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zu verharren, nicht die Rast, darin unser Herz fett werde! Nicht zum Frieden sind wir erwählet unter den Völkern: Weltwanderschaft ist unser Zelt, Mühsal unser Acker und Gott unsere Heimat in der Zeit. Aber nicht neidet sie darob, nicht klaget! Lasset den andern ihr Glück und den Stolz, lasset ihnen Haus und die Heimstatt der Erde, du aber lasse dich prüfen, du Leidensvolk, und glaube, du Gottesvolk, denn das Leid ist dein heilig Erbe, und ihm einzig bist du erwählet um deiner Ewigkeit willen.

      STIMMEN:

       Oh, Wahrheit des Wortes… unser Erbe ist das Leid… ich will es auf mich nehmen… ich glaube an seine Barmherzigkeit… er wird uns ausführen, wie er uns führte aus Mizraim… Segen auf dein Wort… Gott wird uns erlösen, wie er erlöste unsere Väter…

      JEREMIAS:

       So steh auf, du Volk, aus deiner Klage; wie einen Stab nimm deinen Glauben, und du wirst schreiten aus deinen Nöten, wie du geschritten tausend und tausend Jahre! Selig die Besiegten, die wir sind um seinetwillen, selig unsere Vertriebenheit! Selig, daß wir alles verlieren, um ihn zu finden, selig unser hart Schicksal, selig unsere Plage und Prüfung! Denn zur Dauer sind wir erwählt durch das Leid und zur Ewigkeit durch die Erneuung! Könige, die uns Herren waren, sind vergangen wie Rauch; Völker, die uns geknechtet, zerstreut und zertreten ihr Samen; Städte, darin wir dieneten, geborsten und der Schakale Hausung; doch Israel lebt und veraltet nicht an den Zeiten, ist doch das Leid seine Kraft und der Sturz seine Stufe. Durch Leiden haben wir die Zeit bestanden, immer war Untergang unser Anbeginn, doch aus allen Tiefen hub er uns immer an sein heilig Herz! Gedenket, gedenket der einstigen Mühsal und gedenket, wie wir sie bestanden; gedenket, gedenket Mizraims, des Diensthauses, der ersten Prüfung! Rühmet die Plage, ihr Geplagten, rühmet die Prüfung, ihr Geprüften, rühmet den Gott, der uns ihr erwählte in alle Ewigkeit!

      (DAS VOLK gerät in mächtige Erregung. Aus den einzelnen Stimmen heben sich rhythmisch die Chöre.)

      STIMMEN:

      Knechte Mizraims

       Waren die Väter,

       Eiserne Zäume

       Preßten und banden

       Israels Stirn.

       Knechte und Vögte

       Schlugen die Klage

       Auf dienendem Rücken

       Mit Peitschen entzwei,

       Schlugen die Kinder

       Mit tödlichem Erz.

      HELLERE STIMMEN:

      Doch in dem Dunkel, das uns umwölkte,

       Fand uns Gottes erbarmender Blick,

       Einen Befreier in niederem Schoße

       Weckt’ er dem Volke, eh es zerbrach.

       In seine Zunge ergoß er die Rede

       Und in seine Hände der Zeichen Gewalt.

       Aufhub Mose das Volk, das bedrückte,

       Aus seiner Rede glänzte uns Heimat,

       Und wir ließen das bittere Land.

      JUBELNDE STIMMEN:

      Und die Siebzig dereinstens gekommen,

       Tausend und Tausend kehrten darwider,

       Gehäufeter Habe mit Knechten und Tieren,

       Ein starkes Geschlechte zogen wir aus.

       Säule des Rauchs und Säule des Feuers

       Zogen voran den seligen Blicken,

       Engel des Herrn flogen hell vor uns her.

       Oh, erster Auszug! Oh, Anhub des Glückes!

       Oh, erste Einkehr und Wiederkehr!

      JEREMIAS:

      Doch neue Nöte waren Israel bereitet, Prüfung um Prüfung!

       Entsinnet sie, entsinnet die brennenden Tage der Bitternis! Entsinnet sie!

      STIMMEN:

      Hinter uns jagten,

       Schäumender Nüster,

       Rosse und Wagen

       Pharaos Heer.

       Über uns schollen

       Schon Schreie der Rache,

       Vor uns war Meerflut

       Und hinter uns Tod.

      HELLERE STIMMEN:

      Da aber ging Sturm von Gott aus der Höhe,

       Weit voneinander riß er die Fluten,

       Wasser ward Mauer, die Tiefe ward Gang,

       Hausung der Fische, sie ward uns zum Pfade,

       Und wir wandelten trockenen Fußes

       Zwischen der Wasser getürmeter Schlucht.

      JAUCHZENDE STIMMEN:

      Klirrend folgten die gierigen Feinde,

       Prasselnd jagten sie hin durch die Gasse

       Wartender Wasser, schon fing uns ihr Schrei,

       Da aber fiel Sturmwind des Herren hernieder,

       Brandend zerschäumten die wassernen Mauern,

       Über sie stürmte das blaue Verhängnis,

       Rosse und Wagen erwürgte das Meer!

      ERNSTE STIMMEN:

      So zerbrach der Herr die Gefahren,

       Heil entriß er das Volk seiner Haft.

       Oh, großer Anhub der wunderbaren,

       Selig unseligen Wanderschaft!

      JEREMIAS:

       Doch nochmals und nochmals goß er des Todes Bitternis über uns und der Prüfung Kelch, damit wir geneseten auf immerdar! Besinnet sie! Besinnet sie, die heißen Tage der Wüste, die vierzig Jahre Mühsal vor dem Gottesland!

      STIMMEN:

      Brach die Kehle,

       Leer die Lippen,

       Ausgedürstet

       Und verschmachtet

       Wankten wir

       Im leeren Land.

      JAUCHZENDE STIMMEN:

      Da reckte Mose, der Gottesgesandte,

       Den Stab und schmetterte ihn wider den Stein.

       Aufbrachen der Felsen marmorne Flanken,

       Wasser netzte die lechzende Lippe,

       Kühlung umspülte den staubigen Fuß.

      HELLERE STIMMEN:

      Wann wir müdeten, wurde uns Tröstung,

       Wunder durchrauschten den brennenden Tag,

       Bittere Bronnen wurden zu süßen,

       Würzige Wachteln herblies der Wind,

       Und als Hunger feurigen Eisens

       Unsere Eingeweide zerriß,

       Brach aus dem Morgen blendende Weiße:

       Manna fiel nieder, das himmlische Brot!

      JEREMIAS:

       Niemalens aber war Sicherheit uns gegeben. Ewig warf er uns nieder mit seiner heiligen Hand! Immer erneute er die Gefahren seinem Volke! Besinnet sie! Besinnet sie!

      STIMMEN:

      Völker standen

       Auf in Waffen,

       Neid und Habsucht

       Sperrten Wege

       Unsrer Fahrt,

       Städte schlossen

       Turm und Tore,

       Speere starrten

       Trotz und Tod.

      HELLERE STIMMEN:

      Da

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