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der ihnen das Verlangen in den Körper gibt? wie sollte dieser unglückliche Ungestaltete das repräsentieren, was das höchste Wesen in das große Ganze gelegt hat, um es zu schmücken, zu erwärmen, zu beleben? wie sollte er, und wäre es nur für ein Hundertmilliontheilchen, die physische Liebe oder die moralische Liebe repräsentieren?«« Gestehen Sie, daß Sie sich das gesagt haben, oder daß, wenn Sie es auch nicht auf eine so absolute Weise ausdrücken, Ihre Colosseninstincte, Ihr Riesenbewußtsein Sie zu der Vergleichung antreiben und Ihre Lachmuskeln – die risorii – erregen, wenn ich Ihnen sage, ich sei verliebt gewesen.«

      »Aber, mein Lieber,« erwiederte Danton, betäubt durch diese Woge gedrängter und wie eine steigende Flut sich folgender Argumente.

      »Lachen Sie nicht, es lohnt sich nicht der Mühe: ich bin mehr Ihrer Ansicht, als Sie selbst. Mir scheint, ich habe Ihnen so eben ein Portrait von mir ohne alle Eitelkeit gemalt.«

      »Oh! sehr wenig geschmeichelt!«

      »Nein, ähnlich! Mein Spiegel ist nicht groß; nichtsdestoweniger genügt er, um mein Gesicht wiederzugeben, und dieses Gesicht, ich weiß es, ist das eines wenig für die Liebe gemachten Geschöpfes . . . »»Aber,«« werden Sie mir sagen, nun, da Sie in der Reaction sind, »»daß man häßlich ist, ist kein Grund, nicht zu lieben: das Herz ist immer schön!«« und tausend andere Aphorismen, welche die Dummköpfe befriedigen würden; doch wir sind nicht dabei, und ich meinerseits werde weiter gehen als Sie; ich werde Ihnen sagen: »»Derjenige hat das Recht, Liebe einzuflößen, welcher schön, stark, gesund und verständig auf die Welt gekommen ist; die wahre Leidenschaft, die befruchtende Leidenschaft, diejenige, der die Natur bedarf, gedeiht schlecht in einem schiefen Körper; eine gerade Klinge hält nicht in einer verkrümmten Scheide!«« Ich sage das, und dennoch füge ich bei: »»Ich bin verliebt gewesen, und ich hatte das Recht, verliebt zu sein.««

      Da neigte sich Danton, jeden Spott beiseit lassend, gegen Marat, als wollte er ihn besser sehen, als wollte er ihn sorgfältiger betrachten; einige Momente studierte er ihn stillschweigend mit dem tiefen Blicke eines aufmerksam gemachten Mannes und eines verständigen Mannes.

      »Ja, suchen Sie wohl,« sagte Marat traurig, »suchen Sie wohl unter dem Skelett, da man es so deutlich sieht; suchen Sie unter der Zusammenziehung der Muskeln und der Nerven, unter der Abweichung der Knochen die ursprüngliche Construction, suchen Sie unter der reducirten Form des Batrachiers . . . der Kröte, – ich verbessere mich, weil Sie genug schöner Mann sind, um das Griechische nicht zu verstehen,– suchen Sie den Apoll vom Belvedere, den jeder Anatom in der zwanzigsten Generation mit ein wenig Geduld, Zeichnung und Elasticität daraus zu ziehen weiß. Finden Sie ihn? Nein, nicht wahr? Nun wohl, Sie haben Unrecht, mein Lieber: der Apoll fand sich darin, allerdings nicht lange, doch er fand sich darin: das matte, leere Auge von Marat war ein lebhaftes und reines Auge mit glatten, frischen Lidern; die unter den schmutzigen Haaren eingedrückte Stirne war eine poetische Stirne, offen für die duftenden, frühlingsartigen Liebkosungen; der schwindsüchtige, verkrümmte, haarige Körper war ein Endymionstorso, weiß, fest, feucht und frisch. Ja, – nicht wahr, das ist unglaublich? Und dennoch ist es so! ich hatte ein elegantes Bein, einen feinen Fuß und eine schmale Hand; meine Zähne haben den Kuß sinnlicher Lippen herbeigerufen, »das scharfe Gebiß,« wie Jean Jacques sagt; ich bin schön gewesen, ich habe Geist gehabt, ich habe Herz gehabt! Ist das genug, antworten Sie, um mich zu berechtigen, daß ich sage, ich sei verliebt gewesen?«

      Danton richtete den Kopf auf, streckte eine Hand gegen Marat aus, ließ die andere an seinem Schenkel herabfallen, und murmelte wie verblüfft mit einer Geberde, welche das aufrichtigste Erstaunen ausdrückte:

      »Wahrhaftig!«

      »Es ist, wie ich Ihnen zu sagen die Ehre habe,« antwortete ironisch Marat, dessen Philosophie, so groß sie sein mochte, unwillkürlich für die Impertinenz dieses Erstaunens empfindlich war.

      »Es ist Ihnen also etwas dem, was Scarron geschah, Aehnliches widerfahren?«

      »Mit Federn bedeckt in einen eiskalten Fluß gefallen und gelähmt durch Rheumatismen herausgekommen zu sein? Ja; nur bin ich glücklicher gewesen, als Scarron; ich habe mich mit meinen Beinen herausgezogen; sie sind allerdings verkrümmt, doch so, wie sie sind, bediene ich mich derselben fortwährend. Ich wollte sagen, ich sei nicht ganz und gar kreuzlahm, wie es der arme Couthon in einem Jahre sein wird. Freilich ist Couthon schön, und ich bin häßlich; das gibt eine Ausgleichung.«

      »Ich bitte, Marat, spotten Sie nicht, und erklären Sie mir Ihre Metamorphose.«

      »Ah! in diesem Falle werde ich Ihnen viel erklären müssen, mein lieber schöner Mann,« sprach Marat mit seiner einschneidenden Stimme, »ich werde Ihnen sagen müssen, wie sanft, unschuldig, gut ich war . . .«

      »Wahrhaftig!«

      »Wie sehr ich Alles liebte, was glänzt, Alles, was tönt, Alles, was duftet . . . das heißt, wie sehr ich die Kriegsleute liebte, glänzende Helden . . . wie sehr ich die Dichter und die Schönredner liebte, tönende Mühlen . . . wie sehr ich die Frauen und die Aristokraten liebte, duftende Puppen . . .«

      »Und besonders, nicht wahr? Sie werden mir sagen, wie Sie dazu gekommen sind, Alles zu hassen, was Sie liebten . . .«

      »Ja, Alles, was ich nicht mehr habe . . . Doch wenn ich Ihnen das gesagt haben werde, sprechen Sie, wozu wird Ihnen meine Erzählung dienen?«

      »Mir zu beweisen, daß Ihr Wort von vorhin kein leeres Zurückwerfen der Luft follicitirt durch die Bewegung Ihrer Zunge ist.«

      »Welches Wort?«

      »Das, welches mir am meisten unter denen, die Sie sagten, aufgefallen ist, seitdem ich das Vergnügen habe, mit Ihnen zu sprechen: »»Die Einbildungskraft des Schriftstellers ist oft nur Gedächtnis««

      »Ah! dieses Wort ist Ihnen aufgefallen?« versetzte Marat mit einem Lächeln der Befriedigung; »das Wort ist in der That gut construirt, nicht wahr? ja, gut gekommen, in einem Athem und aus einem Geiste, so wie ich selbst war, ehe ich war, was ich bin.«

      Und er stand auf, holte seine gewalkten Pantoffeln schleppend seine Feder, schrieb den Satz quer auf ein Stück Papier, nahm von seinem Schreibtische das Manuscript der Abenteuer des jungen Grafen Potocky, und kam dann zu Danton zurück, der sich in einen Lehnstuhl setzte und sich darin ausbreitete auf die Gefahr, das wurmstichige Holzwerk zerspringen zu machen.

      »Wissen Sie, was ich zuerst thun müßte?« sagte Marat.

      »Ich wette,« erwiederte Danton fast erschrocken, »Sie haben Lust, mir dieses ungeheure Manuscript vorzulesen?«

      »Wetten Sie! Sie werden gewinnen . . .«

      »Teufel! ein polnischer Roman!«

      »Wer hat Ihnen das gesagt?«

      »Ich habe den Titel gelesen.«

      »Doch . . .«

      »Der junge Potocky . . . wären Sie das vielleicht?«

      »Wer weiß?«

      »Und diejenige, in welche Sie verliebt waren, hatte sie Lucilie geheißen?«

      »Vielleicht.«

      »Das sind Briefe wie in der Neuen Heloise?« fragte Danton immer mehr erschrocken.

      Marat erröthete; diese Anspielung auf den Roman von Rousseau schien ihm die Beschuldigung eines Plagiats zu sein.

      »Es gibt mehr als einen Originalschriftsteller in derselben Sprachform.«

      »Ich klage Sie nicht an, mein lieber Romanendichter! erzürnen Sie sich also nicht zur Unzeit; nur wäge ich mit den Augen diesen Band; ich finde ihn schwer hinsichtlich der Zeit, die wir mit einander zuzubringen haben, und ich sage mir, was die Abenteuer des jungen Potocky betreffe, so werde ich Geduld haben, um zu warten; während ich, um die Abenteuer von Marat zu erfahren, in einem Striche nach Warschau oder Krakau gehen werde . . . Ah! Sie haben Reisen gemacht?«

      »Ja wohl!«

      »Sie sind in London, in Edinburgh gewesen, Sie haben, glaube ich, sogar in England Ihr erstes Buch herausgegeben?«

      »In England, und zwar in englischer Sprache . . . ja, die Ketten der Sklaverei

      »Das

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