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Teverino. Жорж Санд
Читать онлайн.Название Teverino
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Жорж Санд
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
»Wie Sie wollen, Herr Pfarrer. Streiten wir, ich willige ein. Ich weiß wohl, daß Sie besser sind, als Sie den Anschein haben wollen, und daß Sie im Grunde Ihres Herzens meiner Moral nicht abgeneigt sind.«
»Nun ja, ja, nach dem Frühstück wollen wir darüber streiten,« erwiederte der Pfarrer.
»Unterdeß,« sagte Sabina, sein Glas anmuthig füllend und ihm einen süßen Blick zuwerfend, dessen Schlauheit er nicht verstand, »werden Sie mir die Gunst gewähren, um die ich Sie bitte, mein lieber Pfarrer Polterer.«
»Wie könnte ich Ihnen Etwas abschlagen?« antwortete er, sein Glas an die Lippen setzend, »besonders wenn es eine christliche und vernünftige Bitte ist!« fügte er hinzu, nachdem er das gestrichene Glas voll Cypernwein fast in Einem Zuge geleert hatte.
»Sie werden provisorisch mit dem Vogelmädchen Friede machen,« hob Lady G*** wieder an. »Ich nehme sie unter meinen Schutz; Sie sollen sie nicht in die Flucht jagen, kein hartes Wort an sie richten; Sie überlassen mir die Sorge, sie ganz sanft in die Beichte zu nehmen, und nach dem Bericht, den ich Ihnen über sie erstatten werde, sollen Sie, je nachdem sie es verdient, nachsichtig oder streng sein.«
»Wohlan denn, zugegeben,« antwortete der Pfarrer, der sich immer besser aufgelegt und gutgelaunter fühlte, je mehr er seinen derben Appetit befriedigte. Laß sehn,« sagte er, sich an Magdalena wendend, die mit Leonce sprach, »ich verzeihe Dir für heute und erlaube Dir, morgen zur Beichte zu kommen, unter der Bedingung, daß Du von diesem Augenblick an Dich allen Vorschriften dieser edeln und tugendhaften Dame unterziehst, welche sich gütigst für Dich interessiren und Dir helfen will, der Sünde zu entgehen.«
Das Wort Sünde verursachte bei Magdalena das gleiche Staunen und Zweifeln, wie die andern Male; allein befriedigt durch das Wohlwollen ihres Pfarrers und besonders durch die Theilnahme, welche die edle Dame ihr bewies, machte sie dem Einen eine Verbeugung und küßte der Andern die Hand. Von Leonce über die Verfahrungsart befragt, die sie anwende, um ihre Vögel mit Liebe und Gehorsam an sich zu fesseln, verweigerte sie eine Erklärung und behauptete, daß sie ein Geheimniß besitze.
»Marsch, Magdalena, das ist nicht gut,« sagte der Pfarrer, »und wenn Du willst, daß ich Dir Alles vergebe, so mußt Du anfangen, der Lüge zu entsagen. Es ist ein schwerer Fehler, den Aberglauben zu unterhalten zu suchen, besonders wenn es geschieht, um Nutzen daraus zu ziehen. Hier würde Dir das übrigens Nichts helfen. Auf den Märkten, die Du besuchst, um Dein Talent zu zeigen, (zwar ganz gegen meinen Willen, denn dieses Herumstreichen paßt nicht für ein frommes Mädchen), kannst Du einfältige Leute überzeugen, daß Du einen Zauber besitzest, um den ersten vorüberfliegenden Vogel an Dich zu locken und ihn, so lang es Dir gefällig ist, zurückzuhalten. Allein Deine kleinen Kameraden hier wissen wohl, daß in diesen Bergen, wo die Vögel selten sind, und Du Dein Leben mit Umherlaufen und Ausfstöbern zubringst, Du alle Nester, sobald sie gebaut werden, entdeckst, daß Du Dich der jungen Brut bemächtigst und die Eltern zwingst, ihre Kleinen auf Deinen Knieen zu füttern. Man weiß, wie geduldig Du ganze Stunden lang gleich einer Bildsäule oder einem Baume unbeweglich bleibst, damit diese Thierchen sich gewöhnen, Dich zu sehen, ohne Dich zu fürchten. Man weiß, daß sobald sie gezähmt sind, sie Dir überall hinfolgen, um ihr Futter von Dir zu empfangen, und daß, einem bewundrungswürdigen Instinkt des Gedächtnisses und der Anhänglichkeit folgend, womit mehrere Gattungen besonders begabt sind, sie Dir ihre Familien zuführen, so sehr sie sich auch vermehren. Alles das ist kein Hexenwerk. Jeder von uns könnte ein Gleiches thun, wenn man, wie Du, vernünftigen Beschäftigungen und einer nützlichen Arbeit fremd wäre . . .
»Spiele daher nicht die Zauberin und die Inspirirte, wie gewisse berühmte Betrüger des Alterthums und unter Andern ein elender Apollonius von Thyana, welchen die Kirche als falschen Propheten verdammt und der die Sprache her Sperlinge zu verstehen behauptete. Was diese edeln Personen betrifft, so hoffe nicht, sie zum Besten halten zu können. Ihr Verstand und ihre Bildung gestatten ihnen nicht, zu glauben, daß ein Püppchen, wie Du, mit einer übernatürlichen Macht begabt sei.«
»Wohlan, Herr Pfarrer,« sagte Lady G***, »Sie hätten Nichts sagen können, das mir weniger angenehm gewesen, noch über den Aberglauben eine Predigt halten können, die übler angebracht gewesen wäre. Ihre Erklärungen befeinden die Poesie, und ich glaube hundertmal lieber, die arme Magdalena besitze eine geheimnißvolle, ja sogar wunderbare Gabe, wenn Sie wollen, als daß ich meine Einbildungskraft durch das Annehmen abgedroschener Wahrheiten erkalten lasse. Tröste Dich,« sagte sie zu dem Vogelmädchen, das vor Aerger weinte und den Pfarrer mit einer Art naiver und stolzer Entrüstung anschaute, »wir halten Dich für eine Fee und erklären uns von Deinem Zauber gefesselt.«
»Uebrigens erklären die Erklärungen des Herrn Pfarrers Nichts. Sie bestätigen Thatsachen und enthüllen die Ursachen davon nicht. Um in solchem Grade freie und in natürlicher Wildheit lebende Wesen zu zähmen, bedarf es eines besondern Geschicks, einer Art ganz ausnahmsweisen geheimen Magnetismus. Jeder von uns würde sich vergeblich dieser Erziehung widmen, welche das geheimnißvolle Verhängniß dem Instinkt dieses jungen Mädchens enthüllt.«
»Ja, ja!« rief Magdalena, deren Augen sich entstammten, als hätte sie Leoncen’s Beweisführung vollkommen wohl verstanden, »ich wette auch, der Herr Pfarrer kann nicht eine einzige Henne in seinem Hofe zähmen, und ich zähme die Adler des Gebirges.«
»Die Adler, Du?« sagte der Pfarrer, empfindlich, Sabina in Lachen ausbrechen zu sehen; »das wirst Du wohl bleiben lassen! Die Adler lassen sich nicht zähmen wie Lerchen. Da sieht man, was bei so albernem Treiben und wunderlichen Anmaßungen herauskommt. Man lernt lügen, und so geht’s Dir, kleine Unverschämte!«
»Ach! entschuldigen’s, Herr Pfarrer,« sagte ein junger Ziegenhirte, der sich aus der Gruppe der übrigen Kinder weggeschlichen hatte und die Unterhaltung der edeln Gäste mitanhörte. »Seit einiger Zeit zähmt Magdalena wirklich Adler. Ich habe es gesehn. Ihr Verstand wird immer größer, und bald wird sie die Bären zähmen, das ist gewiß.«
»Nein, nein, nie!« antwortete das Vogelmädchen mit einer Art Schrecken und Abscheu, die sich in allen ihren Zügen malten. »Mein Geist verträgt sich nur mit dem, was in den Lüften schwebt.«
»Nun, was sagt ich Ihnen?« rief Leonce, von diesem Worte betroffen. »Sie fühlt, obwohl sie weder Andern noch sich selbst Rechenschaft darüber ablegen kann, daß sie durch unerklärliche Verwandtschaftsbeziehungen gewisse Wesen an sich lockt. Diese vertraulichen Beziehungen sind in unsern Augen Wunder, weil wir das Naturgesetz davon nicht erfassen können, und die Welt der physischen Dinge ist voll solcher Wunder, die uns alle entgehen. Seien Sie überzeugt, Herr Pfarrer, der Teufel hat mit diesen Dingen Nichts zu schaffen; Gott allein besitzt das Geheimniß des ganzen Räthsels und leitet das ganze Mysterium.«
»Wohlan, das laß ich gelten,« sagte der Pfarrer, von dieser Erklärung ziemlich befriedigt. »Ihrer Meinung nach gäbe es also zwischen gewissen verschiedenen Organisationen unbekannte Beziehungen? Vielleicht dünstet diese Kleine einen nur dem feinem Geruchssinn dieses Vogelgeschlechte merklichen Geruch aus?«
»So viel ist gewiß,« sagte Sabina lachend, »daß sie ein Vogelprofil hat. Betrachten Sie einmal ihre kleine, gekrümmte Nase, ihre lebhaften, hervorstechenden Augen, ihre beweglichen und blassen Augenlieder, dazu ihre Leichtigkeit, ihre wie Flügel behenden Arme, ihre gleich Vogelfüßen feinen und festen Beine, und Sie werden sehen, daß sie einem jungen Adler ohne Schnabel und Krallen gleicht.«
»Wie Sie wollen,« sagte Magdalena, die, mit einer raschen Fassungskraft begabt, Alles zu verstehen schien, was in Betreff ihrer gesagt wurde. »Aber außer der Gabe, mich beliebt zu machen, habe ich auch die, mich verständlich zu machen; ich besitze eine Wissenschaft und wette, daß kein Anderer entdeckt, was ich weiß. Wer von Ihnen wird mir sagen, zu welcher Stunde man sich Gehorsam erzwingen kann und zu welcher nicht? welches Schreien oder Rufen in weiter Ferne gehört werden kann? an was für Orte man sich stellen muß? welche Einflüsse man entfernen soll, welches Wetter günstig ist? Ach! Herr Pfarrer, wenn Sie die Leute zu überzeugen wüßten, wie ich die Thiere anzulocken weiß, Ihre Kirche wäre reicher und Ihre Heiligen würden besser gefeiert.«
»Sie hat Verstand,« sagte der Pfarrer Polterer, welcher im Grund ein gutmüthiger und heiterer Polterer war, besonders nach dem