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zurückgehalten, die in den Mienen ihres Sohnes enthaltenen Bitten nicht zu verstehen schien.

      Von diesem Augenblick an wurde Alles, Musik, Blumen, Lichter, Schönheiten, verhaßt und albern für Ludwig XIV. Nachdem er sich hundertmal auf die Lippen gebissen, seine Arme und seine Beine gereckt hatte, wie das wohlerzogene Kind, das, weil es nicht zu gähnen wagt, alle Arten, seine Langweile kundzugeben, erschöpft; nachdem er abermals vergebens Mutter und Minister angefleht hatte, wandte er ein verzweifeltes Auge nach der Thüre, das heißt nach der Freiheit.

      An dieser Thüre sah er, umrahmt von der Vertiefung, an die sie sich anlehnte, kräftig hervortretend, eine stolze Gestalt mit braunem Gesicht, einer Adlernase, einem harten, aber funkelnden Auge, grauen, langen Haaren und schwarzem Schnurrbart, einen wahren Typus militärischer Schönheit, dessen Ringkragen, mehr funkelnd als ein Spiegel, alle Lichtstrahlen, die sich auf ihm concentrirten, brach und in Blitzen, zurücksandte. Dieser Officier hatte einen grauen Hut mit rother Feder auf dem Kopf, ein Beweis, daß er im Dienst hierher berufen war, und nicht für sein Vergnügen: wäre er für sein Vergnügen erschienen, wäre er Höfling gewesen, statt Soldat zu sein, so hätte er, da man sein Vergnügen immer um einen gewissen Preis bezahlen muß, seinen Hut in der Hand gehabt.

      Was noch mehr bewies, daß dieser Officier im Dienst war und eine Aufgabe, an die er gewöhnt, erfüllte, ist der Umstand, daß er mit gekreuzten Armen, mit einer merkwürdigen Gleichgültigkeit und einer erhabenen Apathie die Freuden und die Langweile dieses Festes überwachte. Er schien besonders wie ein Philosoph – alle alte Soldaten sind Philosophen – unendlich viel besser die Langweile, als die Freuden zu verstehen; doch die eine nahm er hin, während er der anderen gar wohl zu entbehren wußte.

      Er lehnte also, wie gesagt, am geschnitzten Simswerk der Thüre, als die traurigen und müden Augen des Königs zufällig den seinigen begegneten.

      Es war, wie es scheint, nicht das erste Mal, daß die Augen des Officiers diesen Augen begegneten, und er kannte aus dem Grund den Styl und den Gedanken derselben, denn sobald er seinen Blick auf die Physiognomie des Königs geheftet und durch die Physiognomie gelesen hatte, was in seinem Herzen vorging, nämlich welcher Berg er, welcher Ueberdruß es bedrückte, wie der schüchterne Entschluß, wegzugehen, sich in der Tiefe dieses Herzens regte, begriff er, man müsse dem König einen Dienst leisten, ohne daß er es verlange, ihm einen Dienst leisten beinahe wider seinen Willen, und er rief kühn, als ob er die Cavalerie an einem Schlachttage befehligte, mit schallender Stimme:

      »Der Dienst des Königs!«

      Bei diesen Worten, welche die Wirkung des Donners machten, der mit seinem Tosen Orchester, Gesänge, Rauschen und Summen der Spaziergänger übertäubte, schauten der Cardinal und die Königin Mutter mit Erstaunen Seine Majestät an.

      Bleich, aber entschlossen, unterstützt durch die Anschauung seines eigenen Gedankens, den er im Geist des Officiers der Musketiere wiedergefunden hatte, was ihm durch den Befehl, den dieser gab, sich geoffenbart, erhob sich Ludwig XIV. von seinem Fauteuil und machte einen Schritt gegen die Thüre.

      »Ihr geht, mein Sohn?« fragte die Königin, während Mazarin sich begnügte, mit seinem Blick zu fragen, der sanft hätte scheinen können, wäre er nicht so durchdringend gewesen.

      »Ja, Madame, ich fühle mich ermüdet und möchte überdies gern diesen Abend schreiben.«

      Ein Lächeln schwebte über die Lippen des Ministers, der den König mit einem Zeichen des Kopfes zu entlassen schien.

      Monsieur und Madame beeilten sich, den Officianten Befehle zu geben.

      Der König verbeugte sich, durchschritt den Saal

      An der Thüre erwartete den König ein Spalier von zwanzig Musketieren.

      Am Ende dieses Spaliers stand der unempfindliche Officier, sein bloßes Schwert in der Hand.

      Der König ging vorüber und die ganze Menge erhob sich auf die Fußspitzen, um ihn noch einmal zu sehen.

      Zehn Musketiere, welche die Menge in dem Vorzimmer und auf den Stufen trennten, machten dem König Platz.

      Die zehn andern umschloßen den König und Monsieur, der Seine Majestät hatte begleiten wollen.

      Die Leute vom Dienst kamen hinten.

      Dieser kleine Cortége begleitete den König bis zu den für Ihn bestimmten Gemächern.

      Es waren dieselben, welche König Heinrich III. während seines Aufenthalts bei den Ständen bewohnt hatte.

      Monsieur hatte seine Befehle gegeben. Die Musketiere begaben sich, geführt von ihrem Officier, in den kleinen Gang, der parallel von einem Flügel des Schlosses mit dem andern in Verbindung steht.

      Dieser Gang bestand Anfangs aus einem kleinen viereckigen Vorzimmer, das selbst an schönen Tagen düster war.

      Monsieur hielt Ludwig XIV. auf.

      »Sire,« sagte er, »Ihr seid auf der Stelle, wo der Herzog von Guise den ersten Dolchstoß erhielt.«

      Sehr unwissend in geschichtlichen Dingen, kannte der König zwar die Thatsache, ohne aber entfernt mit den Oertlichkeiten oder den einzelnen Umständen vertraut zu sein.

      »Ah!« machte er schaudernd.

      Und er blieb stehen.

      Jedermann blieb vor und hinter ihm stehen.

      »Sire,« fuhr Gaston fort, »der Herzog war ungefähr, wo ich bin; er ging in der Richtung, in der Eure Majestät geht; Herr von Loignes war an dem Ort, wo in diesem Augenblick Euer Lieutenant der Musketiere steht, Herr von Sainte-Maline und die Leute Seiner Majestät waren hinter ihm und um ihn. Hier wurde er getroffen.«

      Der König wandte sich nach seinem Officier um und sah etwas wie eine Wolke über sein martialisches, kühnes Gesicht hinziehen.

      »Ja, von hinten,« murmelte der Lieutenant mit einer Geberde erhabener Verachtung.

      Und er suchte sich wieder in Marsch zu setzen, als ob es ihm unbehaglich zwischen diesen einst vom Verrath heimgesuchten Mauern gewesen wäre.

      Doch der König, dem es wohl ganz genehm war, etwas zu erfahren, schien geneigt, diesem unseligen Ort noch einen Blick zu schenken.

      Gaston begriff den Wunsch seines Neffen.

      »Seht, Sire,« sagte er, indem er eine Kerze aus den Händen von Herrn von Saint-Remy nahm, »hier ist er gefallen. Es stand hier ein Bett, dessen Vorhänge er zerriß, da er sich daran halten wollte.«

      »Warum scheint der Boden an dieser Stelle ausgehöhlt?« fragte Ludwig.

      »Weil auf diese Stelle das Blut floß.« antwortete Gaston; »das Blut drang tief in das Eichenholz, und nur durch Aushöhlung gelang es, dasselbe verschwinden zu machen. Und,« fügte Gaston bei, indem er sein Licht dem bezeichneten Orte näherte, »und dabei widerstand noch diese röthliche Tinte allen Versuchen, die man machte, um sie zu tilgen.«

      Ludwig XIV. erhob die Stirne. Vielleicht dachte er an die blutige Spur, die man ihm eines Tags im Louvre gezeigt hatte, und die, ein Seitenstück zu der in Blois, von dem König, seinem Vater, einst mit dem Blut von Cancini gemacht worden war.

      »Vorwärts!« sagte er.

      Man schritt sogleich weiter; denn die Erschütterung hatte ohne Zweifel der Stimme des jungen Prinzen einen befehlenden Ton gegeben, den man nicht bei ihm gewohnt war.

      Als man bei der für den König bestimmten Wohnung ankam, zu der man nicht nur durch den Gang, dem wir gefolgt, sondern auch durch eine große, nach dem Hofe gehende Treppe gelangte, sagte Gaston:

      »Wolle Eure Majestät diese Wohnung, so unwürdig sie ist, Euch zu beherbergen, Sire, gnädigst annehmen.«

      »Mein Oheim,« erwiederte der junge Prinz, »ich danke Euch für Eure herzliche Gastfreundschaft.«

      Gaston verbeugte sich vor seinem Neffen, der ihn umarmte, und entfernte sich.

      Von den zwanzig Musketieren, die den König begleitet hatten, führten zehn Monsieur bis zu den Empfangssälen zurück, welche trotz des Abgangs Seiner Majestät nicht leer geworden waren.

      Die

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