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Der Pastor von Ashbourn. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Pastor von Ashbourn
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ich lächelte ihr zu, indem ich ihr einen Wink gab, um sie zu beruhigen; dann, da in diesem Augenblicke der Gesang aufhörte, wandte ich mich wieder nach meiner zukünftigen Gemeinde und zeigte mit einer zugleich sanften und ruhigen, liebevollen und festen Stimme den Text an, über den ich sprechen würde.
Bei dieser einfachen Anzeige verbreitete sich ein wohlwollendes Gemurmel in der Versammlung.
Ich fing an.
Sie machen sich keinen Begriff, mein lieber Petrus, mit welcher Klarheit sich die Ideen meinem Geiste und die Worte meinem Munde boten. Ich hatte keine Furcht, keine Verlegenheit, keine Unschlüssigkeit. Bei den ersten Worten, die ich aussprach, blickten sich meine Zuhörer voller Erstaunen an, wie um sich einander zu fragen, ob ich wirklich dieselbe Person wäre, welche ihnen drei Monate vorher jene geschraubte, weitschweifige, unverständliche Predigt gehalten hatte . . . Ich nahm den Menschen von seiner Geburt an; ich verglich ihn mit einem in seiner Jugend mit grünen Blättern bedeckten Baum, der jedes Jahr seine Blätter verliert, die mit jedem Jahre wieder wachsen – die aber gegen eine gewisse Zeit anfangen, weniger frisch, weniger lebenskräftig, weniger zahlreich zu wachsen – bis daß er endlich, alt und entlaubt, einsam und vertrocknet, nichts mehr über diese Erde ausbreitet, die er einen Augenblick lang mit Schatten bedeckt hat, als einen knorrigen Stamm und abgezehrte Arme. Ich zeigte nicht allein den Menschen wie eine vorüberkommende Erscheinung, sondern auch noch die Generationen, die sich wie Schatten einander folgten, eine unermeßliche Prozession, schnell vergänglich durch die Einheit, ewig durch ihre Masse; den Menschen, wie er nackend und wankend aus der Erde hervorgeht, die er einen Augenblick lang bewohnt, indem er sich nach dem Himmel sehnt, und der nach vierzig, fünfzig, sechszig Jahren, das heißt nach einer Stunde, einer Minute, einer Sekunde nach der Rechnung der Ewigkeit, seinen wankenden und nackten Leib dieser Erde zurückgiebt, aus der er hervorgegangen ist, während die unsterbliche Seele wieder zum Himmel aufsteigt, das heißt zu der göttlichen Wohnung, aus der sie herabgekommen ist, und wo – eine Fremde auf Erden – sie die hohe Belohnung aus den Händen der höchsten Güte erwartet. Ich zeigte in dem Maße, als der Mensch in das Leben eintritt, diesen Menschen, wie er Alles verliert, was er geliebt hat; zuerst den Vater, der ihm das Dasein gegeben hat, dann die Mutter, die ihn ernährt hat; dann nach ihrer Reihe die Kinder, die er erzeugt, erzogen, genährt hat, wie sie ihn nicht für den Tod, sondern für das Leben verlassen: der Gatte, um in einer anderen Stadt, einer anderen Gegend, in einer anderen Welt die für seinen Lebensunterhalt, für den Lebensunterhalt seiner Frau, für den Lebensunterhalt seiner Kinder nöthigen Mittel zu suchen; die Gattin, um ihrem Gatten überall hin zu folgen, wohin er geht; ich zeigte ihn, wie er in dem Maße, als er dem Grabe zuschreitet, an jeder Ecke des Weges einen Bruder, einen Verwandten, einen Freund verliert, so daß er, wenn er jemals auf diesem Wege des Jammers und der Thränen zurückkäme, er ihn Schritt vor Schritt wegen der Gräber wieder einschlagen könnte, die er wie Meilensteine auf der ganzen Länge und auf beiden Seiten seines Weges wiederfinden würde.
Indem ich mich dann endlich nach meiner guten Mutter umwandte, welche mich anhörend und mich anblickend, Thränen der Rührung und der Wonne vergoß, die drei Kränze zeigte, vor denen diese Frau kniete, die dreimal das gelitten hatte, was die Mutter Gottes gelitten, rief ich aus:
– Ja, ja, der Mensch ist ein Fremdling auf dieser Erde, er erscheint, er wächst, er leidet, er geht vorüber . . . und einige vertrocknete Blumen, der erste Buchstabe eines Namens, die Furche, die er gegraben, die er mit seinen Thränen benetzt hat und die sich hinter ihm über dem Abgrunde der Vergangenheit wieder schließen wird, wie die Furche eines Schiffes auf dem Abgrunde des Oceans, das ist es, was er von sich, nach sich zurückläßt! . . . Aber beruhigt Euch, Ihr, die Ihr entweder eine Mutter oder einen Vater, oder einen Gatten, oder ein Kind beweint, beruhigt Euch! Fremdlinge auf dieser Erde, haben Euch die, welche Euch verlassen haben, nur für eine Zeit lang verlassen, und sie sind hingegangen, Euch in dem Himmel, jener Heimath, zu erwarten, wo Ihr Euch eines Tages in der glückseligen Ewigkeit und in dem unendlichen Glanze wieder mit ihnen vereinigen werdet!
Ich vermag Ihnen nicht auszudrücken, mein lieber Petrus, zu welchem Grade der Rührung ich, als ich dazu kam, meine Zuhörer geführt hatte; es gab nicht eine einzige Person unter dieser Menge, die nicht in Thränen ausbrach, und ich selbst, als der erste, vergoß reichliche Thränen, indem ich an meinen würdigen Vater und an meine ehrwürdige Mutter dachte. Nun aber wissen Sie, daß die besten Freunde, die zuverlässigsten Freunde die sind, welche mit einander geweint haben. Als ich die Kanzel verließ, fand ich alle Arme offen, um mich zu empfangen; ich wurde im Triumph in die Sakristei getragen; die Greise, die, da sie bereits das Meiste auf dieser Welt verloren haben, mich am besten verstehen mußten, die Greise umarmten mich, drückten mich an ihr Herz und riefen mit einem Gefühle aus, das an Begeisterung grenzte:
– O, Sie werden unser Pastor werden, wir wollen keinen anderen als Sie; wir werden Sie von dem Herrn Rector verlangen, und müßten wir auch Alle nach der Stadt gehen, um diese Forderung an ihn zu stellen, wir werden Sie erlangen!
Einen Augenblick lang hätte man glauben können, daß diese Forderung unnöthig wäre, denn es versicherte Jemand, den Herrn Rector erblickt zu haben, wie er in einem der dunkelsten und entlegensten Winkel der Kirche meine Predigt angehört hätte, wohin er ohne Zweifel in der Güte seiner Seele gekommen war, um meinem Triumphe beizuwohnen.
Aber man suchte ihn vergebens; er war verschwunden.
XI.
Gott lenkt
Meine gute Mutter erwartete mich an der Thür der Sakristei. Wir kehrten mit einander, fast von dem ganzen Dorfe begleitet, nach dem Pfarrhause zurück. Dort nahmen die Kirchenvorsteher Abschied von mir, aber um ihre Bitte an den Herrn Rector aufzusetzen.
Meine Mutter und ich kehrten allein in das Innere des Pfarrhauses zurück, und ich war erstaunt, alle Schränke offen, alle Schubladen aufgezogen zu sehen.
Ich fragte Madame Snart, was das bedeutete.
– Mein Sohn, sagte sie zu mir, Sie haben mich als Ihre Mutter angenommen, es ist daher sehr natürlich, daß ich Sie als meinen Sohn anerkenne.
Bevor Sie wußten, ob ich reich oder arm wäre, haben Sie zu mir gesagt: »Sie werden dieses Zimmer behalten, in welchem Sie glücklich und unglücklich gewesen sind, in welchem Sie gelächelt und geweint haben, in welchem Sie Mutter geworden, und in welchem Ihre Kinder gestorben sind.« Ich habe es angenommen; nehmen Sie daher jetzt auch das an, was ich Ihnen anbiete, das heißt das Haus so wie es ist, mit seinen Möbeln, seiner Wäsche und seinem Silberzeug. So lange ich lebe, wird Alles für uns beide sein; sobald ich gestorben bin, wird Alles Ihnen allein gehören.
Ich wollte eine Geberde der Weigerung machen.
– O! sagte sie, schützen Sie nicht das Unrecht vor, welches ich denen anthue, die auf das Wenige rechnen, was ich besitze. Zuvörderst habe ich nur entfernte Erben, die kein wirkliches Recht auf mein kleines Vermögen haben; dieses kleine Vermögen, so wie es ist, eine Gabe der Wittwe, der Heller der Mutter, gehört Ihnen, und wenn Sie mich nicht unendlich betrüben wollen, so gehen wir noch heute zu dem Notar von Wirksworth, wo ich Ihnen eine Schenkung darüber ausstellen werde.
Ich dankte dem guten Wesen mit Thränen in den Augen; ich sagte zu ihr, daß ich Alles mit demselben Herzen annähme, als dieses Alles mir angeboten wäre; aber ich bat sie inständigst, diese Schenkung auf späterhin zu verlegen, um mir nicht in den Augen meiner zukünftigen Gemeinde das Ansehen eines habsüchtigen und mißtrauischen Menschen zu geben. Nach dem Beifalle, den ich so eben erlangt hatte, nach der dringenden Forderung, welche die Leute des Dorfes mir an den Herrn Rector zu richten versprachen, war es unmöglich, daß seine Entscheidung lange auf sich warten ließe.
Höchstens in vierzehn Tagen würde ich zurückgekehrt sein, und es würde dann Zeit genug sein, diese Schenkung zu machen, die ich im Voraus annahm.
Aber ich konnte ihr nicht verweigern, mit ihr alle diese bescheidenen, während fünfundzwanzig Jahren der Arbeit und der Sparsamkeit