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weinend.

      »Oh, das Volk! es hat viel Gutes, Gilbert.«

      »Nun wissen Sie alles. Sie versprachen mir, wenn ich reden würde, mir meinen Vater zurückzugeben. Ich habe geredet, denken Sie an Ihr Versprechen.«

      »Ich habe dir gesagt, ich werde ihn retten, oder mich töten lassen. Zeige mir nun das Buch,« sprach Billot.

      Hier ist es, erwiderte der Knabe, indem er aus seiner Tasche einen Band vom Contrat social zog.

      »Und wo ist die Schrift deines Vaters?«

      »Sehen Sie,« sagte der Knabe. Und er zeigte ihm die Schrift des Doktors.

      Der Pächter küßte die Buchstaben.

      »Sei nun ruhig,« sprach er, »ich will deinen Vater in der Bastille aufsuchen.«

      »Unglücklicher!« rief der Vorsteher, indem er Billot bei den Händen nahm, »wie werden Sie zu einem Staatsgefangenen gelangen?«

      »Dadurch, daß ich die Bastille nehme,« tausend Götter!

      Einige Soldaten von der französischen Garde lachten. Nach einem Augenblick war das Gelächter allgemein.

      »Sprecht,« rief Billot, indem er einen vor Zorn funkelnden Blick um sich her laufen ließ, »was ist denn die Bastille, wenn's beliebt?«

      »Steine,« sagte ein Soldat.

      «Und Eisen,« sagte ein anderer.

      »Und Feuer,« sprach ein dritter. »Nehmen Sie sich in acht, mein braver Mann, man verbrennt sich dort.«

      »Ja! ja! man verbrennt sich dort,« wiederholte die Menge voll Schrecken.

      »Ah! Pariser!« brüllte der Pächter, »ah! Ihr habt Hacken, und fürchtet die Steine; Ihr habt Blei, und fürchtet das Eisen; Ihr habt Pulver, und Ihr fürchtet das Feuer. Pariser, Prahler; Pariser, Feiglinge; Pariser, Maschinen für die Sklaverei. Tausend Teufel! Wer ist ein Mann von Herz, der mit mir und Pitou die Bastille des Königs nehmen will? Ich heiße Billot, Pächter auf der Ile de France. Vorwärts!«

      Billot hatte sich auf den höchsten Grad der Begeisterung emporgeschwungen. Die entflammte Menge bebte um ihn her und rief:

      »Nach der Bastille! nach der Bastille!

      Sebastian wollte sich an Billot anklammern, doch dieser schob ihn sanft zurück und sagte:

      »Kind, was ist das letzte Wort deines Vaters?«

      »Arbeite,« antwortete Sebastian.

      »Arbeite also hier; wir werden dort arbeiten. Nur heißt unsere Arbeit zerstören und töten.«

      Der junge Mann erwiderte nicht ein Wort: er verbarg sein Gesicht in seinen Händen, ohne nur Ange Pitou, der ihn umarmte, die Finger zu drücken, und fiel in so heftigen Konvulsionen nieder, daß man genötigt war, ihn in das Krankenzimmer der Anstalt zu tragen.

      »Nach der Bastille!« riefen Billot und Pitou.

      »Nach der Bastille!« wiederholte die Menge. Und man zog nach der Bastille.

       XIII.

      Der König ist so gut, die Königin ist so gut

      Unsere Leser mögen uns nun erlauben, sie mit den politischen Hauptereignissen vertraut zu machen, die seit der Epoche, wo wir in unserer letzten Veröffentlichung den französischen Hof verlassen haben, vorgefallen waren.

      Diejenigen, welche die Geschichte dieser Zeit kennen, oder diejenigen, welche vor der reinen, einfachen Geschichte zurückschrecken, können dieses Kapitel überschlagen, da das folgende gerade mit den vorangehenden sich zusammenfügt, und da das, welchen wir hier geben, nur für den Gebrauch der vielverlangenden Geister, die sich von Allein Rechenschaft geben wollen, bestimmt ist.

      Etwas Unerhörtes, Unbekanntes, etwas, was von der Vergangenheit kam und auf die Zukunft zuging, toste und brummte seit ein paar Jahren in der Luft.

      Das war die Revolution.

      Voltaire hatte sich einen Augenblick in seinem Todeskampf erhoben, und, mit den Ellbogen auf sein Sterbebett gestützt, hatte er bis in der Nacht, wo er entschlummerte, diese blitzende Morgenröthe glänzen sehen.

      Es sollte nämlich die Revolution, wie Christus, dessen Gedanke sie war, die Lebendigen und die Todten richten.

      Als Anna von Oesterreich zur Regierung kam, sagte der Cardinal von Retz, gab es nur Ein Wort in Aller Mund: Die Königin ist so gut!

      Einen Tage sieht der Arzt von Frau von Pompadour, Quesnoy, Ludwig XV. eintreten: ein Gefühl, das nicht Respect war, beunruhigt ihn dergestalt, daß er zittert und erbleicht.

      »Was haben Sie?« fragte ihn Frau von Hausset.

      »Madame,« erwiederte Quesnoy, »so oft ich den König sehe, sage ich mir: das ist ein Mann, der mir den Kopf kann abschlagen lassen!«

      »Oh! es ist keine Gefahr,« entgegnete Frau von Hausset: »der König ist so gut!«

      Mit diesen zwei Sätzen:

      Der König ist so gut!

      Die Königin ist so gut! hat man die französische Revolution gemacht.

      Als Ludwig XV. starb. athmete Frankreich. Man war zugleich wie vom König, so von den Pompadour, von den Dubarry, vom Hirschpark befreit.

      Die Vergnügungen von Ludwig XV. kosteten die Nation viel; sie kosteten allein übers drei Millionen jährlich6.

      Zum Glück hatte man einen jungen, moralischen, philanthropischen, beinahe philosophischen König.

      Einen König. der wie der Emil von Jean Jaques, ein Handwerk, oder vielmehr drei Handwerke gelernt hatte.

      Er war Schlosser, Uhrmacher. Mechanicus.

      Erschrocken über den Abgrund, über den er sich neigt, fängt der König damit an, daß er alle Gunstbezeigungen, die man von ihm verlangt, abschlägt. Die Höflinge beben. Zum Glück beruhigt sie Eines: nicht er schlägt sie ab, sondern Turgot. Die Königin ist vielleicht noch nicht Königin, und kann folglich an diesem Abend nicht den Einfluß haben, den sie morgen haben wird.

      Im Jahr 1777 erlangt sie endlich den so sehr ersehnten Einfluß: die Königin wird Mutter; der König, der schon ein so guter König, ein so guter Gatte war, kann nun auch guter Vater werden.

      Wird er derjenigen, welche der Krone einen Erben gegeben hat, etwas verweigern?

      Und dann ist das noch nicht Alles: der König ist auch guter Bruder; man kennt die Anekdote von Beaumarchais, der dem Grafen von Provence geopfert wurde; und der König liebt nicht einmal den Grafen von Provence, weil er ein Pedant ist.

      Dagegen liebt er sehr den Grafen d’Artois, diesen Typus von Geist, von Eleganz und französischen Adel. Er liebt ihn so sehr, daß, wenn er zuweilen der Königin das, was sie fordert, abschlägt, der Graf d'Artois sich nur mit der Königin zu verbinden braucht, und der König hat nicht mehr die Kraft, zu verweigerte.

      Es ist auch die Regierung der liebenswürdigen Männer. Herr von Calonne, einer der liebenswürdigsten Männer der Welt, ist Generalcontroleur; er hat zur Königin gesagt:

      »Madame, wenn es möglich ist, so ist es geschehen; ist eo unmöglich, so wird es sich machen.«

      Von dem Tage an, wo diese reizende Antwort in den Salons von Paris und Versailles kreist, hat sich das rothe Buch, das man für geschlossen hielt, wieder geöffnet.

      Die Königin kauft Saint-Cloud.

      Der König kauft Rambouillet.

      Der König hat nicht mehr Favoritinnen, sondern die Königin: die Damen Diane und Juleo von Polignac kosten Frankreich so viel, als die Pompadour und die Dubarry.

      Die Königin ist so gut!

      Man schlägt eine Ersparniß an den großen Gehalten vor. Einige fügen sich darein. Doch ein Vertrauter des Hofes weigert sich hartnäckig, sich beschränken zu lassen: das ist Herr von Coigny. Der König entflieht und sagt lachend am Abend:

      »Wahrhaftig.

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<p>6</p>

 So heißt es im Original, aber entweder ist die Summe von drei Millionen ein Druckfehler, denn die Vergnügungen von Ludwig XV. kosteten bedeutend mehr, oder hatte es heißen sollen XVI. D. Uebers.