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La San Felice. Александр Дюма
Читать онлайн.Название La San Felice
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Man wollte sie wecken, der König befahl jedoch durch einen Wink, daß man sie nicht störe. Er näherte sich ihr, betrachtete sie mit einem Gemische von Neugier und Theilnahme und als er die Ecke der Bittschrift sah, welche aus ihrem Brusttuche hervorragte, zog er dieselbe vorsichtig heraus, las sie, verlangte Tinte und Feder, schrieb darunter: »Fortuna e duorme,« was unserem: »Das Glück kommt im Schlafe« entspricht, und unterzeichnete: »Ferdinand B.«
Er befahl hierauf, daß man die Bäuerin unter keinem Vorwande wecke, verbot, daß man sie bei ihm vorlasse, ertheilte Anordnung wegen Aufschub der Hinrichtung und steckte die Bittschrift wieder dahin, wo er sie weggenommen.
Nach Verlauf einer halben Stunde schlug die Bittstellerin die Augen auf, fragte, ob der König zurückgekommen und hörte, daß er, während sie geschlafen, an ihr vorübergegangen sei.
Die arme Frau war außer sich. Sie hatte die Gelegenheit verfehlt, um welcher willen sie einen so weiten und anstrengenden Weg gemacht. Sie bat den Commandanten des Palastes, ihr zu erlauben, zu warten, bis der König wieder ausginge. Der Commandant antwortete, daß ihm dies streng verboten sei und die Bäuerin machte sich verzweiflungsvoll auf den Rückweg nach Aversa.
Ihr erster Besuch nach ihrer Wiederankunft hier war bei dem Advocaten, der ihr den Rath gegeben, die Gnade des Königs anzurufen. Sie erzählte ihm, was geschehen, und wie sie durch eigene Schuld eine nie wiederkehrende Gelegenheit versäumt.
Der Advocat hatte Freunde bei Hofe. Er forderte die Frau auf, ihm die Bittschrift zurückzugeben und sagte, er würde Mittel finden, sie auf anderem Wege an den König zu befördern.
Die Frau gab dem Advocaten die verlangte Bittschrift zurück.
Mechanisch schlug er dieselbe auseinander, hatte aber kaum die Augen darauf geworfen, so stieß er einen Freudenschrei aus. In der Situation, wo man sich befand, bedeutete das von der Hand des Königs geschriebene und unterzeichnete Sprichwort so viel als eine Begnadigung und in der That ward auf die Vorstellungen des Advocaten, auf die Vorzeigung der Marginalbemerkung des Königs und ganz besonders in Folge des von dem König direkt ertheilten Befehls acht Tage später der Gefangene der Freiheit zurückgegeben.
In der Wahl seiner Liebschaften war der König nichts weniger als schwer zu befriedigen. Im Allgemeinen fragte er wenig nach Rang und Bildung, dafern die Person nur jung und schön war. In allen Forsten, worin er dem Vergnügen der Jagd oblag, besaß er hübsche kleine Häuser, die aus vier bis fünf sehr einfach, aber sehr zweckmäßig möblierten Zimmern bestanden.
Hier machte er Halt, um zu frühstücken, oder zu dinieren oder auch um blos einige Stunden auszuruhen.
In jedem dieser kleinen Häuser befand sich eine Wirthin, welche stets aus der Zahl der jüngsten und schönsten Mädchen der benachbarten Dörfer gewählt ward.
Als er eines Tages zu dem Kammerdiener, zu dessen Function es gehörte, darauf zu sehen, daß sein Herr nicht zu oft immer dieselben Gesichter wiederfände, sagte: »Nimm Dich in Acht, daß die Königin nicht erfahre, was hier vorgeht,« antwortete der Kammerdiener, welcher sich sehr frei aussprechen durfte:
»Ach, machen Sie sich doch keine Sorge, Sire, Ihre Majestät die Königin treibt es noch viel toller und geht dabei nicht mit so viel Vorsicht zu Werke.«
»Schweig!« antwortete der König. »Es kann durchaus nichts schaden, wenn die Racen sich ein wenig kreuzen.«
Und in der That, als der König sah, daß die Königin sich so wenig genierte, fand er es angemessen, sich seinerseits ebensowenig zu genieren.
Zuletzt gründete er seine berühmte Colonie Leucio, an deren Spitze er, wie wir bereits früher erzählt, den Cardinal Fabricio Ruffo gestellt hatte.
Diese Colonie zählte fünf- bis sechshundert Einwohner, die unter der Bedingung, daß die Ehemänner und Väter den König niemals in ihr Haus kommen sehen und sich niemals unterstünden, eine Thür öffnen zu lassen, welche ihre Gründe hätte, geschlossen zu bleiben, eine Menge Vorrechte genossen.
So waren sie zum Beispiel frei vom Militärdienst, hatten ihr besonderes Gericht, durften sich verheiraten, ohne der Einwilligung der Eltern zu bedürfen, und wurden, wenn sie sich verheirateten, unmittelbar vom König selbst ausgestattet.
Die Folge hiervon war, daß die Bevölkerung dieses von diesem zweiten Idomeneus gegründeten zweiten Salenta eine Art Sammlung von unmittelbar durch den König geschlagenen Medaillen ward, wo die Alterthumsforscher noch dem bourbonischen Typus finden können, nachdem er von der ganzen übrigen Erde verschwunden sein wird.
Aus allen den Anekdoten, welche wir hier erzählt, ist leicht zu ersehen, daß der König Ferdinand, wie sein Lehrer, der Fürst von San Nicandro, sehr richtig entdeckt, von Natur keineswegs grausam war.
Sein Leben konnte zu der Zeit, bei welcher wir angelangt sind, das heißt beim Jahre 1798, jedoch schon in zwei Phasen getheilt werden.
Vor der französischen Revolution – nach der französischen Revolution.
Vor der französischen Revolution war er der Mann, den wir gesehen, nämlich naiv, witzig, lebhaft und mehr zum Guten als zum Bösen geneigt.
Nach der französischen Revolution ist er der Mann, den wir sehen werden, das heißt furchtsam, unversöhnlich, mißtrauisch und mehr zum Bösen als zum Guten geneigt.
Bei dem moralischen Porträt, welches wir vielleicht ein wenig allzu ausführlich, aber nur durch Thatsachen, nicht durch Worte gezeichnet, haben wir den Zweck gehabt, die seltsame Persönlichkeit des Königs Ferdinand kennen zu lernen. Von Natur gute Geistesanlagen, keine Erziehung, Gleichgültigkeit gegen allen Ruhm, Abscheu vor jeder Gefahr, wenig Gefühl und Herz, zum Princip gewordene Gewissenlosigkeit, die ebenso wie bei Ludwig dem Vierzehnten zu weit getriebene Vergötterung der königlichen Gewalt, der Cynismus des politischen und des Privatlebens, so wie er durch die tiefe Verachtung der vornehmen Cavaliere, welche ihn umgaben, zu Tage trat, eine Verachtung, die sich auch auf das Volk erstreckte, welches er mit Füßen trat, und in welchem er nur Sclaven sah; niedrige Triebe, welche ihn zu physischen Genüssen verlockten, die unaufhörlich den Körper auf Kosten des Geistes materialisieren – dies sind die Anhaltspunkte, nach welchen man den Mann beurtheilen muß, welcher den Thron fast eben jung bestieg wie Ludwig der Vierzehnte, der beinahe eben alt starb als dieser, und der von 1759 bis 1825, das heißt sechzig Jahre, mit Einschluß seiner Minderjährigkeit, regierte, vor dessen Augen, ohne daß er die Höhe der Ereignisse und die Tiefe der Katastrophen zu ermessen vermocht hätte, alles Große geschah, was in der ersten Hälfte des gegenwärtigen und in der letzten Hälfte des vergangen Jahrhunderts geschehen ist.
Napoleon ging in seiner gesamten Erscheinung während seiner Regierung vorüber. Er sah ihn geboren werd und heranwachsen; er sah ihn sinken und stürzen. Sechzig Jahre vor ihm geboren, sah er ihn fünf Jahre vorher sterben und war ohne jemals einen andern Werth gesehen zu haben, als den eines einfachen gekrönten Statisten, eines der Hauptpersonen jenes riesigen Dramas, welches von Wien bis Lissabon, vom Nil bis zur Moskowa die Welt aus den Fugen hob.
Gott nannte ihn Ferdinand den Vierten, Sicilien nannte ihn Ferdinand den Dritten, der Congreß von Wien nannte ihn Ferdinand den Ersten, die Lazzaroni nannten ihn den König Nasone.
Gott, Sicilien und der Congreß irrten sich. Ein einziger von diesen vier Namen ward wirklich populär und blieb ihm. Es war dies der, welcher ihm von den Lazzare gegeben ward.
Jedes Volk hat seinen König gehabt, welcher den Geist der Nation repräsentiert hat. Die Schotten hatten Robert Bruce, die Engländer hatten Heinrich den Achten, die Deutschen hatten Maximilian, die Russen hatten Iwan den Schrecklichen, die Polen hatten Johann Sobieski, die Spanier hatten Carl den Fünften, die Franzosen hatten Heinrich den Vierten, die Neapolitaner hatten Nasone.
Sechstes Capitel.
Die Königin
Marie Caroline, Erzherzogin von Oesterreich, hatte Wien im Monat April 1768 verlassen, um sich mit Ferdinand dem Vierten in Neapel zu vermählen.
Die