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Meerrettich und saurer Sahne?«

      »Mit Meerrettich und saurer Sahne.« »Bring's her!«

      Die Alte zeigte sich sehr geschäftig und brachte einen Teller, eine Serviette, die so steif gestärkt war, daß sie sich wie trockene Baumrinde warf, ferner ein Messer mit gelbem Beingriff, so dünn wie ein Federmesser, eine zweizinkige Gabel und ein Salzfaß, das sich unmöglich gerade hinstellen ließ.

      Unser Held begann nach seiner Gewohnheit sofort ein Gespräch mit der Alten und erkundigte sich, ob sie das Wirtshaus selbst betreibe oder ob auch noch ein Wirt da sei; wieviel das Wirtshaus einbringe, ob die Söhne bei den Eltern leben, ob der ältere Sohn ledig oder verheiratet sei, ob er eine Frau mit oder ohne große Mitgift genommen habe, ob der Schwiegervater zufrieden gewesen sei und ob er sich nicht darüber aufgehalten habe, daß er zu wenig Hochzeitsgeschenke bekommen hätte; mit einem Worte, er vergaß auch nicht das Geringste. Selbstverständlich zeigte er auch ein Interesse für die in der Nähe wohnenden Gutsbesitzer und erfuhr, daß es da allerhand Gutsbesitzer gab: Blochin, Potschitajew, Mylnoj, Oberst Tscheprakow und Ssobakewitsch. »So! Du kennst auch den Ssobakewitsch?« fragte er und bekam zu hören, daß die Alte nicht nur Ssobakewitsch, sondern auch Manilow kenne, und daß Manilow viel delikater sei als Ssobakewitsch: wenn er herkomme, lasse er sich gleich ein Huhn kochen und bestelle auch Kalbsbraten; wenn es eine Hammelleber gebe, so lasse er sich auch die Hammelleber auftragen; aber von allem nehme er nur ein paar Bissen; Ssobakewitsch lasse sich dagegen immer nur eine einzige Speise bringen, die er dann auch ganz aufesse; für das gleiche Geld verlange er dann auch noch eine Zugabe.

      Während er so sprach und dabei das Spanferkel verzehrte, von dem nur noch ein kleines Stück übriggeblieben war, hörte er eine Equipage heranrollen. Er blickte zum Fenster hinaus und sah vor dem Wirtshause einen leichten, mit drei guten Pferden bespannten Wagen halten. Dem Wagen entstiegen zwei Männer: der eine war blond und lang, der andere etwas kleiner und schwarz. Der Blonde hatte eine dunkelblaue verschnürte Joppe an, der Schwarze aber nur einen gestreiften Morgenrock. In einiger Entfernung kam noch ein leeres Wägelchen gefahren, von vier langhaarigen Pferden gezogen; die Kummete waren zerrissen, und das ganze Geschirr bestand aus einfachen Stricken. Der Blonde stieg sofort die Treppe hinauf, der Schwarze blieb hingegen noch unten, suchte etwas im Wagen, sprach mit seinem Diener und winkte zugleich dem anderen Wagen. Seine Stimme kam Tschitschikow irgendwie bekannt vor. Während er ihn betrachtete, hatte der Blonde schon die Türe gefunden und geöffnet. Es war ein großgewachsener Mann mit schmächtigem, abgelebtem Gesicht und einem kleinen roten Schnurrbart. Seinem gebräunten Gesicht konnte man wohl ansehen, daß er gut wußte, was Rauch bedeutete, und wenn nicht Pulverrauch, so doch jedenfalls Tabaksrauch. Er machte Tschitschikow eine höfliche Verbeugung, die jener auf die gleiche Weise erwiderte. Im Laufe weniger Minuten wären sie sicher ins Gespräch gekommen und hätten nähere Bekanntschaft gemacht, denn der erste Schritt war schon getan, und beide äußerten zur gleichen Zeit ihre Befriedigung darüber, daß der gestrige Regen den Staub auf der Landstraße gänzlich niedergeschlagen habe und daß es sich jetzt kühl und angenehm fahren lasse – wenn nicht der Genosse des Blonden in die Stube getreten wäre. Er riß sich die Mütze vom Kopfe, warf sie auf den Tisch und fuhr sich mit einer kühnen Handbewegung durch die schwarzen Haare. Dieser war ein Bursch von mittlerem Wuchse, nicht schlecht gebaut, mit vollen roten Backen, schneeweißen Zähnen und pechschwarzem Backenbart. Sein Gesicht war wie Milch und Blut und strotzte förmlich vor Gesundheit.

      »Ba, ba, ba!« rief er plötzlich und spreizte beim Anblick Tschitschikows beide Arme auseinander. »Woher des Weges?«

      Tschitschikow erkannte Nosdrjow, denselben, mit dem er beim Staatsanwalt zu Mittag gegessen und der ihn schon nach wenigen Minuten zu duzen begonnen hatte, obwohl er ihm seinerseits nicht den geringsten Anlaß dazu gegeben.

      »Woher des Weges?« fragte Nosdrjow und fuhr, ohne die Antwort abzuwarten, fort: »Ich komme aber direkt vom Jahrmarkt, mein Bester. Du kannst mir gratulieren: habe alles verspielt! Du darfst es mir glauben: noch nie im Leben war ich so blank! Bin sogar mit gemieteten Pferden gefahren gekommen! Schau nur zum Fenster hinaus!« Bei diesen Worten drückte er Tschitschikows Kopf hinunter, so daß dieser sich beinahe am Fensterrahmen angeschlagen hätte. »Siehst du diesen Dreck! Mit Mühe haben sie mich hergeschleppt, die verdammten Schindmähren; dann bin ich aber in seinen Wagen umgestiegen.« Bei diesen Worten zeigte er auf seinen Genossen. »Wie, ihr kennt euch noch nicht? Mein Schwager Mischujew! Den ganzen Morgen haben wir von dir gesprochen. ›Paß auf,‹ sage ich ihm, ›wenn wir heute den Tschitschikow nicht treffen.‹ Ach, Bruder, wenn du nur wüßtest, wieviel ich verspielt habe! Glaube es mir, ich habe nicht nur meine vier Traber verloren, sondern einfach alles! Ich habe weder Uhr noch Kette bei mir … « Tschitschikow blickte ihn an und sah, daß er wirklich weder Uhr noch Kette hatte. Es kam ihm sogar vor, als sei die eine Hälfte seines Backenbartes etwas kleiner und dünner als die andere. »Hätte ich aber nur zwanzig Rubel in der Tasche,« fuhr Nosdrjow fort, »nicht mehr als zwanzig Rubel, so hätte ich alles wieder gewonnen, so wahr ich ein ehrlicher Mensch bin, und hätte außerdem noch dreißigtausend Rubel eingesteckt.«

      »Das hast du auch schon früher gesagt«, bemerkte der Blonde. »Als ich dir aber fünfzig Rubel gab, so verspieltest du auch sie.«

      »Ich hätte sie nicht verspielt! Bei Gott nicht! Hätte ich nicht selbst die Dummheit gemacht, so hätte ich sie nicht verspielt. Hätte ich nicht nach dem Paroli der verdammten Sieben die Ecke umgebogen, so hätte ich die ganze Bank sprengen können.«

      »Und doch hast du sie nicht gesprengt«, entgegnete der Blonde.

      »Ich habe sie nicht gesprengt, weil ich die Ecke nicht zur rechten Zeit umgebogen habe. Glaubst du vielleicht, daß dein Major gut spielt?«

      »Ob er gut spielt oder nicht, jedenfalls hat er gewonnen.«

      »Eine große Kunst!« sagte Nosdrjow. »So kann auch ich bei ihm gewinnen. Nein, soll er mal versuchen, Doublet zu spielen, dann werde ich erst sehen, was für ein Spieler er ist! Wie gut haben wir dafür in den ersten Tagen gebummelt, Freund Tschitschikow! Der Jahrmarkt war ganz ausgezeichnet. Die Kaufleute selbst sagen, daß der Besuch noch nie so gut gewesen sei. Alles, was ich vom Lande mitgebracht hatte, habe ich zum vorteilhaftesten Preise verkauft. Ach, Bruder, war das ein Bummel! Wenn ich mich jetzt daran erinnere … hol's der Teufel! … so leid tut es mir, daß du nicht dabei warst! Denk dir nur: drei Werst von der Stadt liegt ein Dragonerregiment. Glaub es mir, sämtliche Offiziere, vierzig Mann, kamen in die Stadt … Und als wir zu trinken anfingen, mein Bester … Der Stabsrittmeister Pozelujew … so ein Prachtkerl! Mit einem so langen Schnurrbart! Statt Bordeaux sagt er einfach Gebräu. ›Bring mir mal, mein Bester,‹ pflegt er zu sagen, ›noch ein Gebräu!‹ Dann der Leutnant Kuwschinnikow … Mein Bester, ist das ein lieber Mensch! Ein Bummler von Fach, darf man wohl sagen. Ich war mit ihm die ganze Zeit zusammen. Was für einen Wein hat uns der Ponomarjow vorgesetzt! Du mußt nämlich wissen, daß er ein Gauner ist und daß man in seinem Laden nichts kaufen soll; in den Wein tut er jeden Dreck: Sandelholz, gebrannten Kork und selbst Holunderbeeren tut der Schuft hinein. Wenn er aber dafür einmal aus dem letzten Zimmer, das bei ihm ›Extrazimmer‹ heißt, irgendein Fläschchen holt, so ist man gleich im Paradies. Wir hatten einen Champagner … was ist der Champagner vom Gouverneur dagegen? – einfacher Kwas. Denke dir nur: kein gewöhnliches Cliquot, sondern Cliquot-Matradura, das ist doppeltes Cliquot. Dann brachte er uns ein Fläschchen französischen Wein, welcher Bonbon hieß. Das Aroma? – wie Rosen und alles, was du willst. Ach, wie wir gebummelt haben! … Nach uns kam irgendein Fürst gefahren und schickte Champagner kaufen: keine einzige Flasche Champagner gab es in der ganzen Stadt: alles haben die Offiziere ausgetrunken. Glaub es mir, beim Mittagessen hab ich allein siebzehn Flaschen Champagner ausgetrunken!«

      »Na, siebzehn Flaschen wirst du nicht austrinken.« wandte der Blonde ein.

      »So wahr ich ein ehrlicher Mensch bin, habe ich sie getrunken«, erwiderte Nosdrjow.

      »Du magst sagen, was du willst, ich sage dir aber, du kannst nicht mal zehn austrinken.«

      »Was gilt die Wette, daß ich sie austrinke?«

      »Warum gleich wetten?«

      »Nun, wetten wir um die Flinte, die du in der Stadt gekauft hast.«

      »Ich

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