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und sagte zu ihm so leise, daß Niemand anders es hören konnte:

      »Es ist gut. Du hast also noch achtzehn Tage zu leben.«

      Peppino fuhr dermaßen zusammen, daß Francesca, die er am Arme führte, sich erschrocken umsah.

      Sie erblickte Michele Pezza, der sie grüßte und sich entfernte.

      Seitdem Pezza in seinem Zweikampf mit Peppino diesem zwei Messerstiche beigebracht, fuhr Pezza fort Francesca zu grüßen, diese aber dankte ihm nicht mehr.

      Am nächsten Sonntage ward das Aufgebot, welches wie man weiß, dreimal erfolgt, von dem Priester wiederholt.

      An derselben Stelle wie am vorigen Sonntage, näherte Michele Pezza sich Peppino und sagte in demselben drohenden und doch ruhigen Tone:

      »Du hast noch zehn Tage zu leben.«

      Am dritten Sonntage erfolgte dasselbe Aufgebot und dieselbe Drohung, nur gewährte, da mittlerweile acht Tage verflossen waren, Pezza seinem Nebenbuhler nur noch zwei Tage Frist.

      Der so gefürchtete und gleichzeitig so herbeigesehnte 23. September kam.

      Es war ein Mittwoch. Nach einer stürmischen Nacht war der Tag, wie wir schon in einem unserer früheren Capitel gesagt, prachtvoll angebrochen und da die Trauung um elf Uhr Morgens stattfinden sollte, so hatten sich die Gäste, Freunde von Don Antonio, Freunde und Freundinnen von Peppino und Francesca, in dem Hause der Braut eingefunden, wo die Hochzeit stattfinden sollte, deren Wirth und erster Gast seinen Laden geschlossen hatte, um die Mahlzeit auf der Terrasse und das Fest im Hofe und im Garten stattfinden zu lassen.

      Diese Terrasse, dieser Hof und dieser Garten halte, heiter von der Sonne beschienen und hier und da in Schatten gehüllt, von freudigen Ausrufungen wieder.

      Wir haben die Scene zu malen gesucht, indem wir zeigten, wie die älteren Leute auf der Terrasse saßen und tranken, wie die jüngeren Leute beim Klange der Schellentrommeln und der Guitarre tanzten, wie von den Musikanten der eine saß und die beiden andern auf den Stufen der Terrasse standen, während dies Alles von dem unbeweglichen und unheimlichen Zuschauer beherrscht ward, welcher, sich auf den Ellbogen stützend, auf der Scheidemauer lag, und Hühner, Drosseln, Amseln und Sperlinge lustig die Weinranken plünderten, welche sich in der Einhegung, die sich unter dem Namen eines Gartens vom Kopfe bis zum Fuße des Berges erstreckt, von Pappel zu Pappel schlängelten.

      Und nun, nachdem wir den Vorhang der Vergangenheit aufgezogen, begreifen unsere Leser, warum Don Antonio, Francesca und besonders Peppino von Zeit zu Zeit mit unruhigem Blick den jungen Mann betrachten, den sie nicht das Recht haben, von seinem Platze hinwegzutreiben und für dessen sanftes Temperament, ohne sich jedoch vollständig beruhigen zu können, Gevatter Giansimone bürgt, welcher seit dem denkwürdigen Tage, wo er versucht hat, sich von ihm zu trennen, nur Ursache gehabt, ihn zu loben, weil er niemals wieder etwas davon gesagt, daß Michele sein Haus verlassen solle.

      Gerade in dem Augenblick, wo eine der munterten Tarantellen beendet war, schlug es halb zwölf.

      Kaum war der letzte Glockenschlag verhallt, als ein Getöse, welches Don Antonio wohl kannte, sich hören ließ. Es war das Schellengeläute von Postpferden, das dumpfe schwere Rollen eines Wagens und das Geschrei zweier Postillone, welche Don Antonio mit einer Baßstimme riefen, die einem Gran Cartello vom Theater San Carlo Ehre gemacht haben würde.

      Bei diesem dreifachen Geräusch begriffen der würdige Stellmachermeister und die ganze ehrenwerthe Gesellschaft, daß die Straße von Castellone nach Itri ihrer Gewohnheit gemäß wieder einmal ihre Streiche gemacht und daß Arbeit für ihn kam, welche er zuweilen mit dem Wundarzt des Ortes theilte, denn die Wagen brachen in den meisten Fällen ihre Räder oder Achsen, und die Reisenden ihre Arme oder Beine mit einem und demselben Schlage.

      Zum Glück aber hatte der Reisende, welcher jetzt kam, und für welchen man Don Antonios Beistand in Anspruch nahm, nichts gebrochen, sondern verlangte den Stellmacher blos für seinen Wagen, ohne den Wundarzt für sich selbst zu bedürfen.

      Dies ward übrigens zur Gewißheit als auf die Worte der Postillone: »Kommt schnell, Don Antonio, der Reisende hat sehr eilig!« Don Antonio geantwortet hatte: »Um so schlimmer für ihn, wenn er eilig hat, denn heute wird nicht gearbeitet, und man gleich darauf am äußersten Ende der in den Hof führenden Allee den Reisenden in eigener Person erscheinen sah und sagen hörte:

      »Und warum, Bürger Antonio, wenn ich fragen darf, wird heute nicht gearbeitet?«

      Der würdige Stellmacher stand ärgerlich wegen des Augenblicks, wo man ihn verlangte, daß er arbeite, und noch ärgerlicher wegen dieses Bürgertitels, dessen Gebrauch anstatt seines Adelstitels ihm verletzend erschien, im Begriff, wie dieses eine adelige Gewohnheit war, durch eine tüchtige Grobheit zu antworten, als er, die Augen auf den Reisenden werfend, erkannte, daß dieser eine viel zu vornehme Person war, als daß er derselben nach seiner gewöhnlichen, kurz angebundenen Weise hätte begegnen können.

      In der That war der Reisende, welcher Don Antonio mitten in seinem Familienfest überraschte, Niemand anders als der französische Gesandte, der gegen Mitternacht von Neapel abgereist war, und da er den Postillonen, um das Königreich beider Sicilien so schnell als möglich im Rücken zu haben, nicht erlauben wollte, den Abhang von Castellone herab langsamer zu fahren, beim Passiren eines der zahlreichen Bäche, welche die Heerstraßen durchschneiden und sich in einen kleinen namenlosen Fluß ergießen, eines der Hinterräder seines Wagens zerbrochen hatte.

      Dieser Unfall hatte ihn, so viel ihm auch daran lag, die römische Grenze so schnell als möglich zu erreichen, genöthigt, die letzte Viertelstunde zu Fuße zurückzulegen, und dies gab der Ruhe, womit er gefragt hatte: »Und warum, wenn ich fragen darf, Bürger Antonio, arbeitet man heute nicht?« ein neues Verdienst.

      »Entschuldigen Sie, mein General, « antwortete dem Reisenden einen Schritt entgegengehend Don Antonio, der den Bürger Garat wegen seines kriegerischen Costüms für einen Militär hielt und glaubte, daß ein Militär, um mit vierspänniger Extrapost zu fahren, wenigstens General sein müsse, »ich wußte nicht, daß ich die Ehre hätte, mit einer hohen Person zu sprechen, wie Sie, Excellenz, zu sein scheinen, denn dann hätte ich nicht geantwortet: Man arbeitet heute nicht, sondern: Man arbeitet erst in einer Stunde!«

      »Und warum kann man nicht sogleich arbeiten?«, fragte der Reisende im gewinnendsten Tone, welcher verrieth, daß, wenn es sich blos um ein Geldopfer handle, er bereit sei, es zu bringen.

      »Weil eben die Glocke schlägt, Excellenz, und weil, selbst wenn es gälte, den Wagen Seiner Majestät des Königs Ferdinand, den Gott uns erhalten möge, zu reparieren, ich doch den Herrn Pfarrer nicht warten lassen würde.«

      »In der That,« sagte der Reisende, indem er sich umschaute, »ich glaube, ich bin in eine Hochzeit hineingerathen.«

      »Sehr richtig, Excellenz.«

      »Und,« fragte der Reisende in wohlwollendem Tone, »dieses schöne Mädchen, welches sich vermält?«

      »Ist meine Tochter.«

      »Ich wünsche Euch Glück dazu. Um ihrer schönen Augen willen werde ich warten.«

      »Wenn Sie, Excellenz, uns die Ehre erzeigen wollen, uns in die Kirche zu begleiten, so wird Ihnen dies vielleicht ein wenig die Zeit des Wartens verkürzen. Der Herr Pfarrer wird eine sehr schöne Rede halten.«

      »Ich danke, mein Freund; ich will lieber hier bleiben.«

      »Nun gut, so bleiben Sie. Bei unserer Rückkehr trinken Sie dann vielleicht ein Glas Wein mit uns auf die Gesundheit der Braut. Es wird ihr dies Glück bringen und wir werden dann nur um so besser arbeiten.«

      »Die Sache ist abgemacht, mein wackerer Freund. Und wie lange wird eure Ceremonie dauern?«

      »Drei Viertelstunden, höchstens eine Stunde. Vorwärts denn, Kinder, in die Kirche!«

      Jeder beeilte sich, den von Don Antonio, der sich für diesen Tag zum Ceremonienmeister gemacht, erheilten Befehl auszuführen, ausgenommen Peppino, welcher zurückblieb und bald sich mit Michele Pezza allein sah.

      »Höre, Pezza,« sagte er, indem er, mit offener Hand und lächelndem Munde, obschon dieses Lächeln vielleicht ein wenig

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