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den Wunsch eines noch ungewissen Erfolges beweist, während eine leichte Schattierung von Geringschätzung einen schon errungenen Erfolg anzeigt.

      Er redete von Frau von Savigny, von der der junge Offizier nicht reden wollte, vielleicht aus Instinct, der ihn bewog, den boshaften Leichtsinn seines Freundes nicht aufzuregen, wie man etwas Verletzendes vermeidet; aber Heinrich sprach dennoch, und berührte alle Stellen, wo er Achtung, Begeisterung, Bewunderung, Zärtlichkeit zerstören wollte. Wie viel solche engherzige, neidische Menschen gibt es nicht, die daran arbeiten, in den Seelen Anderer Alles zu vertilgen, was die ihrige nicht fassen kann, und die, wie jener Tyrann, der ihr Vorbild ist, sich bestreben, Alles zu besiegen, was sich über ihren Gesichtskreis erhebt?

      Frau von Savigny hatte, sagte er, aus Eigennutz einen alten, reichen Mann geheirathet, den sie nicht liebte. Frau von Savigny war eine Coquette und trachtete unaufhörlich nach Huldigungen, die ihrer Eitelkeit Bedürfniß waren; ihr Ruf als tugendhafte Frau beruhte auf Heuchelei und Gewandtheit; ihr Witz war Bosheit, und wahrscheinlich war Yves ein Opfer, von ihr auserkoren, ihren Reizen, denen vier in der Welt verlebte Jahre schon viel von ihrer Macht und ihren Blendwerken geraubt halten, neuen Glanz zu verleihen.

      Der junge Herzog, welcher nicht errieth, daß das einzige Unrecht der Frau von Savigny vielleicht die Schärfe ihres Geistes war, die Niemand gestattete, neben ihr ungestraft ein Narr zu sein, theilte schon die Ansichten seines Freundes und faßte Rachepläne. Nicht blos mehr um der Liebe willen wünschte er zu gefallen.

      Als sie aus dem Wäldchen zurückkehrte, hielt Yves sein Pferd an, um einem alten Schulkameraden die Hand zu reichen, einem armen, aber sehr fleißigen und wackeren jungen Manne, den er sehr liebte und schätzte; aber Heinrich erschöpfte sich in Bemerkungen, deren eine noch spitzfindiger und feiner als die andere war, um ihm begreiflich zumachen, daß, wenn er jedem rechtschaffenen, aber armen und schlecht gekleideten Bekannten, der ihm zufällig begegne, die Hand reichen wolle, Man bald das Allerschlimmste von ihm sagen werde, nämlich, daß er ein Mann sei, der schlechten Umgang habe.

      Es waren noch nicht acht Tage, daß Yves von Mauléon einfach, gut, natürlich und wahr die Militairschule verlassen hatte und schon war er geziert, albern und unverschämt. Man sieht, daß er entschlossen war, keine Zeit zu verlieren; wenn er immer mit gleicher Schnelligkeit auf diesem Wege fortging, konnte er weit kommen.

      In dieser Geistesverfassung hatte ihn der fünfundzwanzigste Juli 1830 gefunden; mit diesen Gedanken seines jungen Kopfes machte er sich auf den Weg zu dem Minister, der ihm eine Audienz gewährt hatte.

      In dem Augenblicke, wo Yves von Mauléon in dem Vorzimmer eintrat, erblickte er einen alten Mann, dessen Stellung leidende Ergebung ausdrückte, und auf dessen Gesichte so viel trübe Mutlosigkeit lag, als auf dem des jungen Mannes glänzende Hoffnungen strahlten und dieser auffallende Unterschied war es vielleicht, der eben ihre gegenseitige Aufmerksamkeit erregte.

      Wer hat nicht solche bleiche Greise gesehen, auf deren Gesicht das Leiden so tiefe Spuren hinterlassen hat, daß es schon Leiden ist, sie nur zu sehen. Man sieht sie allein, abgesondert, zuweilen aus einer Bank am äußersten Ende der Promenade sitzend; sie sehen aus, als fürchteten sie die Annäherung von Menschen, als suchten sie so wenig als möglich Platz einzunehmen, als schämten sie sich ihrer selbst und als fürchteten sie die Anderen. Nicht blos Alter oder Noth haben ihre Gesichter gefurcht; ein geheimes Leiden, trauriger als das Alter, bitterer als die Armuth, hat ihr Herz zernagt; es waren heftige Leidenschaften, schmerzliche Täuschungen, lange Ungewißheiten, solche Schicksale, die das Herz zusammenpressen, den Stolz beugen und den zartesten empfindlichen Fleck der Seele aufsuchen, um, ihr dort eine schmerzende, unheilbare Wunde zu schlagen. . . Yves von Mauléon hatte eine solche Gestalt gesehen und konnte die Augen, nicht wieder von derselben abwandten, als ein Thürsteher kam und anzeigte, daß der Minister bereit sei den Herrn Herzog Yves von Maulcon zu empfangen. Bei Nennung dieses Namens und bei der Bewegung, die der junge Mann machte, um aus der Thür zu gehen, stand der Greis außer sich auf.

      Herr Herzog von Mauléon! Sie sind der Herr Herzog von Mauléon,« rief er, und streckte seine zitternden Hände noch ihm aus.

      Yves blieb überrascht stehen und wollte ihn ausforschen, aber der Thürsteher wiederholte, daß der Minister warte und der junge Herzog mußte ihm wohl oder übel in das nächste Zimmer folgen, ohne seine Neugierde befriedigen zu können.

      Der Minister empfing den jungen Mann mit Aufmerksamkeit und Wohlwollen; er schien erfreut, eine so edle Gestalt als Repräsentanten einer so edeln Familie zu sehen. Damals sah die Monarchie noch etwas auf äußere Vorzüge derer, die sie zu hohen Aemtern anstellte; es war noch eine alte Gewohnheit aus der Zeit, wo, um befehlen zu können, man gefallen mußte. Die Demokratie denkt nicht an solche Armseligkeiten.

      »Herr Herzog,« sagte der Minister, der damals Excellenz genannt wurde und der, da sein Titel der höchste von allen war, gern Jedem den ihm zukommenden Titel gab, »Sie treten in einer schönen Zeit in der Welt auf: der Thron befestigt sich, und das Königthum, das zu vertheidigen unsere Geburt uns verpflichtet, wird bald von denen, die seit einiger Zeit seine Größe und Macht zu schwächen suchten, nichts mehr zu fürchten haben. Der Adel wird wie die Monarchie seinen Glanz wieder erlangen; die großen Familien wie die Ihrige, die seit vierzig Jahren so viel gelitten haben, werden endlich den Rang, den sie zum Glücke Frankreichs nie hätten verlieren sollen, wieder einnehmen.«

      Der Minister fügte diesen Worten noch mehrere Versicherungen des Wohlwollens für den jungen Herzog hinzu, über die Hoffnungen, zu denen seine Ahnen ihn berechtigten, über ihre Rechte, in den Carossen des Königs zu fahren, über die Verbindung ihrer beider Familien, über die Aemter und den Rang, den sie eingenommen hatten, über das Recht, welches Yves als letzter seines Namen an die Pairschaft halte, und über seine Absicht, für ihn bei dem Könige darum nachzusuchen. Dann sprach er von der Nothwendigkeit, die hohen Ehrenstellen nur mit solchen zu besetzen, deren Geburt ihre Ergebenheit verbürge, um nicht Andere dazu gelangen zu lassen. Er sagte auch einige Worte über die Nothwendigkeit, die Erben derer, die dem unglücklichen Königthume ihr Blut geweiht hatten, für ihr in den stürmischen Tagen der Revolution verloren gegangenes Vermögen zu entschädigen; dann verließ er den jungen Mann, dem er auf diese Weise eine, Laufbahn geöffnet hatte, an deren Ziele die glänzendsten Hoffnungen leuchteten.

      Yves war geblendet. Er, den Abend zuvor noch ein der Schuldisciplin und der unter Kameraden herrschenden Gleichheit unterworfen gewesenes Kind, hatte jetzt auf einmal die Vortheile des Ranges, der ihn über sie erhob, erkennen gelernt. Es war nicht ein junger Unterlieutenant, welcher einem Minister seine Aufwartung hatte machen dürfen; es war der Herzog von Mauléon, Erbe eines der größesten Namen Frankreichs, den ein Prinz wie seines Gleichen behandelt hatte! Es war nicht blos eine militärische Laufbahn, die ihm mit der Zeit Ehre und Glück bringen konnte; es war die Aussicht auf königliche Gunst, auf Auszeichnungen, auf Macht vielleicht, welche sich seinen Blicken geöffnet hatte, und seine Freude am Morgen schien ihm von diesem Allem das Vorgefühl gewesen zu sein.

      Yves vergaß seine eiteln und thörigten Gedanken von Vergnügen, ja selbst von Liebe; alles Dieses erlosch vor einem unbestimmten Ehrgeiz, von dem sein Herz überfloß; er fühlte, daß er zu denen gehörte, die befehlen, handeln, herrschen dürfen; und zum ersten Male hatte seine eingeengte, unruhige und unsichere Seele ein Ziel, das würdig war, alle ihre Gedanken zu beschäftigen, alle ihre Kraft in Anspruch zu nehmen.

      Aber nicht der verblendende Glanz, der die Eitelkeit durch Rang, Titel und Ehren befriedigt, beherrschte diese junge Seele, nein! sie dachte an die, die ihren Namen berühmt gemacht und nicht an die, welche ihn schon glänzend erhalten hatten; an die, welche mit Genie, mit Kraft und Gewalt gehandelt hatten, aber nicht an die, welche ihr Leben in thörigten Freuden des Hofes vergeudeten. Yves von Mauléon träumte in diesem Augenblicke seine Zukunft nicht als die eines müßigen großen Herrn, sondern er schwang sich zu der denkbarsten Höhe der nützlichen Tätigkeit eines großen Mannes auf.

      Der junge Offizier trat also ganz bewegt und triumphirend aus seinem Vorzimmer, als die bleiche und traurige Gestalt, die sein Name so bewegt hatte, sich ihm zeigte, mit Angst ihre finsteren Blicke auf Yves fröhliches Gesicht heftend. Dieser empfand ohne Zweifel schon die Wirkungen des geträumten Glückes; denn er konnte eine Bewegung der Ungeduld nicht unterdrücken, als er diesen traurigen Alten aufstehen und ihm in den Hof nachfolgen

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