich bin Alfonso de Roja, Hafenkommandant Seiner Majestät edler und höchst treuer Stadt Panama.“ Er sagte es, als deklamiere er die Ode eines großen römischen Dichters.

      Der Seewolf ließ sich nicht beeindrucken. Er nahm dem Hafenkommandant das Dokument aus der Hand, das er im Schreibtisch seines spanischen Vorgängers gefunden hatte und auf dem sich sein ganzer Plan aufbaute, und stopfte es zurück in die Schublade.

      „Es ist zwar völlig unwahrscheinlich, daß es sich um El Draque handelt, den wir jagen, aber ganz auszuschließen ist es nicht“, sagte Hasard.

      De Roja zuckte regelrecht zusammen.

      „Besteht die Gefahr, daß er Panama angreift?“ fragte er erschrocken, und seine Fettpolster im Gesicht begannen vor Aufregung zu wabbeln.

      „Wer weiß“, sagte Hasard. „Wir haben nur erfahren, daß er nach Norden segelt. Wir werden in den nächsten Tagen vor dieser Bucht kreuzen und einen Angriff zu verhindern wissen, falls ein solcher geplant ist. Außerdem haben wir die Aufgabe, die Silbergaleone ‚Nuestra Senora de la Conceptión‘ vor einem Angriff zu schützen. Leider haben wir sie nicht mehr einholen können. Liegt sie vielleicht schon hier in der Bucht vor Anker?“

      Ben Brighton hielt den Atem an. Er sah, wie die anfängliche Vorsicht aus Hasards Gesicht gewichen war. Nun wurde er frech. Er wußte, daß die Silbergaleone niemals Panama mit ihrer Silberladung anlaufen würde. Sie war nach der Kaperung durch die „Golden Hind“ und die „Isabella“ geradewegs auf die Küste von Peru zugelaufen. Wußte de Roja vielleicht schon von dem Überfall?

      Zum Glück war die Kunde noch nicht bis Panama gedrungen.

      De Roja saß bleich und zitternd vor dem Schreibtisch.

      „Die ‚Cacafuego‘ ist schon seit einer Woche überfällig“, sagte er tonlos. „Sie glauben doch nicht, daß ...“

      Hasard hob die Schultern und blickte de Roja ernst an.

      „Es ist natürlich möglich, daß Capitan Don Juan de Anton durch den fürchterlichen Sturm, in den auch wir geraten sind, weit hinaus aufs Meer getrieben wurde“, sagte er.

      De Roja nickte hastig. Er war froh, daß er eine Erklärung für die Verspätung des Silberschiffes gefunden hatte.

      „Im letzten Jahr war sie auch eine Woche zu spät“, sagte er beruhigt. „Don Juan läßt sich immer Zeit, aber bisher hat er Panama noch immer unversehrt erreicht“

      „Ich glaube auch nicht, daß wir uns um ihn zu sorgen brauchen“, sagte Hasard. „Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Engländer den ‚Feuerkacker‘ mit ihrem kleinen Schiff angreifen werden. Don Juan würde sie mit seinen Kanonen auf den Grund des Meeres schicken.“

      De Roja wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. Er lächelte den Seewolf an.

      „Ich bin froh, Sie in Panama zu wissen, Capitan de Veloso“, sagte er. „Sie haben selbstverständlich die Erlaubnis, in den Hafen einzulaufen, wann Sie wollen. Ich werde dafür sorgen, daß Trinkwasser, Proviant und Munition jederzeit für Sie bereit stehen. Haben Sie Papier und Tinte zur Hand? Ich werde Ihnen einen Revers ausschreiben, in dem ich Ihnen alles bestätige. Leider bin ich nicht immer zugegen, und meine Leute haben Anweisung, sehr streng zu sein. Mit dem Revers werden Sie überall Unterstützung finden.“

      Der Seewolf erhob sich und verbeugte sich vor dem Hafenkommandanten, nachdem dieser den Revers verfaßt hatte und ihn über den Schreibtisch reichte.

      „Ich bin Ihnen für Ihre Unterstützung Dank schuldig, Senor de Roja“, sagte er.

      „Ich werde dem Gouverneur von Chile berichten, wie zuvorkommend Sie seine Untergebenen behandelt haben.“

      De Rojas schweißglänzendes Gesicht rötete sich vor Freude. Fast hätte er Ben Brighton mit seinem dicken Hintern umgestoßen, als er sich rückwärts zur niedrigen Tür bewegte.

      Hasard begleitete den ehrenwerten Don Alfonso bis zum Schanzkleid, das er schnaufend überstieg, um wieder in seine Schaluppe zu gelangen. Nicht einen einzigen Moment las Hasard so etwas wie Mißtrauen in den Augen des schwitzenden Spaniers. Er hatte die Geschichte mit dem Geheimauftrag geschluckt wie ein Fisch den Köder. Nur Don Alfonso de Roja merkte nicht, daß er schon am Angelhaken hing.

      2.

      Der Seewolf wartete, bis de Rojas Schaluppe hinter einer anderen Galeone verschwand, die querab etwa zwei Kabellängen von der „Isabella“ entfernt lag.

      Er bemerkte die Blicke seiner Männer, sah das Glitzern in ihren Augen und wußte, daß sie ihn für seinen tollkühnen Plan bewunderten. Er selbst fühlte sich nicht gerade als großartiger Held, hatten ihn doch die Zweifel, ob er mit dem Besuch des feindlichen Hafens Panama nicht einen tödlichen Fehler beging, nie verlassen.

      Jetzt schien alles ausgestanden. Sie hatten einen Revers des Hafenkommandanten, der ihnen einen uneingeschränkten Handlungsspielraum gab.

      Der Seewolf hörte leise Schritte. Der Franzose trat auf ihn zu. Er schien der einzige zu sein, der nicht vor Ehrfurcht und Bewunderung erstarrte.

      „Und nun?“ fragte er. „Wir sitzen mitten im Goldenen Becher. Mich würde interessieren, was du jetzt planst. Wenn wir eine der ankernden Galeonen angreifen, haben uns die anderen zusammengeschossen, bevor wir auch nur einen Goldbarren auf die ‚Isabella‘ herüberschaffen können.“

      „Laß dir etwas einfallen“, erwiderte der Seewolf lächelnd. „Inzwischen instruiere Tucker und Garberry, daß am Abend alle Mann für eine Aktion bereit sein sollen.“

      Er drehte sich einfach um, winkte Ben Brighton und verschwand mit ihm in der Kapitänskammer.

      Der Franzose kratzte sich am Kopf. Wahrscheinlich hatte er den Seewolf wieder einmal unterschätzt.

      Die Nacht war rabenschwarz. Fast zu schwarz. Hasard sah die Silhouette der dickbäuchigen Dreimastgaleone erst im letzten Augenblick. Zischend gab er den Befehl, das Boot abzustoppen und die Riemen an Steuerbord einzuholen. Die sechs Bootsgasten reagierten blitzschnell, aber sie konnten nicht verhindern,

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