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die Flüchtigen hatten nun einen großen Raum, sie zerstreuten sich unter den Bäumen.

      Billot lud wieder ruhig seine Büchse, indem er sagte, »Pitou, ich glaube bei meiner Treue, du hattest recht; wir sind zur rechten Zeit angekommen.«

      »Wenn ich tapfer würde,« versetzte Pitou und feuerte seinen Musketon in das dichteste Gedränge der Dragoner ab; »mir scheint, das ist nicht so schwer.«

      »Ja,« erwiderte Billot, »doch die unnütze Tapferkeit ist keine Tapferkeit. Komm hieher, Pitou, und nimm dich in acht, daß du dir die Beine nicht in deinem Säbel verwickelst.«

      »Warten Sie auf mich, lieber Herr Billot. Wenn ich Sie verlöre, wüßte ich nicht, wohin ich gehen sollte. Ich kenne Paris nicht, wie Sie; ich bin nie hier gewesen.«

      »Komm, komm,« sagte Billot, und er schlug den Weg über die Terrasse am Rande des Wassers ein, bis er die Linie der Truppen überschritten hatte, die auf den Quais vorrückten, doch diesmal so rasch, als sie konnten, um, wenn es nötig wäre, den Dragonern des Prinzen von Lambesq Verstärkung zu bringen.

      Am Ende der Terrasse angelangt, setzte sich Billot auf die Brüstung und sprang auf den Quai hinab. Pitou that dasselbe.

       XII.

      Was in der Nacht vom 12. auf den 13. Juli 1789 vorfiel

      Als die zwei Landleute auf dem Quai waren und auf der Brücke der Tuilerien die Waffen eines neuen Trupps glänzen sahen, der aller Wahrscheinlichkeit nach kein befreundeter war, schlichen sie bis an das Ende des Quais und stiegen sodann das steile Ufer der Seine hinab.

      Die Glocke der Tuilerien schlug elf Uhr. Einmal unter den Bäumen angelangt, die sich längs des Flusses hin erstreckten, einmal unter dem Dunkel ihres Blätterwerks verloren, legten sich der Pächter und Pitou auf dem Rasen nieder und eröffneten eine Beratung.

      Es handelte sich um die Entscheidung, und die Frage wurde von dem Pächter gestellt: ob man bleiben sollte, wo man war, das heißt in ziemlicher Sicherheit; oder ob man sich wieder mitten in den Tumult werfen und an dem Kampfe teilnehmen sollte, der den Anschein hatte, die größere Hälfte der Nacht hindurch fortzudauern.

      Als diese Frage gestellt war, wartete Billot auf die Antwort von Pitou.

      Pitou war in der Achtung des Pächters nicht wenig gestiegen, einmal durch das Wissen, das er am vorhergehenden Tage geoffenbart, und dann durch den Mut, von dem er am Abend eine Probe abgelegt hatte. Pitou fühlte das instinktartig, doch statt deshalb stolzer zu sein, war er nur um so dankbarer gegen den guten Pächter. Pitou war von Natur demütig.

      »Herr Billot,« sagte er, »Sie sind offenbar tapferer, und ich bin minder feig, als ich glaubte. Horaz, der doch ein anderer Mann war, als wir, hinsichtlich der Poesie wenigstens, warf seine Waffen weg und entfloh beim ersten Angriff. Ich, ich habe meinen Musketon, meine Patrontasche und meinen Säbel, was beweist, daß ich beherzter bin, als Horaz.«

      »Nun, worauf zielst du ab?«

      »Ich ziele darauf ab, daß der tapferste Mann von einer Kugel getroffen werden kann.«

      »Hernach?«

      »Hernach, lieber Herr, hören Sie. Da Sie, als Sie den Pachthof verließen, äußerten, es sei Ihre Absicht, wegen eines wichtigen Gegenstandes nach Paris zu gehen  . . .«

      »Oh! tausend Götter! das ist wahr, ich bin wegen des Kistchens gekommen, tausend Donner! und aus keinem andern Grund.«

      »Wenn Sie sich durch eine Kugel töten lassen, so wird sich die Angelegenheit, wegen der Sie gekommen sind, nicht abmachen lassen.«

      »Wahrhaftig, du hast zehnmal recht,« Pitou.

      »Hören Sie von hier aus, wie man zerschmettert, wie man schreit?« fuhr Pitou ermutigt fort. »Das Holz zerreißt wie Papier, das Eisen dreht sich wie Hanf.«

      »Das Volk ist aufgebracht,« Pitou.

      »Aber,« bemerkte Pitou, »mir scheint, der König ist auch nicht wenig erbost.«

      »Wie, der König?«

      »Allerdings; die Oesterreicher, die Deutschen, die Kaiserlichen, wie Sie sie nennen, sind die Soldaten des Königs. Nun also, wenn sie das Volk angreifen, so ist es der König, der ihnen anzugreifen befiehlt, und um solche Befehle zu geben, muß der König auch erbost sein.«

      »Du hast zugleich recht und unrecht,« Pitou.

      »Das scheint mir nicht möglich, lieber Herr Billot, und ich darf Ihnen vielleicht sagen, Sie würden, wenn Sie Logik studiert hätten, ein solches Paradoxon nicht wagen.«

      »Du hast recht und hast unrecht, Pitou, und du wirst sogleich einsehen, warum.«

      »Das soll mir sehr lieb sein; doch ich bezweifle  . . .«

      »Siehst du, Pitou, es giebt zwei Parteien bei Hofe, die des Königs, der das Volk liebt, und die der Königin, welche die Oesterreicher liebt.«

      »Das kommt davon her, daß der König Franzose und die Königin Oesterreicherin ist,« erwiderte Pitou philosophisch.

      »Warte! Mit dem König sind Herr Turgot, Herr Necker; mit der Königin Herr von Breteuil und die Polignac. Der König ist nicht Gebieter, da er genötigt gewesen ist, Herrn Turgot und Herrn Necker zu entlassen. Die Königin ist also Gebieterin, das heißt, die Breteuil und die Polignac. Darum geht alles schlecht!  . . . Siehst du, Pitou, das Uebel kommt von Madame Defizit; Madame Defizit ist erzürnt, und in ihrem Namen greifen die Truppen an; die Oesterreicher verteidigen die Oesterreicherin: das ist ganz einfach.«

      »Verzeihen Sie, Herr Billot,« erwiderte Pitou, »deficit ist ein lateinisches Wort, das bedeutet: es fehlt. Was fehlt denn?«

      »Das Geld, tausend Götter! und weil das Geld fehlt, und weil die Günstlinge dieses Geldes, das fehlt, verzehrt haben, nennt man die Königin Madame Defizit. Nicht der König also ist erzürnt, sondern die Königin. Der König ist ärgerlich, ärgerlich, weil alles so schlecht geht.«

      »Ich begreife,« sagte Pitou, »doch das Kistchen?«

      »Richtig, Pitou! diese verteufelte Politik reißt mich immer weiter fort, als ich gehen will; ja vor allem das Kistchen. Du hast recht, Pitou; erst wenn ich den Doktor Gilbert gesehen habe, erst dann wollen wir zur Politik zurückkehren. Das ist eine heilige Pflicht.«

      »Es giebt nichts heiligeres, als die heiligen Pflichten,« sprach Pitou.

      »Laß uns also in das College Louis-le-Grand gehen, wo sich Sebastian Gilbert befindet,« sagte Billot.

      »Gehen wir,« erwiderte Pitou seufzend, denn er mußte ein weiches Rasenbett verlassen, das ihm lieb geworden war. Ueberdies stieg, trotz der übermäßigen Aufregung des Abends, der Schlaf, der beständige Geist reiner Gewissen und ermatteter Kräfte, mit all seinem Schlummersaft auf den tugendhaften und ermüdeten Pitou herab.

      Billot war schon aufgestanden, und Pitou erhob sich, als es halb zwölf Uhr schlug.

      »Doch um halb zwölf Uhr wird das College Louis-le-Grand geschlossen sein, wie mir scheint,« sagte Billot.

      »Oh! ganz gewiß,« erwiderte Pitou.

      »Dann kann man bei Nacht in einen Hinterhalt geraten; mir scheint, ich sehe Biwakfeuer in der Nähe des Justizpalastes; man könnte mich verhaften oder töten; du hast recht, Pitou, man soll mich nicht verhaften, soll mich nicht töten.«

      Seit diesem Morgen war es das dritte Mal, daß Billot in die Ohren Pitous die drei für den Menschen so schmeichelhaften Worte klingen ließ: du hast recht.

      Pitou fand dagegen nichts besseres zu thun, als die Worte Billots zu wiederholen.

      »Sie haben recht,« wiederholte er, während er sich auf den Rasen niederlegte. »Man darf Sie nicht töten, lieber Herr Billot.«

      Und mit dem letzten Wort dieses Satzes erlosch die Stimme in der Kehle Pitous. Vox faucibus haesit hätte er sagen können, wenn er wach gewesen wäre. Aber er war eingeschlafen.

      Billot bemerkte es nicht.

      »Ein

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