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Antonia. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Antonia
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Frieden! sie hat mich betrogen.«
»Dein Kind —«
»Lebt bei mir in Rom.«
»Ich erinnere mich ihrer aus ihrer frühesten Jugend, als ich vor vierzehn Jahren Dein Nachbar in Gallien war. Bei meiner Abreise aus der Provinz warst Du so eben von einer Reise nach Italien zurückgekehrt und ohne Erfolg in Deinen Versuchen gewesen, dort eine Spur von Deinen Eltern oder dem älteren Bruder zu entdecken, dessen Abwesenheit von Dir Du beständig zu beklagen pflegtest. Sage mir, hast Du seit jener Periode die Mitglieder Deines vormaligen Haushalts entdeckt? Bisher bist Du so damit beschäftigt gewesen, die Geschichte des mir widerfahrenen Unrechtes anzuhören, daß Du kaum von den Veränderungen gesprochen hast, welche seit unserer letzten Begegnung in Deinem Leben vorgegangen sind.«
»Wenn ich in Bezug auf mich gegen Dich geschwiegen habe, Probus, so ist es deshalb geschehen, weil der Rückblick für mich wenig Anziehendes besitzt. So lange es noch in meiner Macht stand, zu den Eltern zurückzukehren, die ich in meinen Knabenjahren verlassen hatte, dachte ich nicht an Reue, und jetzt, wo sie nur zu gewiß für mich verloren sind, ist meine Sehnsucht nach ihnen nutzlos. Von meinem Bruder, den ich in einem Augenblicke kindischer Eifersucht und Erzürnung verließ und für dessen Verzeihung und Liebe ich selbst meinen Ehrgeiz opfern würde, habe ich noch keine Spur zu entdecken vermocht. Die Entschädigung Derjenigen, welche ich in meinen frühem Jahren verletzt habe, ist ein den Gebeten meines Alters versagtes Vorrecht. Ich schied ungesegnet von meinen Eltern und meinem Bruder und fühle, daß ich dazu bestimmt bin, zu sterben, ohne ihren Segen und ihre Verzeihung erhalten zu haben. Mein Leben ist leichtsinnig, nutzlos, gottlos gewesen, von Raub und Gewaltthat zu Ueppigkeit und Trägheit übergegangen und hat mich zu der Heirath geführt, in welcher ich triumphirte, als ich Dich das letzte Mal sah, die aber, wie ich jetzt fühle, in ihren Beweggründen meiner eben so unwürdig, wie in ihren Resultaten war. Aber gesegnet, dreifach gesegnet sei jenes letzte Unglück meiner gottlosen Existenz, denn es öffnete meine Augen der Wahrheit – es machte mich zu einem Christen, während ich noch das Leben hatte. Damals war es, Probus, als ich mich verlassen und entehrt sah, allein geblieben, um der Hüter meines hülflosen Kindes zu sein, auf ewig aus einem Vaterhause, dem ich selbst entsagt, verbannt, daß ich ernstlich meine Missethaten bereute, daß ich Weisheit in dem Buche des Heils und Lebensregeln bei den Vätern der Kirche suchte.
»Zu jener Zeit entschloß ich mich, mein Kind, wie Samue1 in alter Zeit, dem Dienste des Himmels und mich der Reformation unserer in den Staub gezogenen Religion zu weihen. Wie ich Dir schon erzählt habe, verließ ich meine Wohnstätte und veränderte meinen Namen, – erinnere Dich, daß Du mich von nun an nur Numerian nennen darfst – damit von meinem frühern Selbst keine Ueberbleibsel mehr vorhanden seien, damit mich von meinen frühern Genossen keiner je wieder entdecken und verlocken könne. Mit unablässiger Sorgfalt habe ich meine Tochter vor der Befleckung der Welt geschützt. Sie ist im Hause ihres Vaters bewacht und gehütet worden, wie. ein kostbares Juwel in der Hand eines Geizigen. Ihre Bestimmung ist es, die Bekümmerten zu trösten, die Kranken zu pflegen, den Unglücklichen beizustehem wenn ich ihr Lehrer, dem Lande die Herrschaft seines alten Glaubens und die Leitung seines fehlerlosen Evangeliums zurückgegeben habe. Wir Beide besitzen weder eine Neigung, noch eine Hoffnung, die uns an die Dinge dieser Erde binden kann. Unserer Beider Herzen blicken nach dem Himmel, unsere Hoffnungen sind nur nach Oben gerichtet.«
»Setzest Du nicht Deine Erwartungen zu fest auf Dein Kind? Erinnere Dich, wie die römischen Adeligen meine frühere Haushaltung vernichtet haben, und zittere für die Deine.«
»Für meine Tochter fürchte ich nichts. In meiner Abwesenheit behütet sie Einer, der das Gelübde gethan hat, mich in meinen Arbeiten für die Kirche zu unterstüßen. Es ist jetzt beinahe ein Jahr her, seit ich Ulpius getroffen, und seit jener Zeit hat er sich meinem Dienste geweiht und über mein Kind gewacht.«
»Wer ist der Ulpius, daß Du solches Vertrauen in ihn setztest?«
»Er ist ein Mann von demselben Alter wie ich. Ich fand ihn, gleich mir, von den Unglücksfällen seines frühern Lebens niedergebeugt und, wie einst auch ich, den Blendwerken der heidnischen Götter ergeben. Er war trostlos, leidend, einsam und ich hatte in seinem Unglück Mitleid für ihn. Ich bewies ihm, daß die Religion, zu welcher er sich noch bekannte, wegen ihrer Frevel aus dem Lande verbannt, daß die, welche ihr folgte, durch die Menschen verderbt worden war, und daß er nur einen Glauben wählen konnte, wenn er zum Heile gelangen wollte – den Glauben der ersten Kirche. Er hörte mich an und bekehrte sich. Seit jenem Augenblicke hat er mir geduldig gedient und bereitwillig beigestanden. Unter dem Dache, wo ich die Wenigen versammle, welche bis jetzt dem wahren Glauben ergeben sind, ist er der Erste, welcher kommt, und der Letzte, der da geht. Seinen Lippen ist noch kein Wort des Zornes entschlüpft, in seinen Augen noch kein Blick des Unmuthes erschienen. Wenn auch bekümmert, ist er doch sanft, wenn auch leidend, doch fleißig. Ich habe ihm Alles, was ich besitze, anvertraut und freue mich meiner Leichtgläubigkeit. Ulpius ist Unbestechlich!«
»Und Deine Tochter? – wird Ulpius von ihr eben so verehrt, wie Du ihn achtest?«
»Sie weiß, daß es ihre Pflicht ist, zu lieben, wen ich liebe, und zu vermeiden, wen ich vermeide. Kannst Du Dir vorstellen, daß eine christliche Jungfrau Gefühle besitzt, die gegen die Wünsche ihres Vaters laufen? Komm in mein Haus, urtheile mit eignen Augen über meine Tochter und meinen Genossen. Du, dem sein Unglück keine Heimath gelassen hat, sollst, wenn Du willst, bei mir eine finden. Komm also und arbeite mit mir an meinem großen Unternehmen. Du wirst Deinen Geist von der Betrachtung Deiner Schmerzen abziehen und durch Deine Hingebung die Gunst des Höchsten verdienen.«
»Nein, Numerian, ich will unabhängig bleiben, selbst von meinen Freunden. Weder Rom noch Italien sind für mich Rastorte. Ich gehe nach einem andern Lande, um unter einem andern Volke zu leben, bis die Waffen eines Eroberers in allen Ländern des Reiches dem Guten Freiheit und dem Rechtschaffenen Schutz verliehen haben werden.«
»Probus, ich flehe Dich an, bleibe!«
»Nein! mein Entschluß ist gefaßt; lebe wohl, Numerian!«
Und der Landmann eilte schnell hinweg, als fürchte er, daß seine Entschlossenheit gegen die Ueberredungen seines Freundes nicht länger Stand halten würde.
Auf einige Minuten stand Numerian unbeweglich da und blickte verlangend nach der Gegend, in welcher sich sein Gefährte entfernt hatte. Anfänglich milderte ein Ausdruck des Kummers und Mitleids die Strenge, welche das Kennzeichen seiner Züge, wenn sich dieselben in Ruhe befanden, zu sein schien, bald aber war es, als ob diese milderen, zarteren Gefühle eben so plötzlich aus seinem Herzen verschwunden wären, als sie in demselben aufgestiegen waren. Sein. Gesicht nahm wieder seine gewohnte Härte an und er murmelte, während er sich unter die der Basilica zueilende Menge mischte, vor sich hin:
»Er möge unbedauert scheiden, er hat sich dem Dienste seines Schöpfers versagt; er darf nicht mehr mein Freund sein!«
In diesen Worten lag der Schlüssel zu dem Charakter, des Mannes. Seine Existenz war nur eine lange Aufopferung, eine Scene unerschrockener Selbstentäußerung. Wiewohl er in den kurzen Andeutungen über die Ereignisse seines Lebens, die er seinem Freunde gegeben, den Umfang seiner Irrthümer übertrieben hatte, war er doch keineswegs gerecht gegen die Gluth seiner Buße gewesen, einer Buße, die die gewöhnlichen Grenzen der Reue überschritt und in Verzweiflung begann, nur um mit Fanatismus zu enden. Seine Flucht aus dem väterlichen Hause – in deren Gründe wir jetzt nicht einzugehen beabsichtigen – und sein langes, darauf folgendes Leben der Gewaltthätigkeit und Ausschweifung machte seine von Natur starken Leidenschaften ungeeignet, sich selbst dem leisesten Zwange zu unterwerfen. Ihrem ersten Antriebe gehorsam, schloß er in seinen reiferen Jahren eine Ehe mit einem der glühenden Bewunderung, welche es eingeflößt hatte, gänzlich unwerthen Weibe. Als er sich von demselben betrogen und entehrt sah, fibrirte der Schlag eines solchen Unglücks durch sein ganzes Wesen, – erdrückte alle seine Kräfte – streckte ihn auf einen Stoß mit Herz und Geist zu Boden. Die in seiner Zeit des Glückes mit moralischer Straflosigkeit begangenen Irrthümer seiner Jugend, wirkten in seinem Unglück mit einem für seinen künftigen Frieden verderblichen Einsiusse auf ihn zurück. Seine Reue wurde von Trostlosigkeit verdunkelt,