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Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha
Читать онлайн.Название Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman
Год выпуска 0
isbn 9783959796712
Автор произведения Karin Bucha
Жанр Языкознание
Серия Karin Bucha Staffel
Издательство Bookwire
*
Auch Christiana Stücker hat in dieser Nacht keinen Schlaf bekommen. Gegen morgen erhebt sie sich aus ihrer unnatürlichen Starre, nimmt ein erfrischendes Bad und hüllt sich in einen leichten, langfließenden Morgenrock.
Dann geht sie, was sie selten tut, in die Küche und bestelIt sich starken Kaffee.
Das Mädchen deckt ihr in ihrem Zimmer am Fenster den Tisch, aber Christiana nimmt nur schluckweise den Kaffee zu sich.
Sie wartet und wartet und weiß nicht auf was. Manchmal steht sie auch auf und geht ein paarmal im Zimmer umher. Aber es treibt sie wieder zurück an ihren Fensterplatz.
Und dann weiß sie plötzlich, auf was sie gewartet hat. Sie sieht einen hochgewachsenen Mann im hellgrauen Anzug die Auffahrt heraufkommen. Ganz langsam geht er und sieht sich aufmerksam in dem parkähnlichen Garten um. Über die Fassade des modernen Wohnhauses geht sein Blick, und dann verschwindet er unter dem überdachten Eingang.
Christiana steht mitten im Zimmer, die Hand auf das Herz gepreßt, als ihr Doktor Romberg gemeldet wird.
»Ich lasse bitten.«
Romberg folgt dem Mädchen auf dem Fuße. Er wartet, bis hinter ihm die Tür ins Schloß fällt, dann geht er Christiana entgegen.
»Guten Morgen, gnädige Frau.«
»Wolfram – du?« Sie beginnt zu zittern. Sein Gesicht trägt einen unheilverkündenden Ausdruck. »Was gibt es? Ist – etwas mit meinem Mann?«
Warum zittert sie? durchzuckt es ihn. Sorgt sie sich um ihren Mann? Ist doch noch etwas von Gefühl in ihr, dem Manne gegenüber, der sie aus Armut, Not und Entbehrung geholt hat?
»Ihrem Gatten geht es den Verhältnissen entsprechend gut. Ich werde ihn im Laufe des Vormittags noch einmal röntgen müssen. Dann werden wir weiter sehen. Mein Besuch gilt Ihrem Bruder.« Seine Stimme klingt ruhig und sachlich. »Ich vermute ihn bei Ihnen. Das stimmt doch?«
»Willst du nicht Platz nehmen, bitte!« Sie weist auf den Sessel ihr gegenüber. »Ich werde meinem Bruder Bescheid sagen lassen.«
»Moment!« Er hält sie am Arm zurück. »Bitte, zeigen Sie mir den Weg zu ihm. Meine Zeit ist kurz bemessen.«
Sie sieht ihn groß und anklagend an. Mit stoischer Ruhe bleibt er beim »Sie« und einmal –?
Sie holt tief Atem. Es klingt wie unterdrücktes Schluchzen. Sie hat sich aber ganz fest in der Hand.
»Bitte!« fordert sie ihn tonlos auf und geht ihm voran, über den breiten, teppichbelegten Korridor, an dessen Ende sie eine Tür öffnet. Sie wendet sich Romberg zu. »Ich darf doch bei der Unterredung dabei sein?«
Er überlegt kurz. »Was ich mit Ihrem Bruder zu sprechen habe, geht eigentlich nur uns beide etwas an. Aber, wenn Sie es wünschen.«
»Ja – ich bitte darum«, fällt sie ihm rasch ins Wort, und sie treten ein.
Romberg bleibt nahe der Tür stehen. Noch liegt ein Dunst von Alkohol im Zimmer. Christiana wirft rasch die Gardinen zur Seite und öffnet die Fenster. Sonne und frische Luft dringen ein, und Romberg kann die Einrichtung des Zimmers erkennen. Es ist ein sehr luxuriös ausgestatteter Raum. Glänzende Mahagonimöbel, dicke echte Teppiche. Eine breite Couch, seidebezogen wie die Sesselgruppe. Ein Schreibtisch, schräg ins Zimmer gestellt, mit allerlei Papieren bedeckt.
So wohnt ein Assistenzarzt mit einem dürftigen Gehalt? Und das alles durch die Güte des Mannes, der schwerverletzt in seinem Krankenhaus liegt.
Sein Mund verzieht sich verächtlich, als er bemerkt, wie sich Christiana viel Mühe gibt, ihren Bruder wach zu bekommen.
Endlich richtet er sich auf, blickt verstört um sich. Sie rüttelt ihn an den Schultern vollends wach.
»Martin, mein Gott, hörst du denn nicht? Doktor Romberg ist da und will mit dir sprechen.«
»Wie – bitte –?« Mit beiden Händen fährt er sich durch das wirre Haar, und da entdeckt er die reglose Gestalt nahe der Tür. Im Nu ist er hellwach. »Hol mir den Bademantel«, raunt er Christia-na zu, und diese fliegt beinahe davon, kehrt sofort zurück und wirft den Mantel auf sein Bett.
»Augenblick«, murmelt Freytag.
Romberg durchmißt das Zimmer und stellt sich an das geöffnete Fenster, ihm somit Zeit lassend, sich etwas zu erfrischen.
»Wollen Sie nicht doch Platz nehmen?« hört er Christiana leise sagen. Sie hat jetzt auch eine Mauer gegen ihn aufgerichtet. Sie fühlt, von ihm kommt Unheil. Sie muß wachsam sein, sehr wachsam. Noch weiß sie nicht, um was es geht.
Langsam, zögernd läßt Romberg sich nieder, und da kehrt Martin aus dem Bad zurück. Er ist bleich. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Er blickt verstört von seiner Schwester zu Romberg. Manchmal gleitet sein Blick ab und sucht seinen Schreibtisch. Aber der Weg dorthin ist ihm versperrt.
»Ich hatte heute nacht noch interessanten Besuch, Freytag«, beginnt Romberg ruhig und sachlich. »Kommissar Reimund von der Kriminalabteilung war bei mir.«
»Nein –!« Christiana hat es beinahe geschrien.
Romberg überhört ihren Einwurf. Er neigt sich etwas vor. »Man vermutet, daß Ihr Schwager nicht allein im Wagen gesessen hat, Freytag. Es käme Fahrerflucht in Frage, zumindest aber hätte ein Arzt, der sein Begleiter war, pflichtvergessen gehandelt. Er wäre erledigt. Wollen Sie nicht die Wahrheit sagen, Freytag?«
Freytag spürt, wie ihm die Knie weich werden. Er wirft einen hilfeflehenden Blick nach seiner Schwester, und diese hat sofort begriffen. Sie greift ein.
»Wolfram«, spricht sie in höchster Erregung. Sie hat die Hände um die Lehne gekrampft, so daß die Knöchel weiß hervortreten. »Wenn es so wäre, könntest du Martin vernichten wollen?« »Ich will nur die Wahrheit wissen«, sagt Romberg hartnäckig. »Die Polizei kommt heute wieder zu mir. Ich werde der Gerechtigkeit niemals in den Arm fallen.« Er richtet das Wort direkt an Freytag, der sich den Schweiß von der Stirn wischt. »Wie war das, Doktor Freytag?« fragt er streng.
Merkwürdig! Er empfindet keinerlei Mitleid mit diesem Mann, den er noch nie in so jammervoller Verfassung gesehen hat, außer in der vergangenen Nacht. Aber er sieht eine zarte Frau vor sich, eine liebevolle und ewig besorgte Mutter, die auch ihm stets mütterlich begegnet ist und vor der er die allergrößte Hochachtung empfindet.
»Ja – ich war im Wagen – ich – ich habe ihn sogar gesteuert – und –« Freytag sinkt in den nächsten Sessel. Er ist völlig kraftlos. Die Worte hat er sich förmlich abgerungen.
»Sie werden sich dafür verantworten müssen, Doktor Freytag. Ist Ihnen das klar?« Rombergs helle Augen ruhen ernst auf den zuckenden Zügen des jungen Arztes.
»Ja!« flüstert er.
»Nein – nein!« Christiana steht vor Romberg und packt ihn an den Oberarmen. »Du darfst Martin nicht vernichten, Wolfram. Er wäre doch als Arzt erledigt. Hubert ist schwer verletzt, sein Leben hängt an einem Faden. Wenn nun – wenn nun dieser Faden reißt? Wem wäre damit geholfen? Er würde nicht mehr lebendig. Wolf, bitte, ich flehe dich an, denke an meine Mutter.«
Romberg schließt die Augen. Er sieht sie deutlich vor sich, die zierliche Frau mit den ewig ängstlichen blauen Augen.
Er richtet sich steil auf. »Eine seltsame Ehrauffassung haben Sie, gnädige Frau. Ich sehe nun klar und werde den Dingen ihren Lauf lassen. Ich möchte mich verabschieden –« Mit einer knappen Verbeugung gegen beide, die wie gelähmt sind, geht er zur Tür. Noch einmal wendet er sich ins Zimmer. »In einer Stunde spätestens erwarte ich Sie auf der Station.«
»Ich bin erledigt«, murmelt Freytag und legt das Gesicht in seine Hände.
»Feigling«, preßt Christiana außer sich hervor und hetzt davon. In ihrem Zimmer führt sie ein Telefongespräch. Sie spricht hastig, aufgeregt und trä-nenerstickt und hängt erschöpft ein.
*