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Freuden, ich will lassen die Süße des Weibes und die Hausung der Menschen, in dir allein will ich wohnen und wandern deine Wege. Keinen Ruf will ich hören, da ich deinen erhörte, und ertauben der Rede von Menschen. Dir allein gelobe ich mich, Herr, dir allein, denn durstig ist meine Seele deines Dienstes – offen bin ich deinem Wort und gewärtig deiner Zeichen!

      DIE STIMME DER MUTTER (nun schon ganz nahe und kenntlich):

       Jeremias!

      JEREMIAS (in Ekstase):

       Brich ein in mich, Herr, mein Herz birst vom Schauer deiner Nähe schon! Schütte dich aus, selig Gewitter; wühl mich auf, daß ich deinen Samen trage, mache fruchtend meine Erde, mache trächtig meine Lippe – einbrenn mir das Brandmal deiner Hörigkeit! Wirf dein Joch über mich, siehe, gebeuget schon ist mein Nacken, – dein bin ich, dein für immerdar. Nur erkenne mich, Herr, wie ich dich erkenne, nur laß mich deine Herrlichkeit schauen, wie du erschautest im Dunkel meine Niedrigkeit, den Weg nur weise deines Willens, Herr, weise ihn, weise ihn deinem ewigen Knecht!

      DIE MUTTER (ist suchend die Treppe emporgestiegen. Ihr Blick ist ängstliche Sorge, ihre Stimme voll Zärtlichkeit): Oh hier… hier bist du, mein Kind.

      JEREMIAS (auffahrend von den Knien, voll Schreck und Ingrimm): Weg… fort… oh, verloschen die Stimme… zerschlagen der Weg… verborgen für immer…

      DIE MUTTER:

       Weh… wie du hier stehest im dünnen Gewand am Kalten der Mauer… komm hinab, mein Kind… Fieber schwelt her von den Sümpfen des Morgens…

      JEREMIAS (voll Wildnis):

       Was folgst du mir, was verfolgst du mich! Oh Jagd ohne Ende, umstellt von Stirn und Rücken, in Wachen und Schlaf…

      DIE MUTTER:

       Jeremias, wie faß ich dich? Ich lag unten im Schlafe, da war mir, als hörte ich Zwiesprach vom Dache und Rede und Wort…

      JEREMIAS (auf sie zu):

       Du hörtest… Du auch… um der ewigen Wahrheit willen… Du hörtest Ihn reden, vernahmest den Ruf…

      DIE MUTTER:

       Wen meintest… keinen seh ich mit dir…

      JEREMIAS (sie fassend):

       Mutter… ich beschwöre dich, sprich mir… Tod oder Seligkeit trägt mir dein Wort… Du hörtest eine Stimme… wachen Sinnes hörtest du sie…

      DIE MUTTER:

       Eine Stimme hört ich vom Dache und tastete, daß ich dich weckte. Doch kalt war das Linnen, leer lag dein Bett. Da fiel Angst über mich, und ich rief deinen Namen…

      JEREMIAS (erschwankend):

       Du riefest… Du riefest meinen Namen…

      DIE MUTTER:

       Zu dreien Malen rief ich ihn… Doch warum…

      JEREMIAS:

       Zu dreien Malen? Mutter, des bist du gewiß…

      DIE MUTTER:

       Dreimal rief ich dich an…

      JEREMIAS (mit brechender Stimme):

       Zernichtung und Hohn! Oh, Trügnis überall, außen und innen. In Angst schrie eine zu mir, und mein Grauen vermeinte den Gott…

      DIE MUTTER:

       Wie bist du sonderlich! Kein Unrecht glaubt ich zu tun. Und stieg, da keiner Antwort gab, selbstens empor, ob hier einer wäre. Doch keiner war hier.

      JEREMIAS:

       Oh doch! Ein Rasender, ein Verblendeter… oh Qual und Marter der Träume… Sinn und Widersinn im Betruge… ich Narr, ich Narr meines Wahns!…

      DIE MUTTER:

       Was redest du… was ficht dich an…

      JEREMIAS:

       Nichts, Mutter, nichts… nicht achte meiner Worte…

      DIE MUTTER:

       Nein, Jeremias, ich achte ihrer, doch sie verschließen sich mir. Jeremias, ein fremder Geist ist über dich kommen, fremd ward und feindlich dein Sinn. Was ist dir geschehen, mein Kind, was quälet, was sorget dich?

      JEREMIAS:

       Nichts quält mich, Mutter… mich schwülte das Bett… Kühlung kam ich zu trinken…

      DIE MUTTER:

       Nein, du verschließt dich, du Harter, vor mir und bist doch offen meiner Seele. Meinst du, ich wisse nicht, wie du umgehst seit Monden Nacht um Nacht; meinest du, ich hörte nicht das Stöhnen deines Schlafs und den Angstschrei deines Schlummers? Oh, offenen Auges hör ich dich im Dunkel, wie du umwanderst ruhlos im Haus, Schritt für Schritt hör ich dich schreiten, und Schritt für Schritt mitwandert mein Herz. Was ists, das dich quälet? Tu dich auf, du Verschlossener, nicht birg meiner Sorge die Qual!

      JEREMIAS:

       Nicht sorge dich, Mutter! Nicht sorge dich!

      DIE MUTTER:

       Wie soll ich deiner nicht sorgen? Bist du denn meiner Tage Tag nicht und meiner Nächte Gebet? Aus den Händen bist du mir gewachsen, darin ich dich trug, doch meine Seele, noch hält sie dich inne, daß sie wache deines Lebens. Oh, ich wußte es vordem, eh du es wußtest, ich sah es, eh du es schautest, seit Monden schon: es ist ein Schatten auf dein Antlitz gefallen und eine Sorge in deine Seele. Du bist fremd worden deinen Freunden und abseits der Fröhlichen, den Markt meidest du und der Menschen Haus. In Gedanken vergräbst du und des Lebens versäumest du dich. Jeremias, besinne dich, zum Priester bist du gezogen, dein harret des Vaters Gewand, daß du lobpreisest den Herrn mit Psalter und Gesang. Heb auf dein Antlitz vom Dunkel in den Tag, es ist Zeit, daß du bauest dein Leben, daß du beginnest dein Werk!

      JEREMIAS:

       Nicht ist Zeit jetzt des Beginnens! Zu nah ist das Ende!

      DIE MUTTER:

       Es ist Zeit! Es ist Zeit! Mannbar bist du des langen, eines Weibes verlanget dies Haus und der Kinder, damit erweckt sei deines Vaters Bild.

      JEREMIAS (in grimmigem Schmerz):

       Ein Weib heimführen in Wüstung? Kinder zeugen dem Würger? Wahrlich, nicht bräutlich nahet die Stunde!

      DIE MUTTER:

       Ich faß dich nicht.

      JEREMIAS:

       Soll ich bauen ein Haus in den Abgrund und mein Leben in den Tod? Soll ich säen der Fäulnis und lobpreisen die Vernichtung? Ich sage dir, Mutter, wohl dem, der sein Herz nicht hängt jetzt ans Lebendige, denn wer atmet diesen Tag, trinkt schon von seinem Tod.

      DIE MUTTER:

       Welch ein Wahn ist über dir? Wannen war sanfter die Zeit, wann stiller im Frieden dies Land?

      JEREMIAS:

       Nein, Mutter, sie sagen Friede und Friede, die Toren, aber es ist darob kein Friede noch, und sie legen sich nieder und vermeinen Schlaf, die Arglosen, und schlafen schon in ihren Tod. Mutter, eine Zeit ist nahe wie keine gewesen je in Israel, und ein Krieg, wie noch keiner über Erden gefahren! Eine Zeit, daß neiden werden die Lebendigen die Toten in der Grube um ihren Frieden und die Schauenden die Blinden um ihr Dunkel. Noch ist es nicht sichtig den Toren, noch ist es nicht offenbar den Träumern, doch ich, ich hab es geschauet Nacht um Nacht. Immer höher brennet der Brand, immer näher nahet der Feind, er ist da, der Tag des Getümmels und der Zertretung, schon steiget des Krieges rot Gestirn aus der Nacht.

      DIE MUTTER:

       Entsetzen… wie wüßtest du’s?…

      JEREMIAS:

      Ein Wort, ein heimlich Wort ist über mich kommen,

       Da ich Gesichte beschaute des Nachts

       Und irrging in Träumen.

       Furcht und Bangnis fiel über mich,

       Meine Gebeine erbebten wie eine Klapper,

      

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