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erlassen und angeschlagen ward, nahm der General Mack Abschied vom König, indem er fünftausend Mann zur Bewachung Roms zurückließ, und zog durch das sogenannte Volksthor, um, wie Ferdinand seiner Gemahlin geschrieben, Championnet zu verfolgen und ihn überall, wo er mit ihm zusammentreffen würde, anzugreifen.

      In demselben Augenblicke, wo seine Arrieregarde sich in Marsch setzte, kam auf dem entgegengesetzten Ende von Rom, das heißt durch das Thor San Giovanni, ein Zug herein, der sich sehr originell ausnahm.

      Vier berittene neapolitanische Gendarmen, die an ihren Tschakos die rothweiße Kokarde trugen, ritten zwei Männern voran, die mit den Armen an einander gebunden waren. Diese beiden Männer trugen weißbaumwollene Mützen und weite Kittel von unbestimmter Farbe, wie die Kranken in Hospitälern zu tragen pflegen.

      Sie saßen auf zwei ungesattelten Eseln und jedes dieser Thiere ward von einem Manne aus dem Volke geführt, welcher, mit einem dicken Knüppel bewaffnet, die Gefangenen bedrohte und insultirte.

      Diese Gefangenen waren die beiden Consuln der römischen Republik, Mattei und Zaccalone, und die beiden Männer aus dem Volke, welche die Esel führten, waren der Klempner und der Kräuterhändler, welche versprochen hatten, sie auszuliefern.

      Sie hatten Wort gehalten, wie man sieht.

      Die beiden unglücklichen Flüchtlinge, die in einem Hospitale, welches Mattei in Valmontone, seiner Vaterstadt, gegründet, in Sicherheit zu sein glaubten, hatten sich dorthin geflüchtet und, um sich besser zu verbergen, das Kostüm der Kranken angelegt. Von einem Krankenwärter, welcher Mattei eine Anstellung verdankte, verrathen, waren sie hier ergriffen worden und man führte sie nun nach Rom, damit ihnen hier das Urtheit gesprochen würde.

      Kaum hatten sie das Thor San Giovanni passiert, und waren erkannt, als das Volk mit jenem unheilvollen Instinkte, der es treibt, das, was es selbst erhoben und geehrt, wieder in den Staub zu treten und zu schänden, die Gefangenen zu insultiren begann, indem es sie mit Koth, dann mit Steinen warf, dann: »Nieder mit ihnen!« und: »Schlagt sie todt!« schrie und dann seine Drohungen in Ausführung zu bringen suchte.

      Die vier neapolitanischen Gendarmen mußten dieser Menge auf das Bestimmteste versichern, daß man die Consuln nur in der Absicht nach Rom zurückbrächte, um sie zu hängen, und daß dies den nächstfolgenden Tag vor den Augen des Königs Ferdinand durch die Hand des Henkers auf dem Platze vor der Engelsburg, dem gewöhnlichen Orte der Hinrichtungen, und zwar zur größeren Schmach der französischen Besatzung geschehen würde.

      Dieses Versprechen beschwichtigte die Menge, welche, da sie sich dem Könige Ferdinand nicht unangenehm machen wollte, sich dazu verstand, bis zu den nächstfolgenden Tag zu warten, sich aber für diese Verzögerung dadurch entschädigte, daß es die beiden Consuln immer noch mit Geheul und Hohngeschrei verfolgte, während es sie ununterbrochen mit Koth und Steinen warf.

      Die Gefangenen warteten ergebungsvoll, stumm, traurig, aber ruhig und indem sie den Tod weder zu beschleunigen noch abzuwehren suchten. Sie sahen ein, daß für die Alles aus war und daß sie, wenn sie den Klauen des Volkslöwen entrannen, dann nur in die des königlichen Tigers fielen. Sie senkten daher das Haupt und warteten.

      Ein Gelegenheitsdichter – dergleichen Dichten mangeln nie, weder bei Triumphen noch bei Niederlagen – hatte die folgenden vier Verse improvisiert und sofort unter das Volk ausgeheilt, welches dieselben nach einer ebenfalls improvisierten Melodie sang:

      »Largo, o romano popolo! All' asinino ingresso

      Qual fecero non Cesare, non Scipione istesso.

      Di questo democratico ed augusto onore è degno

      Chi rose un di da console d'impi tiranni il regno.«

      In bescheidene Prosa übersetzt, bedeuten diese Verse Folgendes:

      »Platz, o römisches Volk, bei dem Eseleinzuge.

      wie er weder Cäsar noch Scipio beschieden war.

      Dieser erhabenen und demokratischen Ehre war nur der würdig,

      welcher einmal als Consul das Reich gottloser Tyrannen regierte.« [Der Verfasser hat in dem Augenblicke, wo er diese Zeilen schreibt, einen Kupferstich aus jener Zeit vor sich liegen, welcher den Einzug jener Unglücklichen darstellt. Wir brauchen nicht erst zu sagen, daß wir uns in den vier oder fünf letzten Capiteln nicht einen einzigen Augenblick von der Geschichte entfernt haben.]

      So mußten die Gefangenen drei Viertheile Roms durchziehen, und wurden dann nach dem sogenannten neuen Gefängnisse gebracht.

      Eine unzählige Volksmenge sammelte sich an dem Thor des Gefängnisses und man mußte ihr, damit sie dieses nicht einschlüge, versprechen, daß den nächstfolgenden Tag Mittags die Hinrichtung auf dem Platze vor der Engelsburg stattfinden würde und daß man zum Beweise schon den nächstfolgenden Morgen bei Tagesanbruch den Henker und seine Gehilfen das Schaffot aufschlagen sehen könne.

      Zwei Stunden später verkündeten an allen Straßenecken angeschlagene Bekanntmachungen die Hinrichtung für den folgenden Tag Mittag.

      Dieses Versprechen bereitete den Römern eine angenehme Nacht. Schon um sieben Uhr Morgens ward in der That das Schaffot auf dem Platze der Engelsburg zwischen dem Triumphbogen Gratians und der Tiber aufgeschlagen.

      Es war dies, wie wir gesagt haben, der gewöhnliche Hinrichtungsplatz, und um größerer Bequemlichkeit willen stand das Haus des Henkers nur wenige Schritte davon entfernt auf dem Quai, dem alten Gefängnisse Tordinone gegenüber.

      Hier stand es noch im Jahre 1848, wo es, als Rom die Republik proclamierte, welche noch nicht einmal so lange dauern sollte, als die von 1798, demoliert ward.

      Während die Zimmerleute des Todes das Schaffot bauten und Galgen aufschlugen – mitten unter den unfeinen Scherzen des Volkes, welches bei dergleichen Gelegenheiten allemal viel Witz entwickelt – schmückte man einen Balcon mit kostbaren Draperien, welche Arbeit sich mit der des Schaffots in die Aufmerksamkeit der Menge theilte. Dieser Balcon war nämlich die Loge, von wo aus der König dem Schauspiele beiwohnen wollte.

      Eine ungeheure Volksmenge strömte von allen Richtungen her auf den Platz vor der Engelsburg, der bald so gedrängt voll war, daß man Wachen um das Schaffot herum aufstellen mußte, damit die Zimmerleute ihre Arbeit fortsetzen konnten.

      Nur das rechte Tiberufer, auf welchem das Grabmal Hadrians steht, war leer. Die furchtbare Burg, welche in Rom das ist, was die Bastille in Paris war und was das Castell San Elmo in Neapel ist, flößte, obschon stumm und anscheinend unbewohnt, so große Furcht ein, daß Niemand sich auf die Brücke wagte, welche hinüberführt, und sich eben so wenig getraute, am Fuße einer Mauern vorüber zu gehen.

      In der That schien die dreifarbige Fahne, die von der Spitze dieser Festung flatterte, diesem ganzen, von blutigen Orgien berauschten Volke zu sagen: »Bedenke wohl, was Du thust! Frankreich ist da!«

      Da aber kein französischer Soldat sich auf den Wällen zeigte, da die Ausgänge der Festung sorgfältig geschlossen waren, so gewöhnte man sich allmälig an diese stumme Drohung, gerade so, wie Kinder sich an die Gegenwart eines schlafenden Löwen gewöhnen.

      Um elf Uhr führte man die beiden Verurtheilten aus ihrem Gefängnisse heraus und ließ sie wieder ihre Esel besteigen. Man warf ihnen einen Strick um den Hals und die beiden Gehilfen des Henkers faßten jeder ein Ende des Strickes, während der Henker selbst voranschritt.

      Begleitet waren sie von jener Brüderschaft von Büßern, welche die Delinquenten auf das Schaffot zu geleiten pflegten, während eine ungeheure Volksmasse hintendrein folgte.

      So wurden sie immer noch in ihrer Hospitaltracht nach der Kirche San Giovanni geführt, vor deren Façade man sie von ihren Eseln herabsteigen ließ und auf deren Stufen sie barfuß und knieend Abbitte leisteten.

      Der König passierte, indem er sich von dem Palaste Farnese nach dem Hinrichtungsplatze begab, die Via Julia in dem Augenblicke, wo die Gehilfen des Henkers die beiden Verurtheilten, indem sie dieselben an den Stricken zerrten, zum Niederknien zwangen. Früher war unter solchen Umständen die königliche Gegenwart die Rettung des Verurtheilten. Jetzt aber war Alles anders und die königliche Gegenwart machte im Gegentheile die Hinrichtung nur um so sicherer.

      Die

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