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Antonia. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Antonia
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Der erste Anblick dieser Proklamation, durch welche die Christen freie Religionsübung erlangten, erregte in dem hochgespannten Geiste des Ulpius den heftigsten Zorn. Der fortwährend auf seine Religion gelenkte Enthusiasmus seines Charakters und Alters nahm die Form des wildesten Fanatismus an, als er die leichtsinnige Verletzung der Oberherrlichkeit des Tempels durch den Kaiser entdeckte. Er erbot sich in dem ersten Augenblicke seines Grimms das Edict von den Mauern zu reißen, einen Angriff auf die Versammlungen der triumphirenden Christen anzuführen oder nach dem Wohnsitze des Kaisers zu reisen und Jovian zu ermahnen, seine gefahrvolle Handlung der Nachsicht zu widerrufen, ehe es zu spät sei. Nur mit Schwierigkeit gelang es seinen vorsichtigen Genossen, ihn von der Ausführung seiner gewalthätigen Pläne abzubringen. Zwei Tage lang hielt er sich von seinen Genossen fern und brütete einsam über die seinem geliebten Glauben angethane Schmach und der voraussichtlichen Vermehrung des Einflusses der Christensekte.
Aber die Verzweiflung des jungen Enthusiasten sollte noch weiter durch ein Privatunglück vermehrt werden, welches in seiner Ursache eben so räthselhaft wie sie in seinen Wirkungen überwältigend war. Zwei Tage nach der Publikation des Edicts starb plötzlich der Hohepriester Macrinuis in der vollsten Kraft des Mannesalters.
Die Erzählung der Verwirrung und des Schreckens in und außer dem Tempel bei der Entdeckung dieses unglückseligen Ereignisses, die Beschreibung der Verwünschungen und Tumulte der Priester und des Pöbe1s, die sofort die begünstigten und ehrgeizigen Christen in Verdacht, nahmen, durch Gift den Tod ihres geistlichen Regenten verursacht zu haben, könnte als Geschichte der Sitten jener Zeit interessant sein, gehört aber nicht zu dem Gegenstande dieses Kapitels. Wir ziehen es vor, die Wirkung zu verfolgen, welche dieser persönliche und Privatverlust, diese ihm unersetzliche Beraubung des Lehrers, welchen er liebte, und des Vormundes, den zu verehren sein Vorrecht war, auf den Geist des Ulpius hervorbrachte.
Eine mehrere Monate anhaltende Krankheit, während welcher besonders in der letzten Zeit seine Pfleger für sein Leben und seine Vernunft zitterten, bewies zur Genüge die Aufrichtigkeit von Ulpius Kummer über den Verlust seines Beschützers.
Während seines deliriösen Paroxysmus zogen die um sein Bett wachenden Priester aus seinen Phantasien viele weise Schlüsse in Bezug auf die Wirkungen, welche diese Krankheit und ihre Ursachen auf seinen künftigen Charakter hervorbringen würden, trotz ihres ganzen Scharfsinns waren sie aber noch weit entfernt, auch nur zu einem Zehntel die Umwälzung zu ermessen, welche dieser Verlust in seinem Geiste bewirkt hatte. Der Knabe wußte bis zum Augenblicke des Todes des Hohenpriesiers selbst nicht, wie tief seine Ergebenheit gegen seinen zweiten Vater ging. So sehr die liebevollen Gefühle, die die Haupttriebfeder seiner Natur bildeten auch von seinem Vater irre geleitet worden waren, hatten dieselben doch nicht gänzlich vernichtet werden können und sie hingen sich an jedes freundliche Wort, jede milde Handlung des Hohenpriesters als Nahrung fest, die ihnen seit seiner Jugend nur kärglich zu Theil geworden war. Moralisch und intellectuell war Macrinus für ihn der Leuchtthurm gewesen, welcher, ihm die Richtung seines Courses angedeutet, der Richter, der sein Benehmen geregelt, die Muse, zu der er aufgeblickt hatte, um sich zu begeistern. Und jetzt, wo dieses Glied, welches jede Verzweigung seiner liebsten und herrschenden Ideen verbunden hatte, plötzlich gerissen war, sank auf seinen Geist eine Oede nieder, die sowohl dessen Elasticität lähmte, wie seine Frische zum Verwelken brachte. Er blickte zurück und sah nichts als ein Familienhaus, von dessen Freuden und Neigungen ihn der Ehrgeiz seines Vaters für immer verbannt hatte. Er blickte vorwärts, und wenn er bedachte, wie ungeeignet er durch Charakter wie durch Erziehung war, sich unter die Welt zu mischen, wie es Andere thaten, so sah er keinen Leitstern des socialen Glücks vor Augen, der seine künftige Existenz hätte regeln können. Er hatte jetzt weiter keine Aussicht mehr, als sich gänzlich dem Berufe hinzugeben, welcher ihm seine Heimath fremd gemacht hatte, welcher durch seinen Zusammenhang mit dem verlorenen Gegenstande seiner Liebe geheiligt wurde und ihm das einzige Glück und die einzige Auszeichnung verleihen würde, worauf er für, sein künftiges Leben in der weiten Welt hoffen konnte.
Außer diesem Beweggrunde zur eifrigen Arbeit in seinem Berufe war in Ulpius Geiste noch ein tiefes, festgewurzeltes Gefühl vorhanden, welches ihn mit nie verlöschender Gluth für die Fortsetzung seiner geliebten Beschäftigungen beseelte. Dieses leitende Princip war der Abscheu gegen die Christensekte. Der Verdacht, welchen Andere über den Tod des Hohenpriesters gehegt hatten, war für seinen Geist eine Gewißheit. Er verwarf jede Idee, welche im Widerspruche mit seiner entschlossenen Ueberzeugung stand, daß die Eifersucht der Christen ihnen den Giftmord des mächtigsten und eifrigsten aller heidnischen Priester eingegeben habe. Unablässige Arbeit, bis er den Einfluß und die Stellung erlangt haben würde, deren sich früher sein Verwandter erfreut hatte, und die Benutzung dieses Einflusses und dieser Stellung, wenn er sie einmal erlangt haben würde, als Mittel, um Macrinus, durch Vertilgung aller Spuren des Christenglaubens vom Angesichte der Erde, zu rächen, dies waren jetzt die festen Vorsätze seines Herzens.
Durch seinen Entschluß mit der überlegten Weisheit begabt, welche bei den meisten Menschen nur das Resultat jahrelanger Erfahrungen ist, verwendete er die ersten Tagen seiner Genesung darauf, seine Zukunftspläne vorsichtig zur Reife zu bringen und seine Hoffnungen auf Erfolg unparteiisch zu erwägen.
Sobald diese Selbsterforschung beendigt war, weihte er sich sofort und für immer dem großen Plane seines Lebens, nichts ermüdete, nichts entmuthigte, nichts war für ihn ein Hinderniß. Die äußern Ereignisse gingen unbeachtet an ihm vorüber, die Betrübnisse und Triumphe der Stadt sprachen nicht mehr zu seinem Herzen. Ein Jahr folgte dem andern, aber die Zeit besaß keine Zunge für ihn. Das Heidenthum sank allmälig und eben so unmerklich erhob sich das Christenthum aber die Veränderung breitete vor seinen Angen kein Bild aus.
Die ganze äußere Welt war für ihn eine Leere, bis der Augenblick erschien, welcher seine Pläne mit Erfolg gekrönt sah. Seine Vorbereitungen auf die Zukunft absorbirten jede Fähigkeit seiner Seele und machten aus ihm, was die Gegenwart betraf, einen bloßen Automaten, der durch kein Ereigniß belebt wurde, eine Maschine, welche sich bewegte, ohne wahrzunehmen – einen handelnden Körper ohne denkenden Geist.
Wenn wir auf einen Augenblick in die äußere Welt zurückkehren, so finden wir, daß beim Tode Jovians im Jahre 364 der neue Kaiser Valentinian das von seinem Vorgänger angenommene System der Duldung weiter führte. Als er im Jahre 375 starb, überschritt Gratian, sein Nachfolger auf dem Kaiserthrone, das ihm von seinen beiden Vorgängern gegebene Beispiel so, daß er sich kühn auf die Seite der Anhänger des neuen Glaubens stellte. Damit noch nicht zufrieden, durch Lehre und Beispiel das Zunehmen des Christenthums zu befördern, bewies der Kaiser seinen Eifer für die aufsteigende Religion noch weiter dadurch, daß er den schnell abnehmenden Vertretern der alten Religion unablässige Verfolgungen zu Theil werden ließ und durch diese Thaten seine Regierung seinem Nachfolger Theodosius dem Großen als Vorläufer in der religiösen Revolution, welche dieser berühmte Gegner des Heidenthums zu bewirken bestimmt war, diente.
Beim Tode Gratians im Jahr 383 war Ulpius einer von den Oberpriestern des Tempels und zum nächsten Erben des wichtigen Amtes, welches einst der mächtige, thätige Macrinus bekleidet hatte, bestimmt. So der Auszeichnung, für welche er gearbeitet hatte, versichert, fand endlich der aufstrebende Priester Muße, auf die Angelegenheiten des Tages zu blicken. Nach allen Seiten hin überdeckte ödes Dunkel seine Aussicht. Schon waren in vielen Provinzen des Reiches die Tempel der Götter durch den Zerstörungseifer der triumphirenden Christen niedergerissen worden. Schon hatten Tausende des entsetzten Volkes aus Furcht, daß das Schicksal ihrer Götzen endlich auch das ihre werden könne, von ihren verjagten Priestern verlassen und von den unerbittlichen Feinden des alten Glaubens umgeben, ihrer Religion entsagt, um ihr Leben und Eigenthum zu retten. Auf dem weiten Felde des heidnischen Ruins erhob sich jetzt nur noch ein völlig unverletztes Gebäude. Noch immer streckte der Tempel des Serapis unerschüttert, ungebeugt, unbefleckt sein Haupt empor. Hier waren noch die Opfer im Gange und das Volk beugte sich immer noch anbetend. Vor diesem Denkmale der religiösen Herrlichkeit von Jahrhunderten schreckte selbst die aufsteigende Macht der christlichen Herrschaft zurück. Wiewohl sich die Reihen seiner einst zahlreichen Gemeinde jetzt merklich verdünnt hatten, wiewohl die neuen Kirchen von Bekehrten wimmelten, wiewohl die römischen Edikte