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Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Das Halsband der Königin Denkwürdigkeiten eines Arztes 2
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Von diesem Augenblick an nahm Mesmers Ruf immer mehr zu; die Academie hatte sich gegen den Neuerer erklärt, der Hof erklärte sich für ihn: es wurden Unterhandlungen vom Ministerium angeknüpft, um Mesmer zu veranlassen, die Menschheit durch Veröffentlichung seiner Lehre zu bereichern. Der Doctor machte seinen Preis; Herr von Breteuil bot ihm im Namen des Königs eine Leibrente von zwanzigtausend Livres und eine Besoldung von zehntausend, um drei von der Regierung bezeichnete Personen zur Ausübung seines Verfahrens heranzubilden. Aber entrüstet über die königliche Sparsamkeit schlug Mesmer das aus und reiste mit einigen seiner Kranken nach den Heilquellen von Spaa ab.
Eine unerwartete Katastrophe bedrohte Mesmer, Deslon, sein Schüler, Deslon, der Besitzer des großen Geheimnisses, das Mesmer um dreißigtausend Livres jährlich zu verkaufen sich geweigert hatte, Deslon eröffnete in seinem Hause eine öffentliche Behandlung durch die Mesmer'sche Methode.
Mesmer erfuhr diese schmerzliche Kunde; er schrie über Diebstahl, Verrath, Betrug; er glaubte ein Narr zu werden. Da hatte einer seiner Kranken, Herr von Bergasse, den glücklichen Einfall, mit der Wissenschaft des ausgezeichneten Professors eine Commandite zu errichten; es wurde ein Ausschuß von hundert Personen mit einem Capital von dreimalhundert und vierzigtausend Livres unter der Bedingung gebildet, daß er seine Lehren den Actionären enthülle. Mesmer machte sich zu dieser Enthüllung anheischig, nahm das Capital in Empfang und kehrte nach Paris zurück.
Die Stunde war günstig. Es gibt Augenblicke im Alter der Völker, diejenigen, welche die Epoche der Verwandlung berühren, wo die ganze Nation wie vor einem unbekannten Hindernisse stehen bleibt, zögert und den Abgrund fühlt, an dessen Rand sie gelangt ist, den sie erräth, ohne ihn zu sehen.
Frankreich befand sich in einem dieser Augenblicke; es bot den Anblick einer Gesellschaft, deren Geist bewegt ist; man war gleichsam in einem scheinbaren Glück erstarrt, dessen Ende man nur dunkel erschaut, wie man, am Saume eines Waldes anlangend, die Ebene durch die Zwischenräume der Bäume erräth. Diese Ruhe, welche nichts Beständiges, nichts Rechtes hatte, ermüdete; man suchte überall Aufregungen, und die Neuigkeiten, wie sie auch beschaffen sein mochten, wurden gut aufgenommen. Man war zu frivol, um sich, wie früher, mit ernsten Fragen der Regierung und des Molinismus zu beschäftigen. Aber man stritt sich über die Musik, man nahm Partei für Gluck oder für Piccini, man passionirte sich für die Musik, man entflammte für die Denkwürdigkeiten von Beaumarchais.
Die Erscheinung einer neuen Oper nahm mehr Phantasien in Anspruch, als der Friedensvertrag mit England und die Anerkennung der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten. Kurz, es war eine jener Perioden, wo die Geister durch die Philosophen zum Wahren, das heißt zur Entzauberung hingeführt, der Durchsichtigkeit des Möglichen müde werden, die den Grund jeder Sache erscheinen läßt und durch einen Schritt vorwärts die Grenzen der wirklichen Welt zu überschreiten sucht, um in die Welt der Träume und Fictionen einzutreten.
In der That, wenn es bewiesen ist, daß die sehr klaren, sehr durchsichtigen Wahrheiten die einzigen sind, die sich schnell volkstümlich machen, so ist es nicht minder bewiesen, daß die Mysterien eine allmächtige Anziehungskraft auf das Volk ausüben.
Das französische Volk wurde daher auf eine unwiderstehliche Weise durch das seltsame Geheimniß des Mesmerischen Fluidums hingerissen, das nach der Behauptung der Aerzte den Kranken Gesundheit, den Narren Geist und den Weisen Narrheit verlieh.
Ueberall bekümmerte man sich um Mesmer. Was hatte er gethan? an wem hatte er seine göttlichen Wunder verrichtet? welchem vornehmen Mann hatte er das Gesicht und die Kraft wieder gegeben? welcher von einer durchwachten Nacht oder vom Spiel ermatteten Dame hatte er die Nerven wieder geschmeidig gemacht? welches Mädchen hatte er die Zukunft in einer magnetischen Crise vorhersehen lassen?
Die Zukunft! dieses große Wort aller Zeiten, dieses große Interesse aller Geister, die Lösung aller Probleme. Was war denn die Gegenwart?
Ein Königthum ohne Strahlen, ein Adel ohne Gewicht, ein Land ohne Handel, ein Volk ohne Rechte, eine Gesellschaft ohne Vertrauen.
Von der auf ihrem Throne besorgten und vereinzelten königlichen Familie an bis zu der in ihrer Dachkammer ausgehungerten Plebejerfamilie Armuth, Schmach, Angst.
Andere zu vergessen; um nur an sich zu denken; aus neuen, fremden, unbekannten Quellen die Sicherheit eines längeren Lebens und einer während dieser Daseinsverlängerung unstörbaren Gesundheit zu schöpfen; dem geizigen Himmel etwas zu entreißen, war das nicht der Gegenstand eines leicht begreiflichen Anstrebens zu dem Unbekannten, von dem Mesmer eine Falte enthüllte?
Voltaire war todt, und es fand sich in Frankreich kein einziges lautes Gelächter mehr, das Lachen von Beaumarchais ausgenommen, das noch bitterer war als das des Meisters. Rousseau war todt; es gab in Frankreich keine religiöse Philosophie mehr. Rousseau wollte Gott aufrecht halten; seitdem aber Rousseau nicht mehr lebte, mochte es Niemand wagen, um nicht unter der Last erdrückt zu werden.
Der Krieg war früher eine ernste Beschäftigung für die Franzosen gewesen. Die Könige unterhielten auf ihre Rechnung den nationalen Heldenmuth; nun war der einzige französische Krieg ein amerikanischer Krieg, um den sich überdieß der König persönlich nicht bekümmerte. Schlug man sich denn nicht wirklich für die unbekannte Sache, welche die Americaner Unabhängigkeit nennen, ein Wort, das die Franzosen durch eine Abstraktion mit Freiheit übersetzen?
Dabei hatte dieser entfernte Krieg, dieser Krieg nicht nur eines andern Volks, sondern einer andern Welt, sein Ende erreicht.
War es, Alles wohl erwogen, nicht besser, sich mit Mesmer, diesem deutschen Arzt, zu beschäftigen, der zum zweiten Mal seit sechs Jahren Frankreich in Leidenschaft versetzte, als mit Lord Cornwallis oder mit Herrn Washington, die so weit entfernt waren, daß man wahrscheinlich niemals den Einen oder den Andern zu sehen bekam?
Indeß man Mesmer, der anwesend war, sehen, berühren und, was der höchste Ehrgeiz von drei Vierteln von Paris war, von ihm berührt werden konnte.
Dieser Mann also, der bei seiner Ankunft von Niemand, nicht einmal von der Königin, seiner Landsmännin, unterstützt worden war, während er sogar die Leute seiner Heimath unterstützte, dieser Mann, der ohne den Doctor Deslon, welcher ihn seitdem verrathen, in der Dunkelheit geblieben wäre, beherrschte wahrhaft die öffentliche Meinung und ließ den König, von dem man nie gesprochen, Herrn von Lafayette, von dem man noch nicht sprach, und Herrn von Necker, von dem man nicht mehr sprach, weit hinter sich.
Und als hätte dieses Jahrhundert sich's zur Aufgabe gemacht, jedem Geist nach seiner Fähigkeit, jedem Herzen nach seiner Sympathie, jedem Körper nach seinen Bedürfnissen zu geben, erhob sich Mesmer, dem Mann des Materialismus, gegenüber Saint-Martin, der Mann des Spiritualismus, dessen Lehre alle Seelen getröstet hatte, welche die Positivität des deutschen Doctors verwundete.
Man denke sich den Atheisten mit einer Religion, milder als die Religion selbst; man denke sich einen Republicaner voll von Artigkeiten und Rücksichten gegen die Könige, einen Edelmann liberal und zärtlich gegen das Volk; man denke sich den dreifachen Angriff dieses mit der logischsten, verführerischsten Beredtsamkeit begabten Mannes gegen die Culte der Erde, die er wahnsinnig nennt, einzig und allein aus dem Grunde, weil sie göttlich sind.
Man denke sich endlich Epikur weiß gepudert, in gesticktem Frack, in einer Weste mit Flittern, in Atlasbeinkleidern, mit seidenen Strümpfen und rothen Absätzen; Epikur nicht mit dem Sturze der Götter zufrieden, an die er nicht glaubt, sondern die Regierungen erschütternd, die er wie die Culte behandelt, weil sie nie übereinstimmen und beinahe immer nur auf das Unglück der Menschen auslaufen; gegen das Gesellschaftliche Gesetz wirkend, das er mit dem einzigen Worte: »es bestraft auf gleiche Weise ungleiche Vergehen, es bestraft die Wirkung, ohne die Ursache zu würdigen,« entkräftet.
Man denke sich nun, dieser Versucher, der sich den Titel: »der unbekannte Philosoph« gibt, vereinige, um die Menschen in einen Kreis von verschiedenartigen Ideen zu bannen, alle Reize, welche die Einbildungskraft den Versprechungen eines moralischen Paradieses beizufügen vermag, und statt zu sagen, die Menschen seien sich gleich, was eine Albernheit ist, erfinde er folgende Formel, welche eben dem Munde, der sie läugnet, entsprungen zu sein scheint:
Alle verständige Menschen sind Könige.
Und