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Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Graf von Bragelonne
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Ich nehme nicht an, daß Ihr ein Narr seid, und dennoch scheint Ihr mir in der Lage, zu wissen, daß man nicht so bei einem König eintritt, ohne daß er die Einwilligung dazu gibt.«
»Er wird einwilligen.«
»Mein Herr, erlaubt mir, das zu bezweifeln; der König ist vor einer Viertelstunde erst zurückgekehrt und muß eben im Auskleiden begriffen sein. Ueberdies ist ein Verbot gegeben worden.«
»Wenn er erfährt, daß ich es bin,« erwiederte der Unbekannte sich emporrichtend, »so wird er das Verbot aufheben.«
Der Officier war immer mehr erstaunt, immer mehr unterjocht.
»Darf ich, wenn ich einwillige, Euch zu melden, wenigstens wissen, wen ich melde, mein Herr?«
»Ihr werdet Seine Majestät Karl II., König von England, Schottland und Irland melden.«
Der Officier stieß einen Schrei des Erstaunens aus, wich zurück, und man konnte auf seinem Gesicht eine der schmerzlichsten Bewegungen sehen, die je ein energischer Mann in die Tiefe seines Herzens zurückzudrängen gesucht hat.
»Oh! ja, Sire,« sagte er, »ich hätte Euch erkennen sollen.«
»Ihr habt mein Portrait gesehen?«
»Nein, Sire.«
»Ihr habt mich selbst früher gesehen, bei Hofe, ehe man mich aus Frankreich weg jagte?«
»Nein, Sire, das ist es auch nicht.«
»Wie hättet Ihr mich dann erkennen sollen, da Ihr weder mein Portrait, noch mich selbst gesehen?«
»Sire, ich habe Seine Majestät den König, Euren Vater, in einem furchtbaren Augenblick gesehen.«
»Am Tag . . . «
»Ja.«
Eine düstere Wolke zog über die Stirne des Prinzen. Dann sie mit der Hand entfernend, sprach er:
»Erscheint es Euch noch als eine Schwierigkeit, mich zu melden?«
»Sire, verzeiht mir,« erwiederte der Officier, »ich konnte nicht einen König unter diesem so einfachen Aeußeren vermuthen, und ich sah doch . . . ich hatte die Ehre, es Euerer Majestät so eben zu sagen, ich sah König Karl I . . . Doch verzeiht, ich eile, den König zu benachrichtigen.«
Dann noch einmal umkehrend, fragte er:
»Euere Majestät wünscht ohne Zweifel, daß diese Zusammenkunft geheim bleibe?«
»Ich verlange es nicht, doch wenn es möglich ist, sie geheim zu halten . . . «
»Es ist möglich, Sire, denn ich kann mich der Pflicht, den ersten Hofcavalier vom Dienst davon in Kenntniß zu setzen, überheben; doch Eure Majestät muß sich dann herbeilassen, mir ihren Degen zu übergeben.«
»Das ist wahr, ich vergaß, daß Niemand bewaffnet beim König von Frankreich eintreten darf.«
»Eure Majestät wird eine Ausnahme machen, wenn sie will; dann werde ich aber meine Verantwortlichkeit sicher stellen, indem ich den Dienstthuenden des Königs benachrichtige.«
»Hier ist mein Degen, mein Herr. Beliebt es Euch nun, mich Seiner Majestät zu melden, mein Herr?«
»Auf der Stelle, Sire.«
Und der Officier klopfte sogleich an die Verbindungsthüre, die ihm der Kammerdiener öffnete.
»Seine Majestät der König von England!« sagte der Officier.
»Seine Majestät der König von England!« wiederholte der Kammerdiener.
Bei diesen Worten öffnete ein Cavalier beide Flügel der Thüre des Königs, und man sah Ludwig XIV., ohne Hut und ohne Degen, in seinem offenen Wamms, mit den Zeichen des größten Erstaunens vorschreiten.
»Ihr, mein Bruder! Ihr in Blois,« rief Ludwig XIV, während er mit einer Geberde den Cavalier und den Kammerdiener entließ, welche in ein benachbartes Zimmer gingen.
»Sire,« erwiederte Karl II. »ich wollte mich nach Paris begeben, in der Hoffnung, Eure Majestät dort zu sehen, als ich durch das Gerücht Eure nahe bevorstehende Ankunft in dieser Stadt erfuhr. Ich verlängerte sodann meinen Aufenthalt, weil ich Euch etwas ganz Besonderes mitzutheilen habe.«
»Entspricht Euch dieses Cabinet, mein Bruder?«
»Vollkommen, Sire, denn ich glaube nicht, daß man uns hören kann.«
»Ich habe meinen Cavalier und meinen Wächter entlassen, sie sind in dem benachbarten Zimmer. Dort unter jenem Verschlag ist ein einsames Cabinet, das auf ein Vorzimmer geht, und im Vorzimmer habt Ihr Niemand gesehen, als einen Officier, nicht wahr?«
»Ja, Sire.«
»Nun, so sprecht, mein Bruder, ich höre Euch.«
»Sire, ich fange an, und möge Eure Majestät Mitleid mit dem Unglück unseres Hauses fassen.«
Der König von Frankreich erröthete und rückte sein Fauteuil näher zu dem des Königs von England.
»Mein Bruder,« sprach er, »es ist schmählich zu sagen, aber selten redet der Cardinal in meiner Gegenwart von Politik. Mehr noch: früher ließ ich mir historische Schriften von Laporte, meinem Kammerdiener, vorlesen,; doch er hat diese Vorlesungen eingestellt und mir Laporte genommen, so daß ich meinen Bruder Karl bitten muß, mir alle diese Dinge wie einem Menschen zu sagen, der nichts davon wüßte.«
»Wohl! Sire, wenn ich die Dinge so weit oben als möglich anfasse, habe ich eine Hoffnung mehr, das Herz Eurer Majestät zu rühren.«
»Sprecht, mein Bruder, sprecht.«
»Ihr wißt, Sire, daß ich im Jahr 1650, während der Expedition von Cromwell nach Irland, nach Edinburgh berufen, in Scone gekrönt wurde. Ein Jahr später, verwundet in einer der Provinzen, die er usurpirt hatte, marschirte Cromwell wieder gegen uns. Mit ihm zusammenzutreffen war meine Absicht, aus Schottland wegzukommen mein Wunsch.«
»Schottland war aber beinahe Euer Geburtsland?« versetzte der junge König.
»Ja, aber die Schottländer waren grausame Landsleute für mich! Sire, sie nöthigten mich, die Religion meiner Väter zu verleugnen; sie henkten Lord Montrose, meinen ergebensten Diener, weil er nicht Convenanter war, und da der arme Märtyrer, dem man vor seinem Tode eine Gnade anbot, verlangte, daß man seinen Körper in so viel Stücke zerreiße, als es Städte in Schottland gebe, damit man überall Zeugen seiner Treue finde, so konnte ich nicht aus einer Stadt heraus, oder in eine Stadt hinein, ohne an irgend einem Fetzen dieses Körpers vorüberzukommen, der für mich gehandelt, gekämpft, geathmet hatte.
»Ich zog also vermittelst eines verwegenen Marsches durch die Armee von Cromwell und kam nach England. Der Protector verfolgte mich bei dieser seltsamen Flucht, die eine Krone zum Ziel hatte . . . Hätte ich vor ihm London erreichen können, so wäre ohne Zweifel der Preis des Rennens mein gewesen, aber er holte mich in Worcester ein.
»Der Genius Englands war nicht mehr in uns, sondern in ihm, Sire; am 3. September 1651, am Jahrestag der für die Schottländer so unglücklichen Schlacht von Dunbar, wurde ich besiegt. Zweitausend Menschen fielen um mich her, ohne dass mir der Gedanke kam, einen Schritt rückwärts zu thun. Endlich mußte ich fliehen.
»Von da an wurde meine Geschichte ein Roman. Mit der größten Erbitterung verfolgt, schnitt ich mir die Haare ab und verkleidete mich als Holzhauer. Eine Nacht, die ich in den Zweigen einer Eiche zubrachte, gab diesem Baum den Namen der Königseiche, den sie noch hat. Meine Abenteuer in der Grafschaft Strafford, aus der ich die Tochter meines Wirthes auf dem Rücken tragend entkam, bilden immer noch den Gegenstand der Erzählungen am Abend und werden den Stoff zu einer Ballade geben. Dies Alles, Sire, werde ich eines Tages zur Belehrung der Könige, meiner Brüder, niederschreiben.
»Ich erwähne, wie ich, als ich bei Herrn Norton ankam, einen Kaplan des Hofes traf, der dem Kegelspiel zusah, und einen alten Diener, der mich, in Thrakien zerfließend, beim Namen nannte und mich beinahe eben so sicher durch seine Treue, getödtet hätte, als ein Anderer durch seinen Verrath.