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dem Bilde las man:

      Al rey Moro, d. h. zum Maurenkönig.

      Obgleich nun nichts andeutete, daß dieser Maurenkönig, unter dessen Namen und Schutz das Wirthshaus gestellt worden, der letzte Fürst sey, der in Granada geherrscht hatte, so konnte doch Niemand, der nur etwas von der edlen Malerkunst verstand, zweifelhaft seyn, daß der Künstler die Absicht gehabt habe, den Sohn Zoravas, Abul-abd-Allah, genannt al Zaquir, darzustellen, den Florian unter dem Namen Boabdil geschildert hat.

      Unsere Eile es den Reisenden nachzuthun, d. h. unser Pferd in Galopp zu setzen, um in das Wirthshaus zu gelangen, hat uns verhindert einen Blick auf eine Person zu werfen, die zwar von niederem Stand zu seyn scheint, aber nichtsdestoweniger eine ausführliche Beschreibung verdient.

      Allerdings war diese Person sowohl im Schatten einer alten Eiche als auch hinter dem geschlängelten Wege versteckt.

      Ein Mädchen von sechzehn bis achtzehn Jahren war es, die theils irgend einem maurischen Volksstamme anzugehören, theils aber auch das Recht zu haben schien, der großen europäischen Familie zugezählt zu werden. Wahrscheinlich waren in ihr beide Volksstämme vereinigt und sie bildete ein Zwischenglied, welches in seltsamer Mischung mit dem heißen und zaubermächtigen Reiz der Südländerin die liebliche milde Schönheit der nordischen Jungfrau verband. Ihr Haar war so schwarz, daß es den bläulichen Schimmer des Rabengefieders erreichte, fiel auf den Hals herab und umgab ein vollkommen ovales Gesicht von höchst würdevollem Ausdrucke. Große blaue Augen, überschattet durch Lider und Brauen von der Farbe des Haares, eine mattweiße Haut, Lippen frisch wie Kirschen, Zähne, die Perlen beschämen konnten, ein Hals, der bei jeder Bewegung die Anmuth und Geschmeidigkeit des Schwanenhalses verrieth, Arme, die zwar etwas lang aber tadellos geformt waren, eine Gestalt biegsam wie das Rohr, das sich im See spiegelt, oder wie die Palme, die in der Oase schwankt, Füße endlich, die unbekleidet blieben, so daß man ihre zierliche Kleinheit bemerken konnte, vollendeten das Bild des Mädchens, auf welche wir die Aufmerksamkeit des Lesers lenken.

      Ihre seltsame Kleidung bestand in einem Kranze virginischen Jasmins, den sie von dem Zaune des beschriebenen kleinen Hauses gepflückt hatte und dessen dunkelgrüne Blätter und purpurrothe Blüthen vortrefflich zu dem Rabenschwarz des Haares paßten. Den Hals schmückte eine Kette aus flachen Ringen von der Größe eines Philippdor, die in einander gesteckt waren und wie Flämmchen blitzten. Ihr seltsam geschnittenes Kleid war von dem Seidenstoffe, der matt und hellfarbig gestreift war und damals in Granada gewebt wurde, wie heut zu Tage noch in Algier, Tunis und Smyrna. Um die Hüften wurde es durch einen sevillanischen Gürtel mit Goldfransen knapp zusammen genommen, wie ihn jetzt der Maso trügt, der mit der Guitarre unter dem Mantel der Geliebten ein Ständchen bringen will. Wären Gürtel und Kleid neu gewesen, so hätten sie den Augen vielleicht weh gethan, der zu hellen grellen Farbe wegen, welche die Araber und Spanier lieben, aber langer Gebrauch hatte Alles ziemlich verschmolzen.

      Das Allermerkwürdigste an der Schönen – die freilich in Spanien nicht so selten waren und sind als anderswo – war der reiche Anzug bei der gemeinen Beschäftigung. Sie saß auf einem großen Stein am Fuße eines der erwähnten Grabkreuze im Schatten einer riesigen Eiche, mit den Füßen in dem Bache, dessen Wasser sie wie Silbergaze bedeckte, und spann.

      Unfern von ihr kletterte am Berge weidend eine Ziege, ein ruhiges, waglustiges Thier, der gewöhnliche Besitz des Besitzlosen.

      Während sie mit der linken Hand die Spindel drehte, mit der rechten den Faden auszog und zugleich auf ihre Füße sah, über welche die kleinen Wellen des Baches plätscherten, sang das Mädchen halblaut eine Art Volkslied, das keineswegs der Ausdruck ihrer Gedanken zu seyn, sondern als Begleitung der Stimmen zu dienen schien, welche in ihrem Herzen sang und von Niemanden gehört wurde.

      Von Zeit zu Zeit unterbrach die Sängerin den Gesang und die Arbeit und rief die Ziege, nicht um sie zu sich zu locken, sondern eben nur um ein freundliches Wort an sie zu richten. Sie bediente sich dabei des arabischen Wortes und so oft die Ziege das Wort maza hörte, schüttelte sie muthwillig den Kopf, ließ ihr silbernes Glöckchen klingen und weidete weiter.

      Das Lied sang die Spinnerin nach einer langsamen und eintönigen Melodie, die man heute noch in den Ebenen von Tanger und in den Bergen Kabyliens hören kann. Es war die Romanze, welche in Spanien als das Lied vom König Don Fernand bekannt ist.

      Granada, meine Holde,

      Mit dem Band von Golde,

      Sey mein Weib in Freud und Stürmen!

      Nimm als Gabe, dir zu Ehren,

      Drei der Klöster mit den Chören,

      Drei der Besten mit den Wehren,

      Drei der Städte mit den Thürmen.

      Du brauchest nur zu wählen

      Unter den Juwelen,

      Ja und wär’s selbst die Giralda!

      Wenn sie Dich erfreute,

      Nähm‘ ich selbst im Streite,

      Als die schönste Beute,

      Sevilla die Giralda.

      Und was auch sagt Sevilla,

      Und was auch sagt Castitla,

      Was auch immer sagt das Land,

      Immer achte ich es klein,

      Bist Du nur, Granada, mein.

      Ach, Granada, laß mich ein,

      Bin der König Don Fernand.

      In diesem Augenblicke blickte sie auf, um ihre Ziege zu rufen, aber kaum hatte sie das Wort maza ausgesprochen, als sie verstummte und ihre Augen sich unverwandt auf den Weg von Alama her richteten.

      Am Horizonte erschien ein junger Mann, der auf seinem andalusischen Rosse im Galopp den Berg herunter kam.

      Das Mädchen begann dann die Arbeit wieder, aber noch zerstreuter als zuvor, als höre sie nur den Reiter kommen, wenn sie auch nicht mehr hinsah, und stimmte die vierte Strophe des Liedes an, welche die Antwort Granada’s an den König Don Fernand war:

      Ja, ich liebe Dich, Don Fernand,

      Aber mich drückt Unglückshand.

      Komm, Befreier, hoch zu Roß!

      Kronen tragend und – gefangen,

      Sclavin, ob auch goldbehangen,

      Harr ich Dein in Sehnsuchtsbangen

      In dem Thurm mit Silberschloß.

      Zweites Capitel.

      El correo d‘amor

      Während die Spinnerin die legte Strophe sang, war der Reiter so weit heran gekommen, daß sie beim Wiederaufblicken seinen Anzug und sein Gesicht erkennen konnte.

      Es war ein schöner Mann von fünf- oder sechsundzwanzig Jahren mit einem breitkrempigen Hute, über den sich flatternd eine feuerfarbige Feder bog.

      Im Schatten, den der Hut auf das nur halb beleuchtete Gesicht warf, glänzten zwei schöne schwarze Augen, denen man es ansah, das sie sich leicht an der Glut des Zornes oder an der Flamme der Liebe entzünden könnten. Die gerade Nase von untadeliger Form überragte einen leicht an den Seiten emporgedrehten Schnurrbart und zwischen diesem und dem Kinnbarte bemerkte man prächtige Zähne, weiß und spitzig wie die des Schakals.

      Trotz und vielleicht wegen der Hitze trug er einen der cordova’schen Mäntel, die wie ein amerikanischer Poncho geschnitten sind, in der Mitte eine Oeffnung zum Durchstecken des Kopfes haben und den Reiter von den Schultern bis zu der Spitze der Stiefeln bedecken. Dieser Tuchmantel, von der Farbe des Feuers wie die Feder aus dem Hute, unten und an der Halsöffnung herum mit Gold gestickt, verhüllte einen Anzug, der außerordentlich zierlich seyn mußte, wenn man nach dem schließen dürfte, was davon sichtbar war, nämlich nach dem Ende der Aermel und nach den Bändern!

      Sein Pferd, das er als vollendeter Reiter beherrschte, war ein schönes fünf- oder sechsjähriges Thier mit rundlichem Hals, flatternder Mähne, kräftigem Kreuz, bis zur Erde reichendem Schweife und von jener kostbaren Farbe, welche die

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