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besser ist, sie zu verschieben, als zu gefährden . . . keine Verwegenheit, und nicht mit dem Kopf durch die Wand. Unsere Schwester, die Königin Regentin von Schottland, mag immerhin drohen, sie werde mit dem Engländer brechen, glaubt mir, ganz verliebt in ihren jungen Gemahl, würde Maria von England keine Rücksicht darauf nehmen, und richtet Euch danach.«

      »Beim Leibe Christi,« unterbrach der Herzog von Guise, indem er heftig mit der Faust auf den Tisch schlug, »er hat nur zu sehr Recht, mein Bruder, und er ist ein listiger Fuchs, der die Dinge zu riechen weiß. Ja, Maria, die Ehrbare, wird sich durch ihren gesetzlichen Gatten verführen lassen, und ich werde nicht offen ungehorsam gegen den König sein, der unter so ernsten Umständen seine Soldaten zurückverlangt, eher stehe ich von allen Königreichen der Welt ab; abermals also ein Hinderniß gegen diese verfluchte Exedition. Denn ich frage Euch, Gabriel, ist sie nicht verflucht trotz der Segnung des heiligen Vaters? Gabriel, unter uns gesagt, sprecht offenherzig, Ihr findet sie verzweifelt, nicht wahr?«

      »Gnädigster Herr,« erwiderte Gabriel, »ich möchte nicht gern von Euch zu denjenigen gezählt werden, welche sich so leicht entmuthigen lassen, und dennoch, da Ihr meine Offenherzigkeit aufruft . . .«

      »Ich verstehe Euch, Gabriel, und bin Eurer Ansicht. Ich sehe vorher, wir werden nicht auf einmal hier mit einander die großen Dinge machen, die wir so eben beabsichtigten; aber ich schwöre. daß die Sache nur aufgeschoben ist, und Philipp an irgend einem Orte schlagen, heißt ihn immerhin in Neapel schlagen; doch fahrt fort, Gabriel; wir haben noch eine schlimme Nachricht zu vernehmen, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht.«

      Gabriel las weiter.

      »Die andere ärgerliche Angelegenheit, die ich Euch mitzutheilen habe, ist, wenn sie auch ganz besonders Unsere Familie betrifft, nicht minder ernst; doch wir haben ohne Zweifel noch Zeit, zuvorzukommen, und ich mache Euch deshalb in aller Eile Mittheilung davon. Ihr müßt wissen, daß seit Eurer Abreise der Herr Connetable von Montmorency stets erbost und erbittert gegen uns ist und nicht abläßt, uns seiner Gewohnheit gemäß um die Güte des Königs für unsere Familie zu beneiden und sie zu verwünschen. Die nahe bevorstehende Feier der Hochzeit unserer lieben Nichte Maria mit dem Dauphin ist nicht geeignet, ihn in gute Laune zu versetzen. Das Gleichgewicht, das der König aus Politik zwischen den Häusern Guise und Montmorency aufrecht zu halten sucht, neigt sich hierdurch ganz sonderbar auf unsre Seite und der alte Connetable verlangt mit lauter Stimme ein Gegengewicht; er hat dieses Gegengewicht gefunden, mein lieber Bruder, es wäre dies die Verheirathung seines Sohnes Franz, des Gefangenen von Therouanne mit . . .«

      Der junge Graf vollendete nicht, die Stimme versagte ihm, und eine jähe Blässe bedeckte seine Stirne.

      »Nun! was habt Ihr denn, Gabriel?« fragte der Herzog, »wie bleich und entstellt seht Ihr aus? welches Uebel hat Euch plötzlich befallen?«

      »Es ist nichts, gnädigster Herr, durchaus nichts, ein wenig Müdigkeit vielleicht, eine Art von Betäubung; doch ich habe mich schon wieder erholt und fahre fort, gnädigster Herr. Wo war ich? Der Cardinal sagte, glaube ich, es gebe ein Mittel. Ah! nein, weiter unten. Ich habe es: »Es wäre dies die Verheirathung seines Sohnes Franz mit Frau Diana von Castro, der legitimierten Tochter des Königs und von Frau Diana von Poitiers. Ihr erinnert Euch, mein Bruder, daß Frau von Castro, mit dreizehn Jahren Witwe des Herzogs Horazio Farnese, der sechs Monate nach ihrer Verheirathung bei der Belagerung von Hesdin getödtet worden war, während dieser fünf Jahre im Kloster der Töchter Gottes in Paris geblieben ist. Der König hat sie auf das Ansuchen des Connetable an den Hof zurückberufen. Es ist eine Perle der Schönheit mein Bruder, und Ihr wißt, daß ich mich darauf verstehe. Ihre Anmuth hat ihr alle Herzen erobert, und vor allen das väterliche Herz. Der König, der sie schon früher mit dem Herzogthum Chatellerault beschenkte, hat sie nun abermals mit dem Herzogthum Angoulême apanagirt. Noch befindet sie sich keine zwei Wochen hier, und schon ist ihr Einfluß auf den Geist des Königs eine anerkannte Thatsache. Ihr reizendes Wesen und ihre Anmuth sind ohne Zweifel die Ursachen dieser so lebhaften Zuneigung. Die Sache ist so weit gekommen, daß Frau von Valentinois, welche es, ich weiß nicht warum, für passend erachtet hatte, ihr eine andere Mutter officiell zu geben, mir zu dieser Stunde auf die sich erhebende Macht eifersüchtig zu sein scheint. Die Angelegenheit stünde also gut für den Connetable, wenn er in sein Haus diese mächtige Verbündete bringen könnte. Ihr wißt, unter uns gesagt, daß Diana von Poitiers diesem alten Unzüchter nicht viel zu verweigern hat, und wenn unser Bruder Aumale der Schwiegersohn ist, so steht Anne von Montmorency in noch viel näherer Verbindung mit ihr. Der König ist andererseits geneigt, das große Ansehen, das er uns in seinem Rathe und in dem Heere gewinnen sieht, auszugleichen. Diese verdammte Heirath hat also sehr viele Chancen des Vollzugs . . .«

      »Eure Stimme zittert abermals, Gabriel,« unterbrach der Herzog, »ruht aus, und laßt mich selbst diesen Brief vollenden, der mich im höchsten Grade interessiert. Denn der Connetable würde in der That einen gefährlichen Vortheil vor uns erringen. Doch ich glaubte, sein großer Dummkopf Franz wäre an eine von Fiennes verheirathet. Gebt mir den Brief, Gabriel.«

      »Wahrhaftig, ich befinde mich sehr wohl, gnädigster Herr,« erwiderte Gabriel, der etwas weiter gelesen hatte, »ich kann die paar Zeilen, welche noch übrig sind, wohl vollenden. »Diese verdammte Heirath hat also viele Chancen des Vollzugs, nur eine einzige ist für uns. Franz von Montmorency ist durch eine geheime Heirath an Fräulein von Fiennes gebunden, eine Ehescheidung ist vorläufig nothwendig; Doch es bedarf der Einwilligung des Papstes, und Franz ist nach Rom abgereist, um sie zu erlangen. Es liegt also Euch ob, mein lieber Bruder, ihm bei Seiner Heiligkeit zuvorzukommen und es durch unsere Freunde, die Caraffa, und Euren Einfluß dahin zu bringen, daß man sein Scheidungsgesuch verwirft, welches indessen, wie ich Euch im Voraus bemerken muß, durch einen Brief des Königs unterstützt wird. Doch die angegriffene Stellung ist so sehr Lebensfrage, daß Ihr alle Eure Kräfte aufbieten müßt, um sie zu vertheidigen, wie Ihr es mit Saint-Dizier und Metz gethan habt. Ich werde meinerseits und zu gleicher Zeit mit aller Energie zu Werke gehen, denn das muß sein. Und hiernach bitte ich Gott mein lieber Bruder, Euch ein gutes und langes Leben zu verleihen.

      Paris, den 12. April 1557.

      Euer gehorsamsten unterthänigster Diener

G. Cardinal von Lothringen.«

      »Gut! es ist noch nichts verloren,« sprach der Herzog von Guise, als Gabriel den Brief des Cardinals beendigt hatte, »und der Papst, der mir Soldaten verweigert, kann mir wenigstens eine Bulle zum Geschenk machen.«

      »Ihr hofft also,« entgegnete Gabriel zitternd, »Ihr hofft, Seine Heiligkeit werde die Ehescheidung von Jeanne von Fiennes nicht zugeben, und sich der Heirath von Franz von Montmorency widersetzen?«

      »Ja, ja, ich hoffe es; doch wie bewegt seid Ihr, mein Freund! Dieser gute Gabriel! mit welcher Leidenschaft geht er in unsere Interessen ein . . . Ich bin Euch auch ganz und gar zugethan, Gabriel, dessen könnt Ihr Euch versichert halten. Sprechen wir ein wenig von Euch . . . wie wäre es, da Ihr bei dieser Expedition, deren Ausgang ich nur zu gut vorhersehe, kaum, wie ich glaube, neue glänzende Thaten den ungeheuren Diensten beifügen könnt, für die Ich gegen Euch verpflichtet hin, wie wäre es, wenn ich anfinge meine Schuld nun ebenfalls an Euch abzutragen? Ich will auch nicht zu sehr zurückbleiben, mein Freund. Könnte ich Euch nicht in irgend einer Beziehung nützlich oder angenehm sein? Sprecht, sagt es offenherzig.«

      »Oh! durchlauchtigster Herr, Ihr seid zu gnädig gegen mich,« versetzte Gabriel, »und ich sehe nicht . . .«

      »Seit den fünf Jahren, die Ihr heldenmüthig unter den Meinigen kämpft, habt Ihr nicht einen Pfennig von mir angenommen. Ihr müßt Geld nöthig haben, was Teufels! Jedermann braucht Geld. Was ich Euch anbiete, ist weder ein Geschenk noch ein Anlehen, sondern eine Vergütung. Also keine leere Bedenklichkeiten, und obgleich es bei uns knapp zugeht . . .«

      »Ja, ich weiß, gnädigster Herr, daß die kleinen Mittel zuweilen Euren großen Ideen fehlen, und ich brauche so wenig Geld, daß ich Euch einige tausend Thaler antragen wollte, welche der Armee sehr ersprießlich sein dürften, während sie mir sehr unnütz sind.«

      »Ich nehme sie an, denn ich gestehe, sie kommen gelegen: doch man kann also gar nichts für Euch thun, junger Mann ohne Wünsche! Ah! halt!« fügte er,

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