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Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Die Mohicaner von Paris
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Wie?«
»Ich sage Ihnen. es sei der Commissionär der Rue aux Fers.«
Der Kellner antwortete mit solchem Ernste, daß man nicht bezweifeln konnte, er spreche die Wahrheit.
»Herr Salvator hat offenbar die Wahrheit gesagt, und wir fangen einen Roman an, wie noch keiner gemacht worden ist,« murmelte Jean Robert.
IX
Die zwei Freunde von Salvator
Der Mond schien in der That herrlich, wie es der Commissionär der Rue aux Fers gesagt hatte.
Die Uhr der Tuchhalle deutete die zweite Stunde nach Mitternacht an.
Die Fontaine des Innocents, – dieses Meisterwerk von Jean Goujon, dem einzigen Bildhauer-Architekten, den wir gehabt haben, – erschien zur Rechten der jungen Leute, als sie die Schenke verließen, bewunderungswürdig beleuchtet von der glänzenden Lampe, welche die Hand Gottes selbst am Gewölbe des Firmamentes aufgehängt hat; ihre zierlichen verstäbten Pilaster, ein Wunder korinthischer Architektur, zeichneten sich in ihrer ganzen Gracie und in ihrer ganzen Reinheit; die Najaden, diese zu Frauen gemachten Wassertropfen, die der Chavalier Bernin so sehr angestaunt, die schönen Najaden mit den milden, lieblichen Umrissen schienen ihre Draperien von sich zu schieben und in das Bassin des Brunnens hinabzusteigen, um ihre kleinen Füße darin zu baden.
Die zwei jungen Leute nahmen sich trotz der socialen Entfernung, welche die Verschiedenheit der Rangstufen zwischen ihnen festzustellen schien, beim Arm und traten in die Rue Saint-Denis auf der Seite des Justizpalastes ein. Als sie auf dem Platze des Chatelei anlangten, blieben sie stehen; der Strom floß zu ihren Füßen; Notre-Dame erhob sich vor ihnen mit der Majestät der unbeweglichen Dinge; die Sainte-Chapelle ragte mit ihrem gezackten Kamme über den Häusern empor, wie Leviathan über den Wogen. Sie hätten sich mitten im Paris des fünfzehnten Jahrhunderts glauben können.
Um die Illusion zu vermehren, kam überdies ein Schwarm junger Leute in Costumen aus der Zeit von Karl VI. auf dem Quai de Gèvres herbei: sie schrien aus vollem Halse:
»Es ist zwei Uhr vierzehn Minuten; wir sind ruhig; Pariser, schlaft!«
Und in der That, nichts verhinderte, zu glauben, es sei eine von den Truppen Unzufriedener, welche die Bürgergemeinde, die oberlehensherrliche Eigenthümerin des Schlachthauses von Paris, von Zeit zu Zeit an König Karl VI. Absandte, um ihm neue Concessionen zu entreißen. Es waren die Gois, die Tibers, die Lhuillier, die Meulott, mit Cabache, dem furchtbaren Schinder, an ihrer Spitze.
Sie schienen spazieren zu gehen und, um die Unordnungen anzufangen, nur auf den Untergang des Mondes oder das Aufstehen des Königs zu warten.
Unsere zwei jungen Leute ließen die Maskerade an sich defilieren, gingen rasch über den Pont au Change und kamen auf den kleinen Platz. der zwischen dem Pont Saint-Michel und der Rue de la Harve liegt.
Etwa dreißig Studenten und Grisetten tanzten in fantastische Costumes, gekleidet, mit großem Freudengeschrei um fünf bis sechs brennende Strohbunde.
Jean Robert, welcher in seinen Arbeiten mitten im Studium der Geschichte von Frankreich begriffen, war suchte unwillkürlich mit den Augen den Weichstein, auf dem ein Kopf ausgehauen, der einen Beutel am Halse hängen hatte, und der, wie unsere alten Chronikschreiber sagen, auf diesem Platze bis zum siebzehnten Jahrhundert blieb.
Es schien, diese jungen Leute, welche fast alle das Costume des Mittelalters trugen, das sich großer Gunst zu erfreuen anfing, seien nur hierher gekommen, um vierhundert Jahre nach dem Ereigniß gegen den grässlichen Verrath zu protestieren, dessen Andenken dieser Platz zurückruft.
Es geschah in der That in einer friedlichen Nacht, in einer Nacht erleuchtet von einem Munde so glänzend als der, welcher in diesem Augenblick schimmerte, Morgens um zwei Uhr, das heißt zu derselben Stunde, daß am 12. Juni des Jahres 1487, Périnet Leclerc seinem Vater unter dem Kopfkissen seines Bettes hervor die Schlüssel des Saint-Germain-Thores stahl und die Stadt achthundert Leuten des Herzogs von Burgund öffnete, welche außerhalb der Mauern unter der Anführung von Villiers, Herrn der Isle-Adam, warteten.
Alles, was in die Hände der burgundischen Ritter fiel, Weiber, Kinder, Greise, wurde ohne Gnade und Barmherzigkeit umgebracht. Die Bischöfe von Coutances, von Saintes, von Bayeux, von Senlis, von Evreux wurden in ihrem Bette ermordet der Connetable und der Kanzler aus ihren Häusern gerissen und zusammengehauen, sodann ihre Glieder umhergestreut und ihre Köpfe durch die Straßen geschleppt.
Die Schlächterei dauerte acht Tage; nach acht Tagen vertrieben die Pariser die Burgunder und blieben Herren der Stadt. Man suchte dann den Verräther, die Ursache zugleich dieser Schande und dieses Unglücks; man durchwühlte ganz Paris von unten bis oben, um Périnet Leclerc zu finden.
Périnet Leclerc war verschwenden, und man hörte nie mehr etwas von ihm.
Ein Bildhauer-Meister verfertigte in der Eile ein plumpes Bild vom Verräther, und nachdem die Menge die Büste von Haus zu Haus, von Thüre zu Thüre getragen hatte, nachdem man sie an die Backen geschlagen und ihr ins Gesicht gespieen, haute derselbe Meister den Judas des fünfzehnten Jahrhunderts mit seinem Beutel am Halse auf diesem Weichsteine aus, wo ihn die alten Historiker gesehen.
Diese Erinnerung war es, was Jean Robert beschäftigte, dessen Augen die buntscheckige, muntere durch den vorübergehenden Reflex der Flammen beleuchtete Gruppe verlassen hatten, um im Halbschatten der Ecken und im Schatten der Straßen zu forschen; er fragte sich halblaut:
»Ich möchte wohl wissen wo dieser Weichstein war?«
»An der Ecke des Platzes und der Straße Sahn
»An des Ecke des Platzes und der Straße Saint-André-des Arcs,»erwiderte Salvator, als wäre er vom ersten bis zum letzten Worte im Geiste von Jean Robert dem Monolog gefolgt, dem seine Frage als Schluß diente.
»Woher wissen Sie eine Sache. die ich nicht weiß?« fragte Jean Robert.
»Vor Allem ist dieses Erstaunen ein wenig anmaßend!« versetzte Salvator lachend. »Glauben Sie, mein Herr Dichter, es seien immer die Leute, deren Handwert es ist, zu wissen, welche wirklich wissen? Mir schien die Unwissenheit Ihres Freundes Ludovic über den Baldrian hätte Ihnen als Lection dienen müssen.«
»Entschuldigen Sie mich,« erwiderte Jean Robert, »das Wort ist mir entschlüpft; es wird mir nicht mehr geschehen. Ich fange an wahrzunehmen, daß Sie alle Dinge wissen.«
»Ich weiß nicht alle Dinge,« entgegnete Salvator; »doch ich lebe mit dem Volke, das du ganze Welt ist, das die alte Fabel von Argus mit den hundert Augen, von Briareus mit den hundert Armen verwirklicht; das stärker ist als die Könige, und mehr Geist hat als Herr von Voltaire!« Nun denn, eine von den guten Eigenschaften oder von den Fehlern dieses Volkes ist das Gedächtniß, und besonders das Verräthereien rächende Gedächtniß. Ein Verräther, den die Könige wieder in Ehren eingesetzt und mit Ordensbändern bedeckt haben, dem die Aristokratie wieder ihre Thüre geöffnet hat. den die Bourgeoisie im Vorübergehen grüßt, ist immer ein Verräther für das Volk; für die übrige Gesellschaft wieder der Name eines ehrlichen Menschen geworden, ist sein Name für das Volk immer ein ehrloser Name, ein verfluchter Name, kurz ein Verräthername. Und die Zeit ist viel leicht nicht fern,« fügte Salvator mit einer düsteren Miene bei, weiche einen Augenblick seiner Physiognomie einen Ausdruck verlieh, dessen man sie nicht fähig gehalten hätte, »die Zeit ist vielleicht nicht fern, wo Sie ein Beispiel von dem, was ich Ihnen hier sage, haben werden. Nun wohl dieser Name von Périnet Leclerc, dessen sich nur die Gelehrten in den hohen Klassen der Gesellschaft erinnern, ohne daß das Volk viel, als Detail, von dem Verrathe weiß, den er ins Gedächtniß zurückruft, – ist eine der verfluchten Erinnerungen des Volks, um so mehr verflucht, als die Rache nicht befriedigt werden konnte, als die Strafe das Verbrechen nicht gesühnt hat, und als die Vorsehung, diesmal, wie ein eingeschlafener oder verkaufter Richter, die Augen geschlossen zu haben scheint, um den Schuldigen durchschlüpfen zu lassen . . . Kommen Sie!«
Salvator schlug den Weg durch die Rue Saint-André-des-Arcs ein.
Robert folgte