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so an die Treppe, welche in die Wölbung führte, stieg drei Stufen hinab und befand mich an der Türe.

      Schon lauschte ich an derselben wenigstens zehn Minuten, ohne irgend Etwas zu hören und schon regten sich Zweifel gegen meine frühere Überzeugung. Ich kam zu dem Glauben zurück, daß mich ein Traum getäuscht habe und ich der einzige Bewohner dieser Ruinen sei, die mir als Asyl dienten. Ich entfernte mich daher von der Türe, um nach meinem Pfeiler zurückzukehren, als der Mond wieder erschien und den Raum erhellte, den ich, um auf meinen Posten zu gelangen, nochmals überschreiten mußte. Eben im Begriff, meinen Weg fortzusetzen, löste sich ein Stein vom Gewölbe und fiel herab. Ich hörte das Geräusch, welches das Herabrollen dieses Steins verursachte, und, obgleich ich die Ursachen desselben kannte, überlief mich doch ein Schauder, der mich noch einen Augenblick in dem Schatten des über mir hervorragenden Gewölbes und von der Ausführung meines Entschlusses zurückhielt. Da war es mir plötzlich, als hörte ich hinter mir ein entferntes, aber anhaltendes Geräusch, dem ähnlich, welches eine Tür in einem unterirdischen Gewölbe von sich giebt, wenn sie geschlossen wird. Dann vernahm ich entfernte Schritte, welche sich mehr und mehr näherten. Man stieg die tiefe Treppe herauf, zu welcher die drei Stufen gehörten, auf denen ich hinabgestiegen war. In diesem Augenblicke verschwand der Mond wieder. Mit einem Sprung stürzte ich mich in den Korridor und rückwärts gehend, die Hände hinter mich haltend, die Augen auf die Vertiefung gerichtet, welche ich eben verlassen hatte, erreichte ich jenen schützenden Pfeiler wieder und nahm meinen vorigen Platz ein. Kaum einen Augenblick dort angelangt, vernahm ich das nämliche Knarren, welches mich geweckt hatte. Die Türe wurde geöffnet und wieder verschlossen. Dann erschien ein Mann, trat aus dem Schatten hervor, blieb einige Augenblicke stehen, um zu horchen und sich umzusehen, begab sich darauf, nachdem er Alles ruhig gefunden, in den Korridor und wandte sich nach dem mir entgegengesetzten Ende desselben. Er war kaum zehn Schritte gegangen, so verlor ich ihn aus dem Gesicht, so dicht war die Finsternis. Der Mond erschien jedoch nach einer kleinen Weile wieder und ich erblickte den Geheimnisvollen am Ende des Friedhofes mit einem Spaten in der Hand. Er grub ein oder zwei Schaufeln Erde aus, warf einen Gegenstand, den ich nicht erkennen konnte, in das Loch, welches er gegraben hatte, und legte dann einen Grabstein auf die Stelle, dem er sein Depositum anvertraut hatte, jedenfalls um vor den Menschen jede Spur seiner Handlung zu verbergen. – Nachdem er so seine Vorsichtsmaßregeln genommen hatte, sah er sich von Neuem um. Da er aber nichts Bedenkliches hörte und sah, lehnte er seinen Spaten an einen Pfeiler und verschwand unter einer Wölbung.

      Alles dieß geschah in ganz kurzer Zeit und in nur geringer Entfernung von mir. Allein trotz der Schnelligkeit dieses Nachtwandlers, hatte ich doch in ihm einen jungen Mann von 28 bis 30 Jahren erkannt, mit blonden Haaren und von mittlerer Größe. Er war mit einfachen Beinkleidern von blauem Tuche bekleidet, wie sie die Bauern gewöhnlich Sonntags tragen, doch deutete ein Jagdmesser an seinem Gürtel, dessen Griff ich im Mondscheine erglänzen sah, darauf hin, daß er einem andern Stande als dem, welchen sein übriges Äußere ihm anwies, angehöre. Von seiner Figur eine genauere Beschreibung zu geben, bin ich nicht im Stande, würde jedoch dessen ungeachtet ihn bei einem künftigen Zusammentreffen wieder zu erkennen im Stande sein.

      Du wirst wohl glauben, daß das, was ich gesehen, mir für den Rest der Nacht jede Hoffnung, jeden Gedanken an Schlaf benahm. Ich blieb, ohne eine Spur von Müdigkeit zu fühlen, aufrecht stehen, ganz in Gedanken versunken über dieses Geheimnis, welches zu erforschen ich fest entschlössen war. Für den Augenblick war dieß unmöglich. Ich war, wie schon gesagt, ohne Waffen, hatte keinen Schlüssel zu jener Türe, und kein Brecheisen, sie zu öffnen. Über dem mußte ich wohl überlegen, ob es geratener sei, Anzeige davon zu machen, oder das Abenteuer allein zu bestehen, wobei ich am Ende, wie Don Quixotte, nichts fand, als Windmühlen. Sobald der Tag graute, verließ ich meinen Aufenthalt auf demselben Wege, welchen ich gekommen war und befand mich bald wieder am Abhange des Hügels. Ein starker Nebel bedeckte das Meer. Ich stieg an den Strand hinab und ließ mich dort, um das Schwinden desselben abzuwarten, nieder. Nach einer halben Stunde ging die Sonne auf und ihre ersten Strahlen zerstreuten den Nebel, der den noch vom Sturme des vorigen Abends bewegten, tobenden Ocean bedeckte.

      Ich hatte die Hoffnung, weine Barke wieder zu finden, welche die steigende Fluth an die Küste geworfen haben mußte, und in der Tat fand ich dieselbe zwischen den Steinen der Küste gestrandet, ohne sie jedoch zu meiner Rückkehr nach Trouville benutzen zu können. Das Meer hatte sich bereits zurückgezogen und die Entfernung war zu groß, das Fahrzeug flott machen zu können. Dann war auch, wahrscheinlich durch einen Stoß an die Felsen, ein Bret im Boden zerschmettert. Glücklicherweise ist die dortige Küste von vielen Fischern bewohnt und kaum war eine halbe Stunde verflossen, so bemerkte ich in einiger Entfernung ein Fahrzeug. Bald kam dasselbe ziemlich nahe; ich rief, gab Zeichen und wurde bemerkt und verstanden, denn das Fahrzeug richtete seinen Lauf nach mir zu. Ich legte nun den Mast, das Segel und die Ruder in das angekommene, damit nicht eine neue Flut sie hinwegspüle, das Fahrzeug selbst ließ ich zurück. Sein Eigentümer mochte selbst sehen, ob es zum ferneren Gebrauche noch tauglich sei, oder nicht, und ob ich nur die teilweise Ausbesserung oder das Ganze zu bezahlen habe. Die Fischer, welche mich wie einen neuen Robinson Crusoe aufnahmen, waren aus Trouville selbst, erkannten mich, und bezeigten mir ihre Freude, mich noch unter den Lebenden zu finden. Sie hatten mich den Tag vorher abfahren sehen und da ich nicht zurückkehrte, geglaubt, ich sei, ertrunken. Ich erzählte ihnen meinen Schiffbruch, sagte ihnen, daß ich die Nacht hinter einem Felsen zugebracht habe und erkundigte mich nach den Ruinen, die sich auf dem Hügel erhoben und uns, sobald wir uns vom Ufer entfernten, zu Gesichte kamen. Sie erzählten mir, daß es die Ruinen der Abtei Grand-Pré wären und zu dem Parke des vom Grafen Horaz von Beuzeval bewohnten Schlosses Burcy gehörten.

      Dieß war das zweite Mal, daß mir der Name dieses Mannes genannt wurde welcher durch eine alte Erinnerung, die derselbe in mir hervorrief, mein Herz erbeben machte. – Der Graf Horaz von Beuzeval war der Gemahl des Fräuleins Pauline von Meulien.

      Pauline von Meulien! rief ich, Alfred unterbrechend. Pauline von Meulien!. . . und nun erinnerte ich mich vollkommen. Ja, es war dieselbe. . . ja, es war die Dame, mit der ich in der Schweiz und in Italien zusammentraf! Wir waren in den Salons der Prinzessin B., des Herzogs von F., der Frau von M. zusammen gewesen. Wie war es möglich, daß ich sie nicht wieder erkannte, so blaß, so abgezehrt sie auch sein mochte? O! es war eine reizende Dame, voll Talente, voll Anmut und Geist! Sie hatte schöne schwarze Haare, sanfte glänzende Augen! Armes Kind! armes Kind! Ach, ich erinnere mich ihrer, ich erkenne sie jetzt wieder.

      Ja, sagte Alfred, mit bewegter und unterdrückter Stimme, ja. . . sie war es. . . auch sie hatte dich wieder erkannt und deshalb floh sie dich mit großer Sorgfalt. Sie war ein Engel von Schönheit, Anmut und Sanftmuth: du weißt es selbst, denn wir haben sie mehr als einmal zusammen gesehen, wie du vorhin selbst geäußert hast, aber das weist du nicht, daß ich sie von ganzer Seele liebte, daß ich jedenfalls Alles aufgeboten hätte, sie zu der Meinigen zu machen, hätte ich damals das Vermögen besessen, welches ich jetzt mein eigen nenne. Aber ich schwieg, weil ich ärmer war als sie. Ich sah ein, daß ich mein Lebensglück auf's Spiel setzte, wenn ich sie länger sähe und reiste deshalb nach Spanien. Während ich in Madrid war, erfuhr ich, daß Fräulein Pauline von Meulien den Grafen Horaz von Beuzeval geheiratet habe.

      Die neuen Ideen, welche der eben von den Fischern ausgesprochene Name in mir weckte, fingen an, die Eindrücke zu verwischen, welche bisher das sonderbare Abenteuer der vorigen Nacht in mir zurückgelassen hatte. Außerdem trugen der helle Tag, der heitere Sonnenschein und die geringe Übereinstimmung, in welcher dergleichen Abenteuer mit unserer gewöhnlichen Lebensnorm stehen, dazu bei, mich Alles wie einen Traum betrachten zu lassen. Der Gedanke, eine Anzeige zu machen, war ganz verschwunden und nur der Wunsch geblieben, einen Versuch anzustellen, dieses Alles selbst zu ergründen. Über dem machte ich mir Vorwürfe, daß ich mich einen Augenblick vom Schrecken hatte bewältigen lassen und wollte mir selbst ausreichende Genugtuung geben. »

      Gegen elf Uhr Morgens kam ich in Trouville an. Jedermann beglückwünschte mich, denn man hatte allgemein geglaubt, ich sei, ertrunken oder ermordet und Alle freuten sich, daß ich mit einer Steifheit aller Glieder davongekommen war. Bald sank ich vor Müdigkeit nieder, legte mich sogleich zu Bette, befahl, mich um 5 Uhr zu wecken und mir einen Wagen nach Pont l'Evêque zu bestellen, wo ich die Nacht zubringen wollte. Meine Befehle wurden pünktlich vollzogen und um 8 Uhr war ich an dem Orte

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