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des Schiffes keine Stöße zu erleiden hatte. Das kleine Gitter, dessen d’Artagnan gegen den König erwähnt hatte, war wie ein Helmvisir in der Höhe des Gesichtes des Menschen angebracht. Es war so gearbeitet, daß bei dem geringsten Schrei ein plötzlicher Druck diesen Schrei und zur Roth den, welcher geschrieen, ersticken konnte.

      D’Artagnan kannte seine Mannschaft und seinen Gefangenen so gut, daß er auf der ganzen Fahrt zwei Dinge befürchtete: entweder würde der General den Tod dieser seltsamen Sklaverei vorziehen und sich dadurch, daß er sprechen wolle, ersticken lassen, oder seine Wächter würden sich durch die Anerbietungen des Gefangenen in Versuchung führen lassen und ihn, d’Artagnan, an der Stelle von Monk in die Kiste stecken.

      D’Artagnan hatte auch die zwei Tage und die zwei Nächte allein mit dem General bei der Kiste zugebracht; er hatte ihm Wein und Speise geboten, was er ausschlug, und ihn beständig über das Schicksal, das seiner in Folge dieser seltsamen Gefangenschaft harrte, zu trösten gesucht. Zwei Pistolen auf dem Tisch und sein bloßer Degen beruhigten d’Artagnan über etwaige Unbescheidenheiten von Außen. Sobald er sich in Scheveningen befand, war er völlig beruhigt. Seine Leute fürchteten ungemein jedes Zusammentreffen mit den Herren vom Lande. Ueberdies hatte er für seine Sache denjenigen interessirt, der ihm moralisch als Lieutenant diente, und den wir aus den Namen Menneville haben antworten hören. Dieser, welcher kein Mensch von gewöhnlichem Geiste war, hatte mehr zu wagen, als die Anderen, weil er mehr Bewußtsein besaß. Er glaubte an eine Zukunft im Dienste von d’Artagnan, und dem zu Folge hätte er sich eher in Stücke zerhauen lassen, als daß er den vom Anführer gegebenen Befehl verletzt haben würde. Ihm hatte auch d’Artagnan, als er sich ausschiffte, die Kiste und das Athmen des Generals anvertraut. Ihn hatte er beauftragt, die Kiste, sobald ein dreimaliges Pfeifen hören würde, durch sieben Mann forttragen zu lassen. Und der Lieutenant gehorchte, wie man sieht.

      Als die Kiste im Hause des Königs war, entließ d’Artagnan diese Leute mit einem freundlichen Lächeln und sagte zu ihnen:

      »Meine Herren, Ihr habt Seiner Majestät König Karl II., der ehe sechs Wochen vergehen, König von England sein wird, einen großen Dienst geleistet. Eure Belohnung soll verdoppelt werden; kehrt zurück und erwartet mich auf dem Schiff.«

      Wonach Alle mit Freudenschreien weggingen, welche selbst den Hund erschreckten.

      D’Artagnan hatte die Kiste in das Vorzimmer des Königs bringen lassen. Er schloß mit der größten Pünktlichkeit die Thüren dieses Vorzimmers, öffnete die Kiste und sagte zu dem General:

      »Mein General, ich habe mich tausendmal bei Euch zu entschuldigen; meine Manieren sind eines Mannes, wie Ihr seid, nicht würdig gewesen, ich weiß es wohl; doch es war nothwendig, daß Ihr mich für einen Schiffspatron hieltet. Und dann ist England ein für die Transporte sehr unbequemes Land. Ich hoffe daher, Ihr werdet dies Alles in Erwägung ziehen. Hier aber, mein General,« fuhr d’Artagnan fort, »hier ist es Euch frei gestellt, aufzustehen und zu gehen.«

      Nachdem er dies gesagt, durchschnitt er die Bande, mit denen die Arme und Hände des Generals gefesselt waren. Dieser stand auf und setzte sich mit dem Wesen eines Menschen, der den Tod erwartet. D’Artagnan öffnete sodann die Thüre des Cabinets von Karl und sprach:

      »Sire, hier ist Euer Feind, Herr Monk. Ich hatte mir gelobt, dies für Euren Dienst zu thun. Es ist geschehen, befehlt nun.«

      »Herr Monk,« fügte er bei, indem er sich gegen seinen Gefangenen umwandte, »Ihr seid vor Seiner Majestät dem König Karl II., dem Gebieter und Herrn von Großbritannien.«

      Monk schaute den jungen Prinzen mit seinem kalt stoischen Blick an und sagte:

      »Ich kenne keinen König von Großbritannien, ich kenne sogar Niemand hier, der würdig wäre, den Namen eines Edelmanns zu führen, denn im Auftrag von König Karl II. hat mir ein Emissär, den ich für einen ehrlichen Menschen hielt, eine schändliche Falle gestellt. Ich habe mich in dieser Falle fangen lassen, schlimm genug für mich! Ihr, der Versucher,« sagte er zum König, »Ihr, der Vollstrecker,« sagte er zu d’Artagnan, »erinnert Euch nun dessen, was ich zu Euch spreche: Ihr habt meinen Leib, Ihr könnt ihn tödten, und ich fordere Euch dazu auf, denn nie werdet Ihr meine Seele oder meinen Willen haben. Und nun verlangt kein Wort mehr von mir, denn von diesem Augenblick an werde ich nicht einmal mehr um zu schreien den Mund öffnen. Ich habe es gesagt.«

      Und er sprach diese letzten Worte mit der unüberwindlichen Entschlossenheit des verstocktesten Puritaners. D’Artagnan schaute seinen Gefangenen wie ein Mensch an, der den Werth jedes Wortes kennt, und diesen Werth nach dem Ton bestimmt, mit dem die Worte gesprochen worden sind.

      »Es ist wahr,« sagte er leise zum König, »der General ist ein entschlossener Mann; seit zwei Tagen wollte er weder einen Bissen Brod, noch einen Schluck Wein zu sich nehmen. Da aber von diesem Augenblick an Eure Majestät über sein Schicksal zu entscheiden hat, so wasche ich meine Hände, wie Pilatus sagt.«

      Monk wartete stehend, bleich und in sein Schicksal ergeben, das Auge starr und die Arme gekreuzt.

      D’Artagnan wandte sich gegen ihn um und sprach:

      »Ihr begreift vollkommen, daß Eure, übrigens sehr schöne Rede Niemand, selbst nicht einmal Euch befrieden kann. Seine Majestät wollte Euch sprechen . . . Ihr widersetztet Euch einer Zusammenkunft; ich aber habe diese Zusammenkunft unvermeidlich gemacht. Warum solltet Ihr nun, da Ihr dem König von Angesicht zu, Angesicht gegenübersteht, da Ihr durch eine von Eurem Willen unabhängige Gewalt hier seid, warum solltet Ihr Euch zu einer Strenge zwingen, die ich als unnütz und albern betrachte. Was Teufels! sprecht, und wäre es nur, um nein zu sagen.«

      Monk that die Lippen nicht aus einander; Monk wandte die Augen nicht ab; Monk streichelte sich den Schnurrbart mit einer bedenklichen Miene, woraus sich schließen ließ, die Dinge würden eine unangenehme Wendung nehmen.

      Während dieser Zeit war Karl II. in ein tiefes Nachdenken versunken. Zum ersten Male stand er Monk gegenüber, diesem Mann, den er so sehr zu sehen gewünscht, und mit jenem eigenthümlichen Blick, den Gott dem Adler und den Königen gegeben, hatte er die Tiefe seines Herzens erforscht.

      Er sah Monk in der That entschlossen, eher zu sterben, als zu sprechen, was nichts Außerordentliches von Seiten eines so bedeutenden Mannes war, dessen Wunde in diesem Augenblick so grausam sein mußte. Karl II, faßte auf der Stelle einen von den Entschlüssen, bei denen ein gewöhnlicher Mensch um sein Leben, ein General um sein Glück, ein König um sein Reich spielt.

      »Mein Herr,« sagte er zu Monk, »Ihr habt in einigen Punkten vollkommen Recht. Ich fordere Euch also nicht auf, mir zu antworten, sondern mich anzuhören.«

      Während eines kurzen Stillschweigens, das nun eintrat, schaute der König Monk fest an, doch dieser blieb unempfindlich.

      »Ihr habt mir so eben einen schmerzlichen Vorwurf gemacht, mein Herr,« fuhr der König fort. »Ihr habt gesagt, einer meiner Emissäre habe Such in Newcastle eine Falle gestellt, und das kann, beiläufig gesagt, Herr d’Artagnan nicht auf sich beziehen, Herr d’Artagnan, dem ich vor Allem aufrichtigen Dank für seine hochherzige, für seine heldenmüthige Ergebenheit schuldig bin.«

      D’Artagnan verbeugte sich ehrfurchtsvoll, Monk verzog keine Miene.

      »Denn Herr d’Artagnan, – bemerkt wohl, Herr Monk, daß ich Euch dies nicht sage, um mich zu entschuldigen, – denn Herr d’Artagnan,« fuhr der König fort, »ist nach England aus eigenem Antrieb, ohne Interesse, ohne Befehl, ohne Hoffnung gegangen, – als ein ächter Edelmann, um einem unglücklichen König einen Dienst zu leisten und den ausgezeichneten, erhabenen Handlungen eines so gut angewendeten Lebens noch eine schöne That mehr beizufügen.«

      D’Artagnan erröthete ein wenig und hustete, um sich eine gewisse Haltung zu geben. Monk rührte sich nicht.

      »Ihr glaubt nicht an das, was ich Euch sage, Herr Monk,« sprach der König. »Ich begreife das: solche Beweise von aufopfernder Ergebenheit sind so selten, daß man ihre Wirklichkeit in Zweifel ziehen könnte.«

      »Der Herr hätte sehr Unrecht, wenn er Euch nicht glauben würde,« rief d’Artagnan, »denn was Eure Majestät gesagt hat, ist strenge Wahrheit, und zwar so strenge Wahrheit, daß es scheint, ich habe, da ich den General aufsuchte,

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