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Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Graf von Bragelonne
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Weder heute, noch morgen, noch übermorgen. Der Herr Graf hat eine Reise angetreten.«
»Eine Reise!« sagte d’Artagnan erstaunt, »Du erzählst mir da eine Fabel.«
»Gnädiger Herr, es ist die strengste Wahrheit, Der Herr Graf erwies mir die Ehre, mir das Haus zu empfehlen, und fügte mit seinem würdevollen und sanften Ton bei: »»Du sagst, ich reise nach Paris.««
»Nun gut!« rief d’Artagnan, »er reitet also gen Paris, das ist Alles, was ich wissen wollte; damit hättest Du anfangen sollen, Einfaltspinsel . . . Er hat zwei Stunden voraus?«
»Ja, gnädiger Herr.«
»Ich werde ihn bald eingeholt haben. Ist er allein?«
»Nein, gnädiger Herr.«
»Wer ist denn bei ihm?«
»Ein Edelmann, den ich nicht kenne, ein Greis und Herr Grimaud.«
»Das Alles wird nicht so schnell lausen als ich, und ich gehe,«
»Will mich der gnädige Herr einen Augenblick anhören?« sagte Blaisois, indem er sachte auf die Zügel des Pferdes drückte.
»Ja, wenn Du mir keine Phrasen machst, oder sie wenigstens rasch machst.«
»Nun, gnädiger Herr, das Wort Paris scheint mir nur ein Köder zu sein.«
»Oho!« rief d’Artagnan ernsthaft, ein Köder.«
»Ja, gnädiger Herr, und der Herr Graf geht nicht nach Paris, darauf wollte ich schwören.«
»Warum glaubst Du das?«
»Herr Grimaud weiß immer, wohin unser Herr geht, und er hatte mir versprochen, sobald man nach Paris gehen würde, ein wenig Geld mitzunehmen, das ich meiner Frau zukommen lasse.«
»Ah! Du hast eine Frau?«
»Ich hatte eine, sie war aus dieser Gegend, doch der Herr Graf fand sie schwatzhaft, und ich schickte sie nach Paris; das ist zuweilen unbequem, in andern Augenblicken aber sehr angenehm.«
»Ich verstehe; doch vollende: Du glaubst nicht, daß der Graf nach Paris geht?«
»Nein, gnädiger Herr, denn damit hätte Herr Grimaud sein Wort gebrochen, er wäre meineidig geworden, und das ist unmöglich.«
»Das ist unmöglich,« wiederholte d’Artagnan ganz träumerisch, weil er völlig überzeugt war. »Ich danke Dir, mein braver Blaisois.«
Blaisois verbeugte sich.
»Höre, Du weißt, daß ich nicht neugierig bin . . . Ich habe durchaus mit Deinem Herrn zu thun . . . Kannst Du nicht . . . Du, der Du so gut sprichst, mir durch ein ganz kleines Wörtchen begreiflich machen . . . Nur eine Sylbe, das Uebrige werde ich errathen.«
»Auf mein Wort, gnädiger Herr, ich könnte das nicht . . . Ich weiß gar nichts vom Zweck der Reise des Herrn Grafen . . . Was das Horchen an den Thüren betrifft, so ist mir das ungemein zuwider, und überdies ist es hier verboten.«
»Mein Lieber,« sagte d’Artagnan, »das ist ein schlimmer Anfang für mich. Doch gleichviel. Du weißt wenigstens die Zeit der Rückkehr des Grafen?«
»Eben so wenig als das Ziel seiner Reise.«
»Auf, Blaisois, auf, suche!«
»Der gnädige Herr zweifelt an meiner Aufrichtigkeit! Ah! der gnädige Herr betrübt mich sehr empfindlich!«
»Der Teufel hole Deine vergoldete Sprache!« brummte d’Artagnan. »Ein Bauernkerl mit einem einzigen Wort ist mehr werth! . . Gott befohlen!«
»Gnädiger Herr, ich habe die Ehre, Ihnen meinen Respect zu bezeigen.«
»Affe!« sagte d’Artagnan halblaut. »Der Bursche ist unerträglich.«
Er schaute das Haus noch einmal an, wandte sein Pferd um, und ritt weiter wie ein Mensch, dessen Geist durch keinen Aerger und durch keine Verlegenheit belästigt wird.
Als er am Ende der Mauer und den Nachschauenden aus dem Gesicht war, sprach er heftig aufathmend:
»Laß sehen, ist Athos zu Hause? Nein. Alle diese Taugenichtse, die im Hofe die Arme kreuzten, wären in vollem Schweiß gewesen, wenn sie der Herr hätte sehen können. Athos auf der Reise? . . . Das ist unbegreiflich. Ah bah! dieser ist teufelsmäßig geheimnißvoll . . . Und dann ist er nicht der Mann, den ich brauchte. Ich bedarf eines schlauen, ruhigen Geistes. Was ich will, findet sich in Melun, in einem gewissen mir bekannten Pfarrhaus. Fünf und vierzig Lieues, vier und ein halber Tag! Vorwärts, das Wetter ist schön und ich bin frei. Verschlingen wir den Raum.«
Und er setzte sein Pferd in Trab, nahm die Richtung gegen Paris, und stieg am vierten Tag nach seinem Wunsch in Melun ab.
D’Artagnan pflegte nie einen Menschen nach dem Weg oder um eine alltägliche Auskunft zu fragen. Bei dergleichen Dingen, wenn nicht ein sehr wesentlicher Irrthum zu befürchten war, verließ er sich auf seinen Scharfsinn, der ihn nie trügte, auf eine dreißigjährige Erfahrung, und auf die Gewohnheit, in den Physiognomien der Häuser wie in denen der Menschen zu lesen.
In Melun fand er sogleich das Pfarrhaus, ein reizendes Haus von rothem Backstein mit Gypsanwurf, mit Jungfernreben, die sich an den Dachrinnen hinrankten, und einem steinernen Kreuz. Aus der unteren Stube dieses Hauses drang ein Geräusch oder vielmehr ein Gemische von Stimmen hervor, ähnlich dem Gezwitscher der Vögelchen, wenn die Brut unter dem Flaum ausgeschlüpft ist. Eine von diesen Stimmen buchstabirte ganz deutlich das Alphabet. Eine fette und zugleich flötenartige Stimme zankte die Schwätzer und corrigirte die Fehler des Lesers.
D’Artagnan erkannte diese Stimme, und da das Fenster der unteren Stube offen war, so neigte er sich, noch zu Pferde sitzend, unter den Zweigen der Weinstöcke und der rothen Ranken der Jungfernreben und rief:
»Bazin, mein lieber Bazin, guten Morgen.«
Ein kurzer, dicker Mann mit glattem Gesicht und einem Schädel, der mit einem Kranze kurzgeschnittener grauer Haare geschmückt war, was eine Nachahmung der Tonsur bildete, stand auf, als er d’Artagnan hörte. Wir hätten nicht sagen sollen, stand auf, sondern sprang auf. Bazin sprang auf und warf dabei seinen niedrigen kleinen Stuhl um, welchen die Kinder mit lebhafteren Schlachten wieder aufzuheben suchten, als die Griechen schlugen, da sie den Trojanern den Leichnam des Patroklos entreißen wollten. Bazin sprang nicht nur, sondern er ließ sogar das Alphabet, das er in der Hand hielt, und die Ruthe fallen.
»Ihr!« sagte er, »Ihr, Herr d’Artagnan!«
»Ja, ich. Wo ist Aramis . . . nein, der Herr Chevalier d’Herblay . . . nein, ich irre mich abermals, der Herr Generalvicar?«
»Ah! gnädiger Herr,« antwortete Bazin voll Würde, »Monseigneur ist in seiner Diöcese.«
»Wie beliebt?« fragte d’Artagnan.
Bazin wiederholte seinen Satz.
»Ah! Aramis hat eine Diöcese?«
»Ja, gnädiger Herr, warum nicht?«
»Er ist also Bischof?«
»Woher kommt Ihr denn, daß Ihr das nicht wißt?« versetzte Bazin ziemlich unehrerbietig.
»Mein lieber Bazin, wir Heiden, wir Kriegsleute, wir wissen wohl, daß ein Mann Oberster, oder Chef eines Reiterregiments, oder Marschall von Frankreich ist, aber ob Einer Bischof, Erzbischof oder Papst, ist . . . der Teufel soll mich holen, wenn wir das eher erfahren, als bis drei Viertel der Erde ihren Nutzen daraus gezogen haben!«
»St! st!« sagte Bazin, die Augen aufreißend, »verderbt mir diese Kinder nicht, denen ich so gute Grundsätze einpräge.«
Die Kinder hatten sich wirklich um d’Artagnan gestellt, um sein Pferd, sein großes Schwert, seine Sporen und seine martialische Miene zu bewundern. Besonders aber bewunderten sie seine mächtige Stimme, so daß, als er seinen Schwur aussprach, die ganze Schule: »Der Teufel soll mich holen!« rief und dabei durch Gelächter, durch Jauchzen und Stampfen mit den Füßen